Название | Magistrale |
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Автор произведения | Robert Lang |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783753182247 |
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Südkasachstan
Die beiden Fahrer waren am Rand der totalen Erschöpfung angelangt. Sie hatten fünfzehnhundert Kilometer Horrorfahrt auf Schnee- und Eispisten hinter sich, waren beide in den vergangenen fünf Tagen und Nächten praktisch nicht zum Schlafen gekommen und besaßen kaum noch Nahrungsmittel, weil sie die Fahrtzeit falsch eingeschätzt hatten - was ihnen als gebürtigen Kasachen natürlich nicht hätte passieren dürfen. Aber sie waren auch noch nie in dieser gottverlassenen Gegend unterwegs gewesen, wo man zweihundert Kilometer fahren konnte, ohne einer einzigen Menschenseele zu begegnen, geschweige denn in ein Dorf oder gar eine Stadt zu kommen.
Noch ungefähr anderthalb Tage, dann sollten sie abgelöst werden. Laut Auftrag würden sie sich in Grenznähe mit usbekischen Mudschaheddin treffen, die mit Maultieren oder Pferden dort auf sie warteten. Diese Usbeken würden durchs Gebirge reiten und nach zwei Tagen eine Straße erreichen, an der ein weiterer Lastwagen auf sie wartete, um die Fracht zu übernehmen.
Es war vorgesehen, dass die neuen Fahrer bis kurz vor die afghanische Grenze fuhren, um in der Grenzstadt Termiz abgelöst zu werden. Pikanterweise würde dies unter den Augen ahnungsloser deutscher Soldaten geschehen, die hier einen Rückzugsraum und ein Lager jenseits ihres Einsatzes im Norden Afghanistans unterhielten.
Der Transport zum Hochseehafen Port Muhammad Bin Qasim in der Nähe von Karatschi sollte noch mindestens zehn Tage dauern, und das war in den Plänen des Vermittlers auch so berücksichtigt worden.
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Stuttgart, Zentrale der SECURE
CIA-Agent Mike Benson erwischte es direkt an seinem ersten Arbeitstag nach dem Kurzurlaub, den er auf Teneriffa verbracht hatte, um zu schwimmen und in der Sonne zu liegen. Diese paar Tage waren viel zu schnell vorübergegangen.
Als er gegen neun Uhr morgens das Vorzimmer seines Chefs betrat, um sich zum Dienst zurückzumelden, sagte ihm Claire Montgomery, die ältliche Sekretärin, - ohne sich die Mühe zu machen, seinen Gruß zu erwidern - er solle schnellstens zum Boss reingehen, der warte schon seit sieben Uhr in der Frühe auf ihn.
„Danke, Moneypenny, bin schon unterwegs“, sagte er und klopfte an die Tür seines Chefs.
„Nennen Sie mich nicht Moneypenny, Sie Scheusal! Sie wissen genau, dass ich das nicht leiden kann! Und außerdem haben Sie nicht die geringste Ähnlichkeit mit diesem James Bond, mit welchem davon auch immer.“
Aber da war Benson längst im Büro seines Vorgesetzten verschwunden.
„Hallo Sir, was gibt es denn so Dringendes, dass Sie hier mitten in der Nacht anrücken?“
„Machen Sie sich nicht lustig über mich, Benson. Wir haben unter Umständen ein Problem. Ob es wirklich eines ist, und ob es uns tatsächlich gehört, sollen Sie herausfinden.
Sie fliegen heute noch nach Russland, genauer gesagt, Tscheljabinsk am Ural, noch genauer nach Osjorsk, das liegt dort ganz in der Nähe und ist das dreckigste Kaff in unserem Sonnensystem. Die Spatzen pfeifen von den Dächern, dass dort ein wenig Polonium weggekommen ist, und nicht nur das, sondern auch eine größere Menge Plutonium und anderen garstigen Zeugs aus der Giftküche des Teufels. Und als wenn das nicht genug wäre, soll es auch noch auf dem Weg nach Westeuropa sein, möglicherweise zu uns nach Deutschland. Zu Anschlagszwecken, wenn unsere Lauscher das richtig interpretieren. Wir haben diesen Hinweis aus Fort Meade, und dem müssen wir nachgehen.“
„Was heißt ein wenig? So wenig wie 1994 oder 1995, als das Zeug in München auftauchte? Lohnt sich dafür solch ein Aufwand überhaupt?“ Damals waren es etwa dreihundert Gramm Plutonium gewesen, wenn er sich richtig erinnerte. Die Geschichte lag zwanzig Jahre zurück.
