Sonnenfeuer. J.D. David

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Название Sonnenfeuer
Автор произведения J.D. David
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783745067989



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der Stadt.

      Da waren zuerst die Schreie. So viele Schreie. Vor Angst. Vor Schmerzen. Vor Entsetzen. Oder auch nur die Rufe der Befehle. Soldaten lagen sterbend in den Straßen. Zivilisten rannten vor dem heranrückenden Feind, um irgendwo einen Ort der Sicherheit zu finden. Doch diesen Platz gab es wohl in ganz Härengar nicht. Nicht mal in der großen Festung des Königs. Die letzten kargatianischen Truppen, die noch kämpften, versuchten eine Verteidigung zu koordinieren. Tapfere Offiziere voran. Doch Taskor glaubte nicht mehr daran, dass ihr Leben gerettet werden konnte.

      Dann war da das Krachen der Belagerungsmaschinen. Der Feind hatte Katapulte um die Stadt herum aufgebaut, die feurige Kugeln nach Härengar schleuderten, damit ein Teil der Stadt nach dem anderen in Flammen aufging. Es war die wohl effektivste Angriffsmethode gewesen, denn die Sorge um ihre Familien hatte viele Soldaten dazu gebracht, ihre Waffen niederzuwerfen und zu ihren Liebsten zu eilen, um diese aus den Flammen zu retten. Obwohl der Feind schon längst in der Stadt war, waren noch vereinzelte Brandgeschosse zu hören. Das entfernte Klacken der Katapulte. Das Surren in der Luft. Der krachende Aufprall.

      Die Flammen waren ein weiterer Klang, der an seine Ohren drang. Er hielt kurz inne, als er aus dem Augenwinkel das gelbe Flackern sah und schaute zum Fenster hinaus. Der Ostturm stand vollkommen in Flammen. Sie knisterten und das Knacken von Balken war zu hören, die von den Flammen geschwächt brachen. So wie die Geräusche der Brände lag auch schwarzer Rauch über der gesamten Stadt. Taskor rieb sich kurz die Augen, die ob des Rauches brannten. Der Ostturm war verloren. Und damit eine weitere Hoffnung Kargats. Eigentlich war dies sein Ziel gewesen, denn die beiden Zwillinge waren dort untergebracht. Tyl und Adela von Kargat, die jüngsten Kinder von Kronprinz Liam. Doch der Turm war verloren, wie auch seine Bewohner. Er könnte vielleicht noch hinein laufen, aber dadurch würde er nur sein eigenes Leben wegwerfen. Nein, das Leben der Kinder war verloren.

      Er wandte sich ab und rannte an der Abzweigung vorbei, die ihn zum Ostturm geführt hätte. Das Klirren der Klingen schien näher zu kommen. Überall in der Stadt hörte man kämpfende Männer. Stahl, der auf Stahl, Holz, oder in Knochen schlug.

      All diese Geräusche und Wahrnehmungen waren ihm bekannt. Es schien ihm selbst, als schaute er auf hunderte Schlachten und Belagerungen zurück, in denen er all diese Eindrücke ein ums andere Mal wahrgenommen hatte. Aber in dieser Schlacht kam ein neues Geräusch hinzu, das alles zugleich untermalte als auch überlagerte. Es war ein neues Geräusch dieses Krieges. Und dieses Feindes. Dem Kaiserreich der Sonne.

      Trommeln und Flöten. Klänge, die er schon so oft auf Festen gehört hatte. Das schnelle Rattern von Trommeln, die im Takt geschlagen wurden. Die hohen Töne von Flötenmelodien, die selbst großen Lärm überlagerten konnten. Doch von nun an würde diese für ihn immer mit Schrecken belegt sein. Die Art zu kämpfen, in die Schlacht zu ziehen, hatte er so noch nie bei einem Feind gesehen. Dennoch war das Resultat mehr als beeindruckend. Es war erschreckend.

      Im Vergleich zu den Truppen Kargats schickte das Kaiserreich fast ausschließlich Fußsoldaten in eine Schlacht, die in genau gleiche Truppenteile aufgeteilt waren. Immer einhundert Mann, immer die gleiche Bewaffnung, immer die gleiche Befehlsstruktur. Von diesen Gruppen gab es Dutzende, die in monotonem Gleichschritt dem Feind entgegen marschierten. Getrieben und begleitet von dem Spiel einer Trommel und einer Flöte. Nun marschierten sie durch die Straßen von Härengar. Und er, General Taskor Graufels, konnte sein Heil und das Heil des Königreiches nur noch in der Flucht suchen. Mit dem Versuch, die letzten lebenden Mitglieder des Königsgeschlechts zu retten.

      “Majestät, die Stadt ist verloren.“, sagte er schwer atmend, als er die Tür am Ende des Korridors aufschlug. Es gab allen Grund zur Eile und keinen Grund an den Tatsachen vorbei zu reden. Erst als er die Tür hinter sich zuschlug konnte er den Raum kurz mustern.

      Neben ihm waren zwei Frauen und ein Soldat im Raum. Der Soldat stand in den Farben Kargats stramm an der Tür. Sein junges Gesicht war starr vor Angst und Anspannung. Die blonden Haare gaben ihm etwas Jungenhaftes. In der Tat war er wohl noch keine zwanzig Jahre alt. Doch Taskor ignorierte ihn und ging sofort auf die ältere Frau zu, die gerade aus ihrem Stuhl aufsprang, und kniete vor ihr nieder.

