Mimikri. Dennis Weis

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Название Mimikri
Автор произведения Dennis Weis
Жанр Языкознание
Серия Mimikri
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742769961



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im Halse steckenblieb. Es war nicht nur der Grund, dass er ein Schwerverletzter war, nein es war der Moment als die Fremde erwachte, sich kurz umschaute und dann einfach aufstand, als sei nichts gewesen.

      Dyako war ziemlich erstaunt, denn jetzt fiel ihm auf, dass die Frau nicht einen einzigen Kratzer davongetragen hatte. Sie hatte noch immer seinen Mantel übergestreift und er konnte daher nicht alles erblicken, aber es war der Gesamteindruck, der Dyako überzeugte.

      Im nächsten Augenblick ging alles sehr schnell von statten. Einer der Männer erwachte, holte Luft und die Frau sprang zu ihm, schnappte sich einen langen Ast und rammte diesen in den Hals des Mannes. Dyako war fassungslos. Er erkannte nichts mehr von dieser zierlichen Frau, die er gestern aufgefunden hatte. Dies hier war jemand anderes, etwas anderes.

      Die Frau zog ihre Waffe wieder heraus und der Mann schnappte vergebens nach Luft, doch Blut füllte seinen Hals und seine Lungen. Schließlich starb er qualvoll. Die Fremde schaute zu, als wolle sie sicher gehen, dass er auch tatsächlich sterben würde. Dann richtete sie ihren Blick auf Dyako, der sofort zusammenschrak.

      Ihr Blick jedoch änderte sich von einen auf den anderen Moment, wieder zu der Frau, die er fand. Während sie zu dem Mann in einer boshaften, grausamen Art dreinschaute, hatte sie für Dyako eine Unschuld im Blick. Dyako machte es jedoch Angst, als dass es ihn beruhigte und er ging instinktiv einige Schritte zurück. Seine Sinne forderten ihn auf, achtsam zu sein. Die Frau aber blieb stehen und versuchte ihre Hände zu heben, als wolle sie sich ergeben.

      „Wer bist du?“ fragte Dyako voller Furcht in seiner Stimme, „was bist du?“

      Die Frau starrte ihn einfach nur an und gab keine Antwort auf seine Frage. Dyako konnte nicht herausfinden, ob sie ihm gut oder schlecht gesinnt war. Seine Angst spielte einen Streich mit hm und er fürchtete sich. Es hätten beide Möglichkeiten wahrscheinlich sein können oder es gab eine Dritte.

      „Lässt du mich gehen?“ wollte er wissen und musste weinen, auch wenn es ihn als Mann peinlich war, vor einer Frau derartig fertig und ängstlich rüberzukommen.

      Dyako hielt die Anspannung nicht mehr aus, daher liefen die Tränen. Deshalb und weil er unter seinen Schmerzen litt, was ihn abermals zu Boden sinken ließ. Sie nickte nur und brach erneut zusammen, so wie sie zuvor einfach aufgestanden war. Dyako erschrak wiederholt. Er verstand nicht, was geschehen war. Er erhob sich abermals unter heftigen Schmerzen, die sich in diesem Augenblick zurückmeldeten und begab sich zu ihr. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, ehe er in ihrer Nähe war.

      Einerseits hatte er Furcht, dass sie ihn einfach töten würde. Andererseits hätte sie es schon längst tun können und benötigte nicht einen so dummen Trick, um ihn ins Gras beißen zu lassen. Dyako schwankte, aber seine Aktion verriet, dass er momentan eher dazu tendierte, seine Neugierde siegen zu lassen. Zudem wollte er der Fremden helfen. Etwas in ihm sagte, dass sie es dringend nötig hatte.

      „Hey, alles in Ordnung?“ fragte er und rüttelte vorsichtig an ihr, denn er wollte nicht riskieren, selbst ein Opfer dieser Fremden zu werden.

      Einen kurzen Augenblick lang hatte er die Idee, einfach wegzulaufen und die Frau sich ihrem Schicksal zu überlassen, aber er entschied sich dagegen. So einer war er nicht. Weder einer, der weglief, noch einer, der Frauen auf diese Weise zurückließ. Und mögen sie keine Frauen sein, sondern vielleicht Hexen. Anderseits konnte er weder laufen, noch sich wegbewegen.

      Dieser Gedanke, dass sie eine Hexe sein könnte, entstand blitzartig in seinem Kopf. Wie sonst hätte sie die drei Männer töten können? Es würde eine Erklärung dafür geben, weshalb sie nackt in einem gefährlichen Wald gelegen hatte. Möglicherweise wollte man oder besser gesagt die Nocta sie beseitigen. Da Hexen zu den magischen Wesen gehörten, waren sie ein Dorn im Auge der Nocta. Daher begingen sie Jagd auf sie und andere Wesen dieser Art zu machen.

      Dyako versicherte sich noch einmal, ob sie zumindest lebte. Eine Weile lag er neben ihr. Es dauerte vielleicht Stunden, ehe er aufstehen konnte. Zwar hatte er weiterhin Schmerzen, aber er konnte sitzen. Wieder vergingen Stunden, ehe die Nacht einbrach. Er schlief ein und wachte am nächsten Tag wieder auf.

