Название | Interstate |
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Автор произведения | Robert Lang |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783753184258 |
Cord rutschte unruhig auf seinem Bürostuhl hin und her, es schien gerade noch ein paar Grad wärmer geworden zu sein, als es das in seiner Wohnung ohnehin war. Sechstausend Euro Honorar in zwei Tagen? Für zwei oder drei Fotos? So etwas kam in Detektivgeschichten vor (oder bei Scheidungsanwälten, dachte er säuerlich), aber nicht im richtigen Leben. Andererseits war er Detektiv, und dies war das richtige Leben, so what?
„Und das ist alles? Keine Haken, von denen ich wissen sollte? Keine versteckten Fouls?“
Sein Kunde zückte zum zweiten Mal seine Brieftasche und begann damit, Hundert-Euro-Scheine abzuzählen. „Das ist alles. Easy money, wie wir zuhause sagen.“
„Wie erhalte ich den Rest des Geldes? Nicht, dass ich Ihnen nicht trauen würde…“. Er traute grundsätzlich nicht vielen seiner Kunden, aber dem Albino, der ihm gegenüber saß, traute er nicht einmal bis zur Wohnungstür.
„Ich habe Ihnen einen vordatierten Barscheck ausgestellt, den sie in frühestens drei Tagen einlösen können. Erledigen Sie Ihren Job, dann war es das, und wir brauchen uns kein weiteres Mal zu sehen. Tun Sie es nicht, sperre ich den Scheck und komme in Begleitung wieder, um mir die Anzahlung zurückzuholen. Und das würde Ihnen nicht gefallen.“
Er sagte es beiläufig, aber die Temperatur fiel mit einem Mal wieder um ein paar Grad.
„Ich hoffe, ich war auch präzise genug in Bezug auf die Fotos. Wir brauchen auf diesen nicht die Schuhe, den Rücken oder das Seitenprofil dieses Mannes. Wir wollen wissen, wer dieser Mann ist, und das können wir nur mit einem Porträtfoto in digitalem Format herausfinden. Zoomen Sie ihn nah genug heran, ohne dass die Aufnahmen unscharf werden. Machen Sie mehrere Aufnahmen von seiner Visage und verschwinden Sie möglichst ungesehen wieder. Den Chip nehmen Sie aus der Kamera und bringen ihn zur Post. Hier ist die Postfachadresse. Ich erwarte die Aufnahmen spätestens am Freitagmorgen um neun Uhr, ja? Keine Spielverzögerungen oder lahme Ausreden bitte, sonst können Sie den Scheck zerreißen.“
Cord hatte im Stillen mitgezählt, als der Amerikaner (oder Kanadier) ihm die Anzahlung auf den Tisch blätterte. Er nahm den kleinen Stapel Geldscheine an sich und hielt einen der Hunderter gegen das Licht. „Nichts für ungut, das mache ich immer so, selbst bei meiner Mutter.“
Kein Lächeln, kein Kommentar, der Kunde stand auf und machte Anstalten zu gehen. Cord begleitete ihn zur Wohnungstür und verabschiedete sich von dem seltsamen Mann. Wieder kein Händedruck, der Albino hatte panische Angst vor Krankheitserregern, oder er war einfach nur ungehobelt. „Rufen Sie mich heute Abend gegen zehn Uhr zum ersten Mal an, danach alle zwölf Stunden. Bis dann!“
Cord lauschte dem Aufzug hinterher, bis der Mann unten war, hörte schwach die Haustür ins Schloss fallen und ging zurück in sein Arbeitszimmer.
Was für ein verwirrender Plot! Ein bulgarischer Papst, ein afrikanischer Kardinal, ein amerikanischer Albino, ein paar Fotos und sechstausend Euro Honorar!
Tage wie den heutigen gab es höchst selten in der noch jungen Geschichte seiner Detektei.
Er musste seinen Mitarbeiter erreichen und hoffte, dass dieser gerade nüchtern war. Die Chancen standen fünfzig zu fünfzig, später am Nachmittag wäre die Wahrscheinlichkeit erheblich geringer.
5 Wien, Österreich
Im Hotel Park Hyatt Vienna, im Zentrum von Wien, saß der in seiner Branche wohlbekannte Jan Simak auf seinem King-Size-Bett und telefonierte. Das Smartphone in seiner Hand war sein Arbeitsplatz, seine Waffe und sein Elixier.
Sein neuester Coup war selbst für seine Verhältnisse heikel, aber in einer Welt, in der Heckler & Koch tausende Maschinenpistolen in Krisenregionen Mexikos lieferte und auch Sig Sauer Handelsbeschränkungen unterlief und seine Pistolen nach Kolumbien verschob (wo keiner wusste, in wessen Händen sie letztendlich landeten), konnte man sich als Waffenhändler auf dem grauen Markt auch einmal ein bisschen weiter aus dem Fenster lehnen. Und das hatte er diesmal gründlich getan.