      „Wir sollten so schnell wie möglich versuchen, aus Härengar zu fliehen, um Euch und Eure Tochter in Sicherheit zu bringen.“, fuhr Taskor fort, bevor sie antworten konnte.

      „Wieso bist du nicht bei Liams Söhnen?“, fuhr ihn die Frau an, obwohl die Stimme mehr verzweifelt als wirklich wütend war. Taskor erhob sich nach einem kurzen Zeichen und musterte sie. Trotz ihres vorangeschrittenen Alters, waren ihre Haare noch immer hellbraun wie in früheren Tagen. Lediglich ihr Gesicht wirkte matter und schwächer, und dennoch erkannte man die Schönheit, die Hega von Kargat einst ausgestrahlt hatte.

      „Es war Kronprinz Magnus, der mich angewiesen hat, Euch und Eure Kinder in Sicherheit zu bringen, Majestät. Ich wollte dem nicht zustimmen, aber der Befehl war eindeutig.“

      „Was ist mit ihm? Und meinem Mann? Und mit Wolf? Und wo sind die anderen Kinder von Liam? Wo sind Tyl und Adela?“, fragte Hega aufgebracht.

      Taskor senkte den Kopf. Es war schwierig, solche Nachrichten zu überbringen. Besonders in einer solchen Stunde, da es keine zwei Tage her war, seit die Königin ihren Stiefsohn verloren hatte. Obwohl Kronprinz Liam nicht ihr leiblicher Sohn gewesen war, war ihr Verhältnis immer gut gewesen. Oder vielleicht genau deshalb, waren die beiden doch fast im gleichen Alter. Es waren auch die Umstände dieses Verlustes gewesen, die nicht nur die Königin, sondern ganz Kargat entsetzt hatten. Der Plan des alten Königs war sehr gut gewesen. Das heranrückende Heer von Kronprinz Liam sollte dem Feind in den Rücken fallen, der doch gerade erst damit begann, eine Belagerung um Härengar zu legen. Gleichzeitig führten dessen Söhne, Wolf und Magnus, einen Ausfall aus der Stadt, um den Feind in einer Zangenbewegung niederzuringen. Doch der Plan war gescheitert. Die Kampfkraft der kaiserlichen Truppen war überragend gewesen, vernichtend für das kargatianische Heer. Während die beiden Söhne des Kronprinzen noch den Rückzug in die Stadt befehlen konnten, war Liam verloren gewesen. So wie sein Bruder Beorn einst war er heldenhaft in der Schlacht gefallen. Es waren die Tage der schweren Nachrichten. Doch es gab keinen Grund, diese zurück zu halten.

      „Majestät, Euer Mann starb heldenhaft in der ersten Angriffswelle, die er selber zurückschlagen wollte.“, sagte Taskor anerkennend. Er selbst spürte langsam die Last des Alters in seinen Knochen. König Magnus war ungleich älter, und dennoch hatte ihn sein schierer Wille erneut in die Rüstung und vor seine Männer getrieben, um seine Stadt, seine Heimat zu verteidigen. Ein ehrenhaftes Ende für einen großen König.

      Hega nickte traurig. Magnus, der große König der letzten Jahrzehnte, hatte sein eigenes, würdiges Ende gefunden. Irgendwie war sie erleichtert für ihren Mann. Doch sie konnte nichts sagen, bevor Taskor weitersprach, nun mit deutlich gesenkter Stimme.

      „Magnus der Jüngere und Wolf…“, sprach der General leise und mit gesenktem Kopf, „…nachdem sie mir den Befehl gaben, Euch in Sicherheit zu bringen, konnte ich von der Mauer noch sehen, wie ihre Linien überrannt wurden. Wolf ging von mehreren Bolzen getroffen zu Boden. Magnus wurde von mehreren Soldaten umzingelt. Vielleicht ist er gefangen genommen, allerdings müssen wir davon ausgehen, dass er ebenso wie sein Bruder und sein Großvater gefallen ist.“

      Taskor erkannte, wie Hega langsam schwächer wurde. Er trat vor und hielt sie am Arm, half ihr wieder Platz zu nehmen. Doch die Königin konnte nichts sagen. Brachte kein Wort des Wehklagens hervor. Und Taskor war immer noch nicht am Ende seines Berichts der Trauer.

      „Tyl und Adela. Sie… nun… ein Geschoss traf den Ostturm. Er steht in Flammen. Ich konnte nicht mehr rechtzeitig vordringen. Anscheinend hat es niemand mehr hinaus geschafft. Der Eingang ist eingestürzt. Es gibt keine Hoffnung.“

      Hega schlug die Hände vor das Gesicht. Taskor hörte ein Schluchzen und dann einen leisen Satz. „Es ist alles verloren.“

      Er wusste nicht wirklich, wie er mit der Situation umgehen sollte. So viele Schlachten waren vergangen, in denen er sich bewähren musste. In denen immer wieder Männer gefallen waren, deren Tod er den Familien erklären musste. Auch damals, als er König Magnus vom Tode Beorns hatte berichten müssen. Aber die Fülle der schlimmen Nachrichten, die