Heidesilber. Herbert Weyand

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Название Heidesilber
Автор произведения Herbert Weyand
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847659464



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der langen Reise rückte näher. Sie traten aus dem Wald in eine lang gezogene Mulde, an deren Ende ein kleiner runder Hügel, ohne Unregelmäßigkeiten, lag. Am Fuße der Erhebung entsprang eine Quelle, die drei mächtige Birken umstanden. Diesen Platz hatte Kendric beschrieben. Sowie grüne Wälder mit Wildreichtum und große Sandflächen eines Hochmoores, von Teichen und Sumpfgrasinseln unterbrochen.

      »Hier rasten wir. Das ist ein heiliger Ort. Hier verschenkt Mutter Erde ihren Lebenssaft.« Kendric sah sinnend hoch. »Und der Himmel wird auch gehalten«, er zeigte zu den Ästen der riesigen Bäume. »Bronwyn, dort bauen wir unsere Hütte«, er wies zum Hügel, der von einem freien Streifen Heidesand umgeben wurde. »Das Haus für die anderen«, er schritt ungefähr einhundert Meter in westliche Richtung ab, »kommt genau hier hin. Wir müssen es groß genug bauen. Bald leben noch mehr Menschen hier. Ich möchte auch einige Schülerinnen und Schüler haben.«

      »So sei es.« Sie neigte den Kopf. In der kurzen Zeit ihrer Verbindung wurde aus dem schüchternen Mädchen eine selbstbewusste Frau. Bronwyn war sich der Verantwortung bewusst, die sie als Gefährtin des Druiden hatte. Ihr schien, als habe sie noch nie einen mächtigeren Mann gesehen, als Kendric. Das belegten auch die vielen Besucher der Stämme, die aus der Ferne kamen, sobald bekannt wurde, dass Kendric, der Besucher der Anderwelt, in den Wäldern rastete. Dann lief es wie ein Lauffeuer durch den Wald. Labhruinn, wie auch ihr Vater, wurden als geachtete Gelehrte verehrt und die Stämme hörten sie stets bei den Versammlungen. Jedoch Kendrics Popularität und Ansehen besaßen eine andere Qualität, als bei den beiden.

      »Ich spreche mit den Leuten. Du solltest nun meditieren, damit Mutter Erde unsere neue Heimat akzeptiert.«

      »Genug für heute«, meinte Griet und rutschte mit schmerzhaft verzerrtem Gesicht in eine sitzende Stellung.

      »Diese Geschichte«, er begann zögernd, »erzählst du doch nicht nur, weil du dadurch zu deinem Beruf kamst. Mir sind wesentlich kürzere Abhandlungen bekannt, weil sie zum Sagengut unserer Gegend gehören.«

      »Später.« Sie lächelte geheimnisvoll. »Du hast mir vorhin ein Zimmer und ein Bett angeboten … ich komme gern darauf zurück.«

      »Schaffst du die Treppe hoch?« Er wies in Richtung Flur und zeigte nicht, wie sehr er sich über ihre Antwort wunderte. »Oben rechts sind zwei Zimmer. Such dir eins aus. Das Bad ist im Flur.«

      »Danke. Die Treppe komme ich alleine hoch. Danke auch dafür, weil du mir hilfst.« Sie drückte ihren geschundenen Körper mühsam aus dem Liegestuhl.

      Paul packte sie, ohne viel Aufheben, an der unverletzten Seite und trug sie fast die Treppe hoch.

      *

       sieben

      »Was hältst du von den beiden?«, fragte Arget.

      »Sie sind ganz nett. Vor allem Griet. Sie ist eine intelligente Frau. Ich glaube, sie ahnt etwas.« Kyra stand nachdenklich und ein wenig verloren vor der Türe der Kate und sah den beiden nach.

      »Woher soll sie eine Ahnung haben? Nicht einmal wir selbst verstehen, was mit uns los ist.«

      »Unterschätz die Menschen außerhalb unserer Isolation nicht. Die sind nicht dumm.«

      »Du legst immer jedes Wort auf die Goldwaage«, murrte er. »So habe ich es nicht gemeint.«

      »Weiß ich doch.«

      »Die Scheibe. Ist sie das, was ich vermute?«

      »Ja. Du liegst richtig. Der Teller ist besprochen. Landläufig würde man sagen, er ist mit einem Zauber belegt. Doch ich vermag die Zeichen nicht zu deuten. Ich spüre nur den Strom der Energie. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, es ist Kendrics Werk.«

      »Es gibt etwas, das du nicht verstehst? Kendric? Was die Götter verhüten mögen.« Arget schaute besorgt.

      »Ich habe nicht gesagt, dass ich es nicht verstehe. Ich kann sie nicht deuten«, gab sie schnippisch zurück.

      »Und, was machen wir?«

      »Wir lassen alle zusammen kommen und beraten.«

      »Das ist gut. Es wird Zeit, dass wir uns noch einmal sehen.«

      »In Paul steckt etwas. Es ist ihm nicht bewusst. Ein kleiner Anstoß und er wird über sich hinauswachsen. Ich denke, er ist der Schlüssel zu dieser Scheibe und nicht Griet.« Kyras Gesicht wirkte fast grimmig.

      »Bei ihm spüre ich rein gar nichts. Er mag ein intelligenter Mensch sein, aber mehr auch nicht.«

      »Seine Fähigkeiten liegen tief verborgen, mit Wurzeln in der Vergangenheit. Dieser Schleier, hinten in den Augen, hast du ihn bemerkt? Nein. Seine Ausstrahlung mag durchaus in der Überwindung seiner Krankheit liegen.«

      »Er war krank?«

      »Ja. Siehst du das denn nicht«, fragte Kyra genervt, um gleich wieder herunter zu kochen. »Ich vergaß. Es tut mir leid. Doch denke an meine Worte«, sie sah ihn vielsagend an.

      *

      »So ein Schei … benkleister.«

      »Was ist passiert?«

      »Ich bin in einen Hundehaufen getreten.«

      »Pass besser auf.« Griet grinste, als sie die platte Bescherung sah.

      »Jetzt fang nur an, zu lästern.« Paul beugte sich nach unten und nahm den Schuh in Augenschein. Im gleichen Moment spürte er einen Luftzug am Ohr und hörte ein trockenes plopp. Es dauerte einige Zeit, bis er realisierte, was geschah. Doch dann geriet er in Bewegung. Er sprang mit einem weiten Satz auf Griet und warf sie zu Boden. »Runter. Auf uns wird geschossen.«

      »Aua. Du tust mir weh.« Sie drückte ihn weg. »Wieso geschossen? Ich habe nichts gehört.«

      »Auf mich hat noch nie jemand geschossen. Aber, es kann nichts anderes sein«, er griff ans Ohr und betrachtete die Hand. »Blut.«

      »Lass sehen«, sie drehte seinen Kopf. »Du hast einen Kratzer.«

      »Da hat jemand geschossen.« Über ihnen splitterte Holz aus einer Kiefer und er hörte wieder dieses harte Geräusch. »Komm wir müssen weg. Die knallen uns ab.«

      Sie robbten auf dem Bauch tiefer in das Gebüsch und fielen in eine kleine Senke, die man von außerhalb nicht sah.

      »Er stand hier. Ich habe ihn getroffen. Ich bin mir sicher«, hörten sie Huub auf Niederländisch sagen.

      »Dann muss er hier sein. Aber ich sehe nichts«, antwortete eine barsche Stimme.

      »Dann kriegen wir ihn ein anderes Mal. Er hat das Weibsstück gerettet. Wenn sie mit dem Fund an die Öffentlichkeit geht, haben wir nichts mehr in der Hand.«

      »Was ist eigentlich so wertvoll an dem alten Kram?«

      »Das weiß ich nicht so genau. Meine Auftraggeber haben mir schon vor Jahren gesagt, ich muss auf eine silberne Scheibe achten. So ein Keltendruide soll einen Schlüssel entwickelt haben, in dem unglaubliche Macht steckt.«

      »Unglaubliche Macht? Schlüssel? Du hast nicht alle Tassen im Schrank.«

      »Mag sein. Mein Kunde glaubt daran und bezahlt gut. Die Kelten hatten so einen bekloppten Glauben. Hing mit der Natur zusammen und irgendwelchen Dingen, die im Gleichgewicht sein mussten.«

      »So wie Jing und Jang?«

      Die Stimmen wurden leiser.

      »Du bist doch nicht ganz dicht. Das sind Gegensätze«, hörten sie noch.

      »Wer war das?«, flüsterte Paul.

      »Huub en een Duitse«, antwortete sie ebenso leise.

      »Die sind hinter der Scheibe her. Dein Kollege ist ein falscher Fuffziger. Der arbeitet in die eigene Tasche und nicht für deine Uni.«

      »Das weiß ich seit einiger Zeit auch.« Griet spähte vorsichtig