Название | Interstate |
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Автор произведения | Robert Lang |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783753184258 |
An dieser Stelle war alles gekippt, hatte er eine Zeitlang geglaubt.
Aber ein paar Wochen später wurde ihm klar, dass dieser Streit nur ein Symptom einer schon anhaltenden Loslösung ihrerseits gewesen war. Sie hatte zu diesem Zeitpunkt längst ihre Fühler nach einem Leben ohne ihn ausgestreckt.
Und als es im Februar soweit war, dass sie in einer quasi-militärischen Operation mit den Kindern das gemeinsame Zuhause verließ, ging ihm auf, dass sie es schon länger vorgehabt hatte. Urplötzlich hatte sie eine neue Wohnung gefunden, und wenn er den Kindern glaubte, war der neue Liebhaber ihrer Mutter auch schon am ersten Tag auf der Bildfläche erschienen.
Das alles war so schnell geschehen, wie man eins und eins addieren konnte, und sie durften ihn Jürgen nennen, nicht Onkel Jürgen, oder wie zum Kuckuck noch. Er war in der Werbebranche erfolgreich und brachte ihnen fast täglich irgendwelchen Nippes aus seiner Firma mit.
Und sie fanden ihre neue Umgebung aufregend, auch wenn der richtige Vater ihnen gelegentlich fehlte.
Er hat einen dickeren Bauch als du, Papa, und er hat ein riesiges silbernes Auto, bei dem man das Dach herunterklappen kann.
Es war zum Heulen.
Über die Trennung von seiner Frau war er rasch hinweggekommen. Nur die Kinder brachen ihm von Zeit zu Zeit das Herz, wenn er sie sonntagabends wieder bei ihrer Mutter absetzen musste, und sie ihn zum Abschied auf die Wange küssten. Es war viel zu still geworden dort, wo er jetzt lebte. Anstatt mit den Kids herumzualbern hörte er in letzter Zeit wieder viel Musik und trank dabei eindeutig zu viel Dosenbier.
Es war Mittagszeit, und Jessica, seine Teilzeitschreibkraft, hatte ihren Schreibtisch aufgeräumt und wollte gerade nach Hause gehen, als das Telefon klingelte und sie den Anrufer kurz darauf an ihn weiterreichte. „Da will einer etwas von dir. Nennt sich Jones und klingt wie ein Ami, Chef“, flötete sie. „Ich bin dann weg. Bis morgen und viel Glück mit dem Kerl! Das wird unser ganz großer Durchbruch.“
So oder ähnlich scherzten sie manchmal.
„Kann ich in einer Stunde bei Ihnen hereinschneien?“ Tatsächlich ein Ausländer, wenn auch einer mit perfekten Deutschkenntnissen; er dehnte nur seine Wörter auffällig und rollte das „r“ ein wenig mehr als ein Muttersprachler es täte.
„In welcher Angelegenheit denn, bitte?“
„Ich möchte, dass Sie einen Mann beschatten, alles Weitere bitte persönlich und nur unter vier Augen. Ist das für Sie okay?“
Weil nichts dagegen einzuwenden war und Cord zurzeit nur wenig zu tun hatte, lud er den Mann ein, vorbeizukommen. Dass er gerade auf ihn gestoßen war, war womöglich nur Zufall, denn der Internetauftritt von Cords Detektei war erbärmlich und nicht aktuell. Seine Mittel für eine professionelle Überwachung tendierten gegen Null.
Aber was sollte es, der Mann klang, als wüsste er, was er wollte, und man konnte sich die Geschichte wenigstens anhören.
Er ging in die Küche, setzte eine Kanne Kaffee auf und vertrieb sich die Zeit mit einer Partie Computerschach, wozu er in den letzten Monaten viel zu viel Zeit hatte.
Sein neuer Kunde stand schon nach einer Dreiviertelstunde in der Tür und was Cord zuerst auffiel war, dass er einen Anzug trug (trotz der Affenhitze draußen mit einer Krawatte, die er auch während ihres kurzen Gesprächs nicht lockerte).
Der Mann trat ein, ohne ihm die Hand zu reichen, und Cord bat ihn in das winzige Kämmerchen, das er sein Büro nannte.
„Nennen Sie mich Jones, bitte“ sagte er, noch bevor er auf dem billigen Stuhl vor Cords Schreibtisch Patz nahm. „Einfach Mr. Jones, das genügt.“
Das zweite Bemerkenswerte an der Erscheinung seines Gegenübers war die Blässe von Händen und Gesicht. Zusammen mit dem flachsblonden Haar und den rotgeränderten hellblauen Augen wirkte er wie ein Albino. Jetzt, da sie direkt miteinander sprachen, war er sicher, dass der Mann aus den USA oder Kanada stammte, er redete, als spiele er auf einer Theaterbühne die Rolle eines Yankees, der seine Verwandten in der alten Heimat besuchte und ihnen zeigen wollte, dass er nichts von seiner Muttersprache vergessen hatte. Er sprach langsam und deutlich.