Waffen, größtenteils aus dem Arsenal ehemaliger Ostblockländer und jetzt unabhängiger Staaten der ehemaligen Sowjetunion, die eigentlich verschrottet und entsorgt werden sollten, würden zu Spitzenpreisen in den Osten der Demokratischen Republik Kongo gehen, wo – im Grenzgebiet zu Ruanda und Burundi – ein neuer Warlord sich für den Angriff auf die mehr als zweitausend Kilometer entfernte Hauptstadt Kinshasa bereit machte. Jan Simak hatte schon einen seiner Vorgänger bedient und kannte sich mit den dortigen Verhältnissen bestens aus. Der Schiffstransport würde in der Nähe von Matadi, einer Hafenstadt in der Kongo-Mündung, enden, und die Ware sollte von dort aus mit Lastwagen in vorbereitete Depots gebracht werden, von denen aus die Rebellen die Hauptstadt angreifen wollten.
Das Schiff, mit dem ersten Teil der brisanten Fracht, war bereits gestern aus dem neuen Hafen von Konstanza in Rumänien ausgelaufen, mit fünftausend halbautomatischen Pistolen und dreißig alten Mörsern sowie einigen hundert Mörsergranaten, die noch aus alten Beständen Ceausescus stammten, und die lange Zeit eingemottet worden waren, weil niemand sie mehr haben wollte. Schließlich wurde die Armee seit dem Beitritt des Landes zur NATO 2004 nach und nach auf den neuesten Stand der Technik gebracht, und deshalb brauchte heute niemand mehr diesen besseren Ausschuss. Offiziell war derlei Material zur Vernichtung freigegeben, aber selbst das verursachte Kosten für Transport, Zwischenlagerung und Überwachung, die niemand tragen wollte.
Das eigentliche Geschäft machte er mit gut dreißigtausend Sturmgewehren der Marke Kalaschnikow samt anderthalb Millionen Schuss Munition, die der Frachter heute Nacht im bulgarischen Varna an Bord nehmen sollte.
Die Sowjets hatten während des kalten Krieges nur so um sich geworfen mit Lizenzen für den Nachbau dieser als AK 47 berühmt gewordenen Waffe; beinahe jedes der Partnerländer des Warschauer Paktes durfte seine eigene Version des Sturmgewehres bauen, und die meisten Länder taten dies auch, für den Eigenbedarf wie auch gelegentlich für den Export in befreundete Staaten.
In Bulgarien war nahe der Stadt Plovdiv schon in den Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts ein Werk aus dem Boden gestampft worden, das bis 1989 jährlich etwa hundertfünfzigtausend Gewehre dieses Typs herstellte.
Dann kam es beim Umbau einer Produktionsstraße im März 1984 zu einem fatalen Fehler bei der Kalibrierung des an sich einfach herzustellenden Laufes der Waffe, und fortan liefen etwa sechs Wochen lang zwölf Stunden am Tag Gewehre vom Band, die nie die Qualitätskontrolle hätten passieren dürfen, die es aber doch taten. Diese Waffen überschritten den Streubereich der abgefeuerten Munition um mehrere Prozent, was dazu führte, dass auf fünfzehn Metern Distanz eine Kugel um etwa eine Handbreit ihr Ziel verfehlte. Mit so etwas konnte man nicht in den Krieg ziehen, außer, man war arm, schwarz und hatte keine Möglichkeit, den legalen Rüstungsmarkt zu nutzen.
Peinlich war, dass die Hälfte der gesamten Charge bereits an die Armee ausgeliefert worden war und nun zurückgerufen werden musste. Man schaffte also das ganze Zeug in eine eilends freigeräumte Lagerhalle (die Munition, die ursprünglich von einem anderen Kombinat angeliefert worden war – vielleicht aus Aberglauben – gleich mit), machte das Licht aus, sperrte das Rolltor ab und vergaß das Ganze einfach. Und zwar so lange, bis ein hochrangiger amerikanischer Politiker, der privat in Geldnöten steckte, auf die glorreiche Idee kam, das Zeug an einen afrikanischen Revoluzzer zu verhökern. Diesen Deal abzuwickeln lag jetzt bei dem umtriebigen und in der schattenhaften Welt des illegalen Waffenhandels erfahrenen und bestens vernetzten Jan Simak.
Ein Mann, den sie beinahe ehrfürchtig den Papst nannten, hatte letztlich den Türöffner für ihn gespielt. Er hatte all die Beamten der mittleren Ebene in der rumänischen und bulgarischen Administration gründlich „bearbeitet“, hatte