Rebeccas Schüler. Tira Beige

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Название Rebeccas Schüler
Автор произведения Tira Beige
Жанр Языкознание
Серия Rebeccas Schüler
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754176450



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es sol­che Men­schen.«

      Rebecca be­jah­te. »Und durch­lauch­tig? Was be­deu­tet das, Ce­d­ric?«

      Er zuck­te mit den Schul­tern. Auch hier muss­te He­le­na die Auf­lö­sung ge­ben: »Ich den­ke, das ist ein an­de­res Wort für Ad­li­ger.«

      »Ge­nau. Das Wort kommt von ›durch­leuch­ten‹. Eme­ly, war­um wählt denn Bür­ger die­sen Wi­der­spruch?«

      Auch sie zuck­te, ge­nau wie Ce­d­ric, un­wis­send mit ih­ren Schul­tern. Was sol­che Schü­ler im Leis­tungs­kurs Deutsch zu su­chen hat­ten, er­schloss sich Rebecca nicht. Wie­der war es He­le­na, die sag­te: »Der Dich­ter zeigt schon in der Über­schrift die Kri­tik am Adel auf. Da­her das Pa­ra­do­xon.«

      »Ich habe das Ge­dicht nicht um­sonst aus­ge­sucht. Wenn wir uns die ›Räu­ber‹ an­se­hen, wer­den wir in der Per­son des Franz von Moor auch auf einen Ad­li­gen tref­fen, der alle Macht an sich reißt.«

      Es klin­gel­te zur Pau­se.

      »Gut, ich sehe ja Lara und Ju­lia heu­te noch­mal.« Die Schü­ler pack­ten zu­sam­men. Ce­d­ric knall­te das Blatt mit dem Ge­dicht auf sei­nen Tisch und räum­te dann al­les ein. Wie­der wa­ren es bloß Li­nus so­wie ein paar Mäd­chen, die sich von ihr ver­ab­schie­de­ten.

      In der vier­ten Stun­de er­schien Lara zum Ge­spräch bei Rebecca. Ob­wohl sie drei Mi­nu­ten zu spät dran war, ent­schul­dig­te sich nicht da­für. Bei­nah ar­ro­gant plumps­te sie in den Stuhl.

      »Hal­lo Lara, schön dass du da bist«, be­grüß­te Rebecca sie freund­lich, was ihr nur ein kur­z­es Zu­cken ih­res Mund­win­kels ab­nö­tig­te. Viel zu we­nig, um als Freu­de durch­zu­ge­hen.

      Die Schü­le­rin kam schnell zur Sa­che, er­klär­te aus frei­en Stü­cken, was Rebecca von ihr hö­ren woll­te, so­dass sich das Ge­spräch viel zu flink dem Ende nä­her­te. Weil Rebecca von Eme­ly wuss­te, dass Lara eng mit Ce­d­ric be­freun­det war, woll­te sie wis­sen: »Hast du einen Freund?« Lara be­jah­te. Jetzt zu fra­gen, ob es Ce­d­ric war, wäre zu auf­fäl­lig ge­we­sen. »Er­zähl doch mal von ihm«, bat sie sie da­her.

      »Ja, mein Freund heißt Ken­neth«, sag­te Lara fast ge­lang­weilt. Eine ir­gend­wie ge­ar­te­te Lei­den­schaft war bei Wei­tem nicht in ih­rer Stim­me zu hö­ren.

      »Klingt exo­tisch der Name«, ver­such­te Rebecca sie aus der De­ckung zu lo­cken.

      »Er ist Ame­ri­ka­ner. Wir füh­ren eine Fern­be­zie­hung.«

      »Klingt span­nend. Wie funk­tio­niert das in der Pra­xis?«

      Lara eine Emo­ti­on zu ent­lo­cken, stell­te sich als schwie­rig her­aus. Sie ver­zog kaum einen Mund­win­kel. Ihre was­ser­stoff­blon­den Haa­re, die ihr knapp über die Schul­tern hin­gen, glänz­ten fast grau und lie­ßen sie ab­ge­klärt und reif wir­ken.

      »Na ja, wir ha­ben uns im In­ter­net ken­nen­ge­lernt und chat­ten mit­ein­an­der.« Rebecca muss­te je­den Satz­bro­cken müh­sam aus ihr her­aus­kit­zeln. Von Kit­zeln konn­te al­ler­dings kei­ne Rede sein. Lara ließ sich zu kei­nem un­ge­zwun­ge­nen Plausch her­ab.

      »Habt ihr euch schon mal live ge­se­hen? Be­sucht er dich manch­mal?«

      Lara schüt­tel­te den Kopf. Trotz­dem glaub­te das Mäd­chen of­fen­bar, dass eine sol­che Be­kannt­schaft von Dau­er sein könn­te.

      »Wir sky­pen.« Und das war auch das Letz­te, was Lara sag­te, be­vor sie vor­gab, sich auf eine Leis­tungs­kon­trol­le vor­be­rei­ten zu müs­sen. Ohne dass sie Rebecca vor­her die Ge­le­gen­heit gab, zu ent­schei­den, ob sie ge­hen durf­te, stand Lara auf. Freund­lich­keit und Re­spekt schien sie aus ih­rem El­tern­haus nicht mit­be­kom­men zu ha­ben.

