Elisa. Jaqueline Merlin

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Название Elisa
Автор произведения Jaqueline Merlin
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753185071



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Er war von meiner Begeisterung und mit meiner harten Arbeit zufrieden, dass ihm

      keine Einwände einfielen, als ich ihm klarmachte, dass ich mir ein Kapital mit einem Zinssatz

      von 15 Prozent ausleihen müsste, um meine Ziele zu verwirklichen, was ich bis in drei Jahren

      zurückzahlen wollte. Ich hoffte, dass sich dann diese Reise-Unternehmungen investiert hätten.

      Mein Vorhaben, außerhalb Londons und Englands Antiquitätenhändler aufzusuchen, war klar.

      Ich begann ziemlich bald, von Kopf bis Fuß sachgemäß ausgestattet, die Auktionen außerhalb

      Londons zu besuchen und die Kontakte zu reisenden Händlern anderer Länder zu pflegen, die

      an Antiquitätenhändler weiter verkauften. Außerdem reservierte ich im Laden in der Eingang-

      Nähe, wo es die Kunden sehen mussten, den Extra-Platz für klassisches Porzellan & Keramik.

      EIN SELTSAMER VOGEL

      In jenen Jahren bezog sich mein Interesse an Mädchen allein auf das Gesellschaftliche, was

      in seiner Art und Weise befremdenden Charakter hatte. „Ein ganz seltsamer Vogel“, hörte ich

      eine Dame verlauten, was kein Lästern sondern ihre Verwunderung war. Mein Verhalten war

      für sie recht unnatürlich. Ich fühlte mich darin vollauf zufrieden, in Ruhe gelassen zu werden.

      Zweifellos musste etwas von der kindlichen Überzeugung, ich sei körperlich nicht anziehend,

      tief in mir vergraben liegen, wenn ich mir darin auch wenig bewusst war, sondern es gut fand.

      Ich wurde selten von einem Begehren geplagt und empfand dieses nicht als Unzulänglichkeit.

      Vielmehr war ich stolz auf meine genügsame Lebensweise, ohne darüber groß nachzudenken.

      Ich ging absolut auf in meiner Arbeit, die ich in Leidenschaft ausübte, liebte meine Familie und

      wenige beste Freunde, mit denen ich meine einzelgängerischen Freizeit-Aktivitäten ausführte.

      Soweit ich mal darüber nachgedacht hatte, einem Mädchen besondere Zuwendung zu zeigen

      sowie ihr meine Aufmerksamkeit zu widmen, schien mir das als nicht lohnenswert im Ergebnis.

      Sollte mir jenes geschehen, müsste sie eine erhebliche Mauer an Schüchternheit durchstoßen.

      Mir erschien dieses wie eine Ablenkung zu meiner Arbeit und die Erschwernis im weiteren Tun.

      Meine Eltern versuchten nicht, mich zu beeinflussen. Vielleicht hatten sie es auch nicht so eilig,

      meine Gefühle umherschweifen zu sehen. Jetzt weiß ich, dass ich in jener Hinsicht altmodisch,

      sowie altbacken gewirkt haben musste, ein orthodoxer Christ. Viel eigensinniger, abgehobener

      als Freidenker, vielleicht hochgeschraubt, der sich mit den unsicheren Gefühlen nicht befasste.

      Obwohl ich mit allen Menschen immer gut zurecht kam und an Freunden keinen Mangel hatte,

      waren schöne Dinge einfacher und verlässlicher, berechenbarer und deswegen befriedigender.

      Porzellan war meine Verfeinerung der fehlbaren, oft enttäuschenden Wirklichkeit eines Dasein.

      Damit keine Missverständnisse aufkommen, jener Stil oder die Raffinesse von Frauenkleidern

      entzückten mich durchaus, dass ich hinstarrte, all die unwichtigen Detail in mich aufzunehmen.

      Doch auf frivole Art kamen mir ihre Besitzerinnen launisch, trivial und äußerst anstrengend vor

      in Hinblick auf diese kühle Freude, die aus dem Töpfergut oder einem Kontrapunkt entströmte,

      sie zu vergiften oder zu verschütten. Als die sechziger Jahre revolutionierten und keine realen

      Werte mehr galten, die lange Zeit von Bestand waren, merkte ich, dass ich außerhalb der Zeit

      stand mit einem anderen Geist, der sich lieber im Einklang seiner Handwerkskunst befand als

      in den Turbulenzen des Marktgeschehens der rebellischen Welt, besser zuhause untermauert.

      MEIN PRIESTER-FREUND ANTON

      Anton Wild und seine Frau Bonny waren meine besten Freunde. Anton war zwei Jahre älter als ich.

      Als er Mitte der sechziger Jahre in unserer Gemeinde eintraf, war er in seiner Art kein Prediger von

      Schuld und Sühne, gar der freundliche Angepasste, der es jedem in allem recht machen will. Er war geradeheraus, unkonventionell, intellektueller als erlaubt, was ältere Gläubige erschrecken ließ und

      brachte frischen Wind in den Puritanismus. Mit einer warmherzigen und sehr vernünftigen Haltung,

      die überraschend das Gegenteil vertrat, von dem, was man erwartet oder gewohnt war vom Priester,

      gewann er schnell vielerorts Vertrauen bei Menschen und in Gegenden, die nicht christlicher waren

      als Jesus bei Maria Magdalena oder der Ehebrecherin, die zur Steinigung angeschleppt worden war.

      Lebhaft habe ich in Erinnerung, wie wir an einem Sommerabend von unserem sportlichen Wettlauf

      kamen, als in dem Vorraum der Kirche drei junge Hippies standen, die aus London getrampt kamen

      und schon zwei Stunden auf uns gewartet hatten, um für einen Freund Hilfe zu suchen, der mit dem

      Gesetz und der Polizei aneinander geraten war. Anton lud die drei unverzüglich zum Abendbrot ein.

      Ehe sie mit ihren Schilderungen beginnen konnten, wendete er ein: „Ihr müsst doch Hunger haben.“

      Am Montag fuhr er sie in seinem Wagen selbst zurück nach London und sprach bei der Polizei vor.

      Ich musste mir eingestehen, dass ich dem gegenwärtigen Protest und halbgarem Mystizismus einer

      unruhigen Zeit, weniger gewachsen war, als ein Geistiger mit steifem Kragen und langem Gewand.

      Seine herausfordernden Gedanken und Reaktionen entgegen der Erwartung überraschten mich sehr.

      Es war meine pessimistische Sicht eines Jahrzehnts mit Fröhlichkeit und ernst zu nehmendem Eifer.

      Ich selbst war ein Feigling in einer Festung, dem man nichts anhaben durfte in seiner Sicherheit des

      Wohlstands. Es gab Momente, in denen ich meine paar Bemerkungen machte über eine neue Mode,

      ihre Macken, die immer verrückter werden, dass mir Anton mit liebevollem Lächeln an das Herz legte:

      „David, dein Moralismus wird dich selbst nochmals einholen zum Trotz dieser Niedrigkeit einer Welt

      und dem Stolz derjenigen, die aufbegehren.“ Wir lächelten beide. Ich merkte, dass er das so meinte.

      Als in den Jahren das Vertrauen meines Vaters wuchs und gleichermaßen meine Erfahrungen, auch

      mein Standvermögen, beteiligte er sich immer weniger in der aktiven Geschäftsführung. Er sagte in

      vielen Fällen: „Tu, was du für richtig hältst, mein Sohn.“ Ich wollte ihn nicht verdrängen, sonst anders

      wettstreitig machen. Wir verstanden uns gut und hatten keine geschäftliche Auseinandersetzung im

      Sinne der Konkurrenz oder anderes. Ich brachte ihm viel Respekt und ehrliche Zuneigung entgegen.

      So sprach er öfter den Wunsch aus, am Nachmittag lieber im Garten zu bleiben, um Jimy zu helfen.

      Jimy war unser „Mädchen für alles“. Er mähte und sprengte sehr große Rasenflächen, brachte auch

      Proviant mit nach Hause, wenn