Mimikri. Dennis Weis

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Название Mimikri
Автор произведения Dennis Weis
Жанр Языкознание
Серия Mimikri
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742769961



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Moment bekam Dyako einen dicken Kloß im Hals, denn er wusste, was das für Typen waren. Und dabei waren sie doch gerade der Finsternis des Waldes entkommen. Dyako hatte sich in Sicherheit gewogen und das war ein Fehler.

      „Na, des Nachts noch so spät unterwegs?“ fragte der eine und man hörte, dass er mindestens angetrunken war, so wie er lallte.

      „Hat der Opa sein kleines Luder gefunden?“ fragte ein zweiter und auch er wirkte betrunken.

      Er machte ein paar Schritte auf Dyako und die Unbekannte zu und blieb dann stehen. Dann zückte er eine Waffe und richtete sie auf Dyako. Es schien eine Pistole zu sein. Er schwankte. Seine beiden Kumpanen gesellten sich zu ihm.

      „Ich will, dass die kleine Schlampe zu mir kommt und mir einen bläst“, verlangte er, „Opa, du kannst einfach gehen. Ich habe heute meinen Gnädigen.“

      „Wir tun dir nichts und verfolgen dich auch nicht“, ergänzte ein anderer und lachte dreckig.

      Dabei war beiden klar, dass dies verlogene und brutale Räuber waren, die nichts Gutes im Schilde führten und Dyako niemals gehen lassen würden, wobei die Flucht auch keine Option für Dyako darstelle.

      Die Frau schaute zu ihm. Dyako schüttelte den Kopf, um deutlich zu machen, dass er jetzt nicht verschwinden werde, um seine eigene Haut zu retten. Er würde es sein Leben lang mit sich herumtragen und daran gedanklich zu Grunde gehen. Zumal er nicht daran glaubte, dass er hier lebend herauskam.

      Was sollte ein alter Mann und eine junge, nackte Frau ausrichten können? Zwar waren die Halunken angetrunken, aber verfügten immer noch über Pistolen, was sie sehr gefährlich machte. Alkohol machte zudem übermütig. Dyako wusste dies durch seine jahrelange Abhängigkeit.

      „Ich werde bleiben“, sagte Dyako und zitterte am ganzen Körper.

      Er wusste, dass auch sein Verbleib ein Fehler war, denn die Männer würden ihn töten, um an sie heranzukommen. Aber er wollte lieber als mutiger alter Mann sterben als ein lebender Feigling zu sein. Dann wäre Grund ein ehrenwerter gewesen und eben kein Freitod, der feige war. Auf diese Weise könnte er im Jenseits auf seine geliebte Frau treffen und ihr ins Gesicht schauen.

      „Dann wirst du sterben“, verdeutlichte der Typ mit der Waffe in der Hand und bestätigte damit Dyakos Vermutung.

      „Das ist mir bewusst“, meinte Dyako und zitterte mehr und mehr.

      „Es ändert nichts daran, dass wir drei die kleine Schlampe gleich so richtig hart durchnehmen“, sagte ein weiterer, „du kannst uns nicht aufhalten.“

      Dyako war all dies klar und dennoch ging er nicht von der Stelle. Er wollte sie retten, vielleicht als Ersatz dafür, dass er seine Frau nicht retten konnte. Vielleicht auch, weil sie alleine war und hilflos. Er würde sich opfern. Dann schaute er sie an und rief:

      „Renn, so schnell du kannst. Ich werde mich um sie kümmern. Los!“

      Die Fremde bewegte sich nur keinen Zentimeter von der Stelle. Dyako schaute abwechselnd zu ihr und zu den beiden Gegnern, die sich in seine Richtung begaben. Einer von ihnen verharrte in seiner Position. Dyako verfiel in Panik, da er merkte, dass seine Aktion nichts brachte, wenn sie nicht bereit war zu flüchten.

      „Los, lauf, worauf wartest du? Willst du sterben?“ brüllte er und seine Verzweiflung war für jeden laut und deutlich zu hören- dabei schüttelte er sie leicht, um sie irgendwie wach zu rütteln.

      Aber sie blieb, als ob sie angewurzelt war. Sie regte sich nicht einmal, als er sie anflehte. Dyako blieb keine andere Wahl, als deutlicher zu werden. Er packte sie am Arm und wiederholte seine Aufforderung, obwohl es schon zu spät war, denn die beiden Männer befanden sich hinter ihm.

      Noch bevor Dyako reagieren konnte, verpasste einer der beiden ihm einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf und der alte Mann spürte, wie er um sein Bewusstsein kämpfen musste. Der Angreifer wollte keine Kugel verschwenden, wenn er Dyako auch mit bloßer Hand hätte töten können.

      Dyako ging augenblicklich zu Boden und hielt sich am Hinterkopf, denn es schmerzte heftig. Der Attackierende hatte gut getroffen, obwohl er zum Schlag grob angesetzt hatte. Nach einem Fußtritt in den Bauch, krümmte der alte Mann sich reflexartig. In Dyako machte sich das Gefühl breit, dass er die heutige Nacht nicht überleben würde.

      Weitere Fußtritte, wie auch Schläge prasselten auf ihn ein und Dyako konnte sich nicht mehr halten, denn ganz gleich, wie er sich auch zur Wehr setzte- es gelang ihm nicht, die vielen Hiebe und Tritte auszuweichen oder zu blockieren. Daher verlor er das Bewusstsein. Sein letzter Gedanke galt der Fremden, für die er hoffte, dass sie entkommen konnte. Vielleicht hatte sie die Gunst der Stunde genutzt und war weggelaufen? Sein allerletzter Gedanke aber galt seiner Frau. Nun war es wohl an der Zeit, zu ihr zu kommen.

      Als Dyako seine wieder Augen öffnete, blendete ihn ein einzelner Sonnenstrahl und er musste seine Lider gleich wieder schließen. Rasch kamen die Gedanken an dem Überfall der drei Männer in ihm hoch, auch wenn er es nicht gewollt hatte. Die Sonne gab ihm das kurze Gefühl, im Himmelreich zu sein und jeden Augenblick seine geliebte Frau zu begegnen und in seine Arme zu schließen. Aber war es wirklich so oder spielten ihm seine Sinne einen Streich?

      Der nächste Blick enttäuschte diesen Traum. Er spürte, dass er noch immer am Leben war, denn seine Wunde am Hinterkopf, sowie seine Prellungen machten sich auf schmerzhafte Weise bemerkbar und holten ihn in die Realität zurück.

      Es brannte, stach und die Wunden quälten ihm am gesamten Körper, denn es gab kaum eine Stelle, die die Halunken ausgelassen hatten. Wenn man wissen will, ob man lebt, war der Schmerz wohl das einzige Zeichen, einen Beweis dafür zu erhalten- so dachte sich Dyako.

      Sofort fiel ihm die junge Frau ein und er hoffte, dass auch sie die Nacht überlebt hatte. Die Räuber hatten ihn wohl zum Sterben zurückgelassen. Es gebe keinen anderen Grund, weshalb man Zeugen am Leben lassen sollte. Aber die Fremde? Dyako fürchtete, dass die Männer sie nach der angedrohten Vergewaltigung ermordet hatten.

      Dyako versuchte, seinen Kopf anzuheben und spürte mit jedem Millimeter einen stechenden Schmerz, aber er wollte unbedingt wissen, ob sie anwesend war. Möglicherweise hatten die Männer sie auch verschleppt, um sie als Sklavin zu halten. Der kurze Moment aber reichte aus, um zu sehen, dass die Fremde etwa dort auf dem Boden lag, wo sie gestern gestanden hatte. Zudem fiel dem alten Mann auf, dass die drei Männer um sie herum lagen- voller Blut. Als wäre ein Massaker geschehen.

      Was aber war wirklich passiert? Dyako war verwirrt und der Schmerz zwang ihn wieder zu Boden, denn er hatte noch viel zu wenig Kraft, um sich aufzustemmen. Es würde Tage, nein Wochen dauern, ehe er wieder einigermaßen normal durch das Leben gehen konnte, wenn überhaupt. Er war halt nicht mehr der Jüngste. Früher hätte er solche Qualen einstecken können.

      Nun konzentrierte er sich gedanklich erneut mit der vorgefundenen Situation. War ein Streit der Grund dafür, dass sie sich gegenseitig abgeschlachtet hatten? Waren die Männer sich nicht einig darüber, wer als erster ran durfte? Dyako hatte die leise Hoffnung, dass die Frau überlebt haben könnte.

      Obwohl sein Körper ihm riet, liegenzubleiben, entschloss er sich aufzustehen. Er musste wissen, wie es der Frau ging und ob sie überlebt hatte. Dies trieb ihn an. Die Schmerzen waren stark, aber Dyako wusste mit diesen umzugehen. Menschen, die keinen Schmerz gewohnt waren, raffte es vielleicht dahin, aber nicht Dyako. Allein der Gedanke, dass die Frau es tatsächlich geschafft haben könnte, war eine große Motivation für ihn.

      Nachdem er beim zweiten Hinsehen sogar gesehen hatte, dass sie sich etwas bewegt hatte, war er sich nun sehr sicher und ihm gelang es, sich aufrecht hinzustellen, sodass ihm das Blutbad um die Frau herum noch einmal deutlicher wurde. Dyako stand wie ein hochbetagter Mann, der fast am Ende seines Lebens war und wie in Häufchen Elend dort. Er zitterte am ganzen Körper.

      Für ihn sah es jetzt nicht mehr so aus, als hätten die drei sich getötet, sondern vielmehr erweckte sich bei ihm der Eindruck, dass die Frau es getan haben musste, denn die Männer lagen von ihr weg in gestreckter Haltung. Würden die Männer sich gegenseitig getötet haben, dann lägen sie anders.

      „So