      Beim Auf­ste­hen be­merk­te Rebecca, wie dürr ihre Schü­le­rin war. Sie trug le­dig­lich ein schul­ter­frei­es Top mit Spa­ghet­ti-Trä­gern, so­dass sich die Kno­chen an ih­rem Schlüs­sel­bein un­ge­sund nach vorn wölb­ten. Ihre Arme gli­chen Zahn­sto­chern. Vor al­lem der Knö­chel, der den Über­g­ang zwi­schen Hand­rü­cken und Arm bil­de­te, stach her­vor. Erst jetzt fiel Rebecca auf, dass auch ihr Ge­sicht furcht­bar dünn wirk­te. Ob Lara un­ter Ma­ger­sucht litt, zu viel Sport be­trieb oder ein­fach nur von Na­tur aus sehr schlank war, er­schloss sich ihr nicht.

      Über­haupt wa­ren vie­le Mäd­chen an die­ser Schu­le un­glaub­lich fi­xiert dar­auf, ih­ren Kör­per fit zu hal­ten. Da hier mehr Sport als üb­lich ge­lehrt wur­de, war es kein Wun­der, dass lau­ter ath­le­ti­sche Jun­gen- und Mäd­chen­kör­per durch die Schu­le lie­fen.

      »Ciao«, sag­te Lara ge­lang­weilt, als sie den Raum ver­ließ und sich nicht noch ein­mal zu Rebecca um­dreh­te.

      Das Bes­te kommt im­mer zum Schluss. Nach ei­ner Wo­che, in der Rebecca voll­auf mit der Vor­be­rei­tung der Kurs­fahrt und den Ge­sprä­chen mit ih­ren Kurs­schü­lern be­schäf­tigt war, stand am Frei­tag­nach­mit­tag die Un­ter­hal­tung mit Ce­d­ric an. Rebecca hat­te sich ex­tra für die­sen Tag, oder viel­mehr für die­sen Mo­ment, einen knap­pen Rock und eine enge wei­ße Blu­se an­ge­zo­gen. Sie saß mit zu­sam­men­ge­schla­ge­n­en Bei­nen am Lehrer­tisch und war­te­te ge­spannt auf ih­ren hei­ßen Schü­ler. Sie stell­te sich im Geis­te vor, wie er in den Raum kommt, einen Mund­win­kel di­a­bo­lisch hebt und mit sei­nen un­ver­hoh­le­nen Bli­cken ih­ren Kör­per scannt. Al­lein beim Ge­dan­ken an Ce­d­ric ge­ri­et ihr Blut in Wal­lung. Sie dreh­te sich so auf ih­rem Stuhl her­um, dass er einen di­rek­ten Blick auf die ho­hen Schu­he hat­te, wenn er den Raum be­trat.

      Ce­d­ric er­schien den Er­war­tun­gen zum Trotz über­pünkt­lich. Er er­weck­te beim Ein­tre­ten in den Kurs­raum den Ein­druck, schon gänz­lich im Ita­li­en­fie­ber zu sein. La bel­la ita­lia. Nächs­te Wo­che um die Zeit wür­den sie hof­fent­lich wie­der in Deut­sch­land sein.

      Läs­sig schlen­der­te Ce­d­ric in den Raum hin­ein, ohne sei­ne Au­gen durch­drin­gend auf Rebecca zu hef­ten. Er spür­te nicht die Fun­ken, die sie aus­sand­te, son­dern setz­te sich ma­cho­gleich auf den Stuhl, der ge­gen­über vom Lehrer­tisch stand. Dort hock­te er breit­bei­nig und hin­ter­ließ nicht den Ein­druck, sich auf das Ge­spräch mit ihr vor­be­rei­tet zu ha­ben.

      »Schön, dass du da bist. Du weißt, wor­über wir re­den wol­len?«, hauch­te Rebecca mit ei­ner be­son­ders dunk­len, ero­ti­schen Stimm­la­ge in sei­ne Rich­tung.

      »Äh ja, ich den­ke schon«, sag­te er, sprach aber nicht wei­ter.

      Rebecca rich­te­te sich ver­füh­re­risch in ih­rem Stuhl auf und stemm­te die Faust un­ter ihr Kinn. So pu­sh­te sie ihre Brüs­te.

      »Dann er­zähl mir mal et­was von dir.« Wie­der un­ter­strich sie die Wor­te durch eine dunk­le Ton­la­ge.

      »Na ja, ich bin Ce­d­ric Wei­se, bin acht­zehn Jah­re alt …«

      Rebecca streck­te die Hand aus, um ihn zu un­ter­bre­chen. »Das weiß ich doch al­les. Viel­leicht kannst du mal auf die Fra­gen zu­rück­kom­men, die ich euch als Zet­tel aus­ge­teilt habe.«

      »Wel­chen Zet­tel?«, woll­te Ce­d­ric igno­rant wis­sen. Er spür­te rein gar nicht die auf­ge­heiz­te At­mo­sphä­re, die Rebecca fühl­te. Und nun muss­te sie ihm das Blatt mit den Fra­gen zu­schie­ben. Ins­ge­heim hat­te sie ge­hofft, er wür­de sich auf die Un­ter­hal­tung mit ihr vor­be­rei­ten. Aber so, wie er sei­ne