      Sein Zustand hatte sich entgegen seinen Erwartungen deutlich verbessert. Er richtete sich auf, um Nahrung zu suchen. Er fand Beeren und Nüsse. Er pflückte entsprechend viele, sodass er sie mit der Fremden teilen konnte.

      Als er sich wieder zu ihr begeben hatte und sie weiterhin dort lag und schlief, kam ihm der Gedanke, sie mit zu sich zu nehmen, denn dort hätte er Kräuter, ein Dach über den Kopf und würde sich einfach besser fühlen, da er zu Hause war. Er vermisste seine Frau- das Grab seiner Frau.

      Es ging ein Ruck durch seinen Körper, als wolle er seinen Gedanken in die Ta umsetzen. Dyako raffte sich auf und packte sie dann, um sie auf dem Rücken nach Hause zu tragen. Zumindest war es der Plan. Er spürte seine Schmerzen und die Belastung, die er nur einige Meter ertragen konnte. Sie war zierlich und deshalb nicht schwer an Gewicht, aber ein alter Mann, wie er einer war, konnte sie nur einen kurzen Weg mit sich schleppen. Dann benötigte er eine Pause.

      Er rastete nicht lange, um nicht noch einmal von der Dunkelheit der Nacht überrascht zu werden. Nach einiger Zeit konnte er die körperlichen Leiden aushalten, was daran lag, dass er sie retten musste und sein Körper voll mit Adrenalin füllte. Hauptsächlich gab es ihm das Gefühl, etwas Richtiges zu tun. Die restliche Kraft kam in ihm hoch, als er sein Haus sehen konnte. Nun waren sie nicht mehr weit entfernt von dem Grab seiner Frau.

      Dort angekommen, legte er die Fremde ab und packte sich selbst neben ihr auf den Erdboden. Er schaute zum Grab seiner Frau und lächelte ein wenig. Es war eine Mischung aus Erleichterung und Verlegenheit. Er war heilfroh, wieder an dieser Stelle zu sein und er hätte sich niemals, auch nicht in seinen kühnsten Träumen vorstellen können, eine andere Frau mit nach Hause zu nehmen, auch wenn es natürlich andere Umstände sind.

      „Sie braucht Hilfe“, sagte er zu seiner Frau.

      Die Gutmütigkeit seiner geliebten Frau hätte ihm mitgeteilt, dass es selbstverständlich wäre, Menschen zu helfen, ganz gleich, wo sie herkommen oder wer sie waren. Dyako blickte zu der Fremden rüber und dachte nach. Sie war seltsam, aber dennoch hatte sie es nicht verdient, dass man sie im Stich ließ. Immerhin hatten die drei Männer sie vergewaltigen wollen und bei so einer Sache hätte selbst er diese Widerlinge umgebracht.

      Und auch, wenn sie höchstwahrscheinlich alle drei Halunken umgebracht hatte- er musste ihr helfen. Andererseits warn es Räuber, Diebe und Übeltäter, die er wohl verdient hatten, sonst hätten sie die Fremde und ihn getötet.

      Dyako raffte sich erneut auf und schleppte die Frau in sein Haus, um sie in seinem Zimmer auf das Bett zu legen. Er deckte sie zu und begab sich ins Wohnzimmer, welches ebenfalls die Küche war, um den Kamin anzufeuern. Es war kalt.

      Erst beim Hinsetzen merkte er seine Verletzungen, sowohl diese, die hm die Wache in Ferruma an der Wange zugefügt hatte, als auch die in seiner Magengegend und am Kopf, die in den drei Räubern ihr Ursache fanden. Er hielt sich die Stelle am Bauch. Langsam spürte er die Müdigkeit und ließ sich mehr und mehr von ihr einfangen, bis er schlussendlich eingeschlafen im Sitzen war. Instinktiv legte er seine Hand als Kissenersatz auf den Tisch und ratzte ein.

      Am nächsten Morgen weckten ihn wiederholt die Sonnenstrahlen und er merkte, dass es schon Mittag sein musste, denn die Sonne war an ihrem Zenit angekommen. Wie angeknipst schreckte er hoch, denn er wollte wissen, wie es um die Fremde stand. Er stand auf und noch immer spürte er die Wunden des gestrigen Tages. Die Bewegungsabläufe verliefen insgesamt viel langsamer als vorher.

      Als er nach einer Weile in seinem Zimmer angekommen war, entdeckte er ein leeres Bett. Sofort schaute er sich um, wenngleich er Zeit dafür brauchte. Zuerst im Raum selbst und dann im Wohnzimmer, denn er könnte sie vor lauter Sorge übersehen haben. Aber dort war sie ebenfalls nicht. Nun begab er sich nach draußen und warf einen raschen Blick auf seinen kleinen beschaulichen Hof, aber auch dort konnte er sie nicht entdecken.

      Vielleicht war sie gegangen? Aber wohin? Diese Frau warf immer mehr Rätsel auf und es lief ihm ein Schauer über den Rücken. Er fand es seltsam, dass sie in einem Moment zusammenklappte wie ein Kartenhaus, dass einen