Schnell stellte sich heraus, dass es durchaus kein Zufall war, der ihn zu Cords Firma führte. Er sei aufgrund der günstigen Lage seiner Detektei auf ihn verfallen. Das Objekt der gewünschten Beschattung sollte am späten Nachmittag vom Flughafen kommend im Marriott Hotel gegenüber des Messegeländes absteigen und sich dort für etwa zweieinhalb Tage aufhalten.
Das Hotel war tatsächlich günstig gelegen. Wenn Cord sein Haus verließ, konnte er zu Fuß binnen weniger Minuten dort sein. Ein Heimspiel, sozusagen.
Sein Gast nahm ein etwa postkartengroßes Farbfoto aus seiner - wie Cord sehen konnte, prallgefüllten – Brieftasche und reichte es über den Tisch. „Der Mann ist 52, Anwalt, unverheiratet, bulgarischer Staatsbürger, Nichtraucher, abstinent, keine Frauengeschichten, kein Spieler, seriöser als der Papst, weshalb wir ihn auch so nennen. Gehen Sie davon aus, dass der Mann keine Eigenschaften hat und völlig unscheinbar lebt. Er folgt einem Ziel und er macht dabei keine Fehler. Zumindest Sie werden keine feststellen.“
Der Mann auf dem Foto machte einen finsteren, verschlossenen Eindruck. Kein Wunder, wenn man sich vor Augen führte, ohne was er alles durchs Leben ging. Keine Weiber, kein Alkohol, keine Fußballwetten, nicht einmal hin und wieder ein Glimmstängel. Furchtbar!
„Wir kennen unseren Freund recht gut, und er wird sich im Laufe der nächsten zwei bis drei Tage mit einem anderen Mann treffen, den wir den Kardinal nennen wollen, und über den wir so gut wie nichts wissen. Das sollen Sie ändern. Folgen Sie dem Papst, er wird Sie zu dem Unbekannten führen, der höchstwahrscheinlich – aber nicht sicher - ein Schwarzafrikaner ist.“
„Klingt machbar“, sagte der Detektiv nachdenklich. „und das ist alles? Ihrem Mann hinterherhecheln, bis der sich mit jemandem trifft? Reichen Ihnen Fotos, oder soll ich von dem Treffen ein Video drehen? Oder etwa einen Lauschangriff starten? Und wo soll das Ganze überhaupt stattfinden?“
„Fotos mit Datum und Uhrzeit genügen uns, wo die beiden Männer sich treffen werden, wissen wir nicht.“
„Und wenn er auf seinem Hotelzimmer bleibt und sein Treffen dorthin verlegt? Dann sind mir die Hände gebunden, denn da komme ich nicht rein.“
„Das wird er nicht tun. Er lässt seine Geschäftspartner gerne bis zum letzten Moment darüber im Unklaren, wo er wann anzutreffen ist. Er ist nicht nur ein Ordnungs- sondern auch ein Sicherheitsfanatiker.“
„Sie sagten gerade wir. Sie sind nicht allein?“
„Das geht Sie nichts an. Wenn Sie interessiert sind, stellen Sie keine Fragen. Ich bin Ihr einziger Ansprechpartner und sage Ihnen, was Sie wissen müssen.“
Damit konnte man leben. „Was werde ich denn zu sehen bekommen? Ein Duell im Morgengrauen?“ Er lächelte, aber sein Gegenüber erwiderte das Lächeln nicht. Er hatte seit seiner Ankunft noch kein einziges Mal seinen Gesichtsausdruck geändert, als hätte ihm jemand seine kühle, kontrollierte Miene ins Gesicht geklebt. Ein unangenehmer Zeitgenosse, zusammen mit der totenbleichen Haut beinahe unheimlich, wobei er für seine Krankheit natürlich nichts konnte.
„Es wird eine Übergabe stattfinden, vermutlich wird ein Aktenkoffer oder ein anderer Behälter überreicht werden. Der Bulgare wird ihn entgegennehmen und mit ins Hotel nehmen. Was in dem Koffer ist, brauchen Sie nicht zu wissen, aber er ist wichtig. Wenn der Papst ohne den Koffer zurückkommt, ist etwas schief gelaufen, und das sollten wir sofort von Ihnen erfahren, klar?“
„Sonnenklar.“ Der Amerikaner reichte ihm eine Visitenkarte mit zwei