Der Major betrachtete seinen unverschämt braungebrannten Außenagenten nachdenklich. „Was halten Sie von etwa einhundertzwanzig bis einhundertdreißig Kilogramm strahlender Substanzen verschiedenster Sorten und unbekannter Mischung?“
„Kilo…was?“ Der Agent stieß einen leisen Pfiff aus. „Wissen wir irgendetwas Genaueres?“
„Nein, wir wissen so gut wie nichts, und deshalb sollen Sie dorthin fliegen und ein bisschen herumhorchen. Das beklaute Lager liegt in der berühmten – oder besser berüchtigten – Anlage Majak im Ural. Dort wird schon seit mehr als zwei Jahrzehnten kein kernwaffentaugliches Material mehr produziert. Sie forschen angeblich nur noch an Radionukliden und betreiben daneben eine Wiederaufbereitungsanlage. Und sie lagern - kurz gesagt - den Atomschrott des halben Landes. Klingelt da bei Ihnen etwas?“
„Oh ja“, antwortete der Agent. „Ein Großunfall im Jahre 1957. Natürlich von den Sowjets im Inland vertuscht und gegenüber dem Ausland abgestritten. Soll so schlimm wie oder sogar noch schlimmer als Tschernobyl oder Fukushima gewesen sein. Aber wir hatten damals noch nicht die Möglichkeiten, so etwas klipp und klar zu dokumentieren. Und es gab – glaube ich – noch weitere Störfälle in der Siebzigern oder Achtzigern. Die Sowjets hatten die Blauäugigkeit oder die Skrupellosigkeit, ihre radioaktiven Abwässer aus mehreren Kraftwerken jahrzehntelang munter in sämtliche umliegenden Seen und Flüsse zu leiten. Den Fisch von dort werden Sie in zehntausend Jahren noch niemandem servieren können.“
„Das ganze Gebiet war bis vor einigen Jahren militärisches Sperrgebiet, völlig abgeriegelt auf einer Fläche von fast hundert Quadratkilometern. Heute ist es zum Teil offen und auch für Ausländer zugänglich. Unsere Regierung hat sogar an dem jetzt beklauten Lager mit gebaut, das Ganze ist pikant und ein wenig peinlich auch für uns“, sagte Major Todd S. Lightbody zu seinem Schützling, den er für das momentan beste Pferd im Stall der SECURE hielt, auch wenn dieser wegen seiner unkonventionellen Arbeitsweise gelegentlich aneckte, wenn man es freundlich sagen wollte. Und – zu seinem Leidwesen - war dieser fähige junge Mann von Mitte dreißig nur eine Leihgabe der CIA und würde wohl in absehbarer Zeit wieder in die Staaten zurückkehren.
Er brachte erstklassige Beurteilungen seiner Vorgesetzten mit und verfügte über jede Menge Praxiserfahrung im Außeneinsatz. Angefangen hatte er zunächst beim FBI, weckte aber schnell die Begehrlichkeit der Agency und war nach kurzer Bedenkzeit nach Langley gewechselt. Er war mehrsprachig, durchtrainiert und gescheit.
Aber Bensons hatte auch einen dunklen Fleck in seiner Vita; es war ein Ereignis, das ihn bis an den Rand der Erträglichen und vielleicht darüber hinaus gebracht hatte.
Er war für mehrere Monate Undercover im Norden Mexikos unterwegs gewesen und hatte es geschafft, einen Drogenbaron dingfest zu machen, der den USA schon lange ein Dorn im Auge gewesen war. Aber Benson hatte den langen Atem der Drogenmafia unterschätzt. Als er zwei Jahre darauf mit seiner Verlobten einen zweiwöchigen Urlaub auf der mexikanischen Halbinsel Cancún verbrachte, explodierte sein Mietwagen und tötete die junge Frau, die an seiner Stelle in dem Wagen saß, weil sie in die nächste Stadt fahren und sich eine neue Handtasche kaufen wollte, während Benson lieber am Strand geblieben war.
Benson flippte völlig aus, quittierte noch in derselben Woche seinen Dienst, kehrte aber nach sechs Monaten zurück an seinen Arbeitsplatz. Seither erledigte er seinen Job wieder zur vollsten Zufriedenheit seiner Vorgesetzten. Nur lachen hatte man ihn seit dieser Gewalttat nur noch sehr selten gesehen. Er war höflich und verbindlich, blieb aber im Großen und Ganzen verschlossen; dennoch hielten die Psychologen in Langley ihn wieder für voll diensttauglich, auch wenn sie ihn in unregelmäßigen Abständen zu einem Gespräch einluden, um sich ein Bild von seiner Verfassung zu machen.
Das streng geheime SECURE-Programm, das sich aus den verschiedenen US-Abwehrdiensten rekrutierte, schien auf Benson einen wohltuenden Einfluss zu haben. Hier konnte er etwas aufbauen, in dem er all seine bisherigen Kenntnisse und Erfahrungen einbringen durfte.
„Sie reisen als Vertreter für Industriestaubsauger, wir haben dort einen Laden, mit dem wir zusammenarbeiten. Der Geschäftsführer steht auf unserer Gehaltsliste, genauer gesagt, auf der Gehaltsliste Ihrer werten Agency. Melden Sie sich alle acht Stunden bei dem Mann, damit außer Ihnen noch jemand weiß, was Sie wissen. Er kann uns im Notfall informieren.“