Heidesilber. Herbert Weyand

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Название Heidesilber
Автор произведения Herbert Weyand
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847659464



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Mulde, in der das Dorf lag, abschloss. Es sah tatsächlich so alt aus, wie Kyra sagte.

      »Du kannst deinen Stammbaum soweit zurückverfolgen?« Griet sah sie zweifelnd an.

      »Noch weiter. Du würdest es nicht glauben.«

      »Sollte ich ein anderes Thema wählen? Es erscheint mir interessant, was du sagst. Ein ellenlanger Stammbaum …«, sie ließ den Satz versanden und stockte. »Ich weiß nicht so genau mit euch beiden. Da ist immer noch etwas, was ich nicht begreife.«

      »Mach dir keine Gedanken. Die Zeit wird es richten.« Kyra grinste spitzbübisch. »Jetzt muss ich euch leider verabschieden. Wir haben noch zu tun.«

      *

       sechs

      Griet nahm die zweite Flasche Bier und rutschte im Liegestuhl etwas höher. »Soll ich weiter erzählen oder langweile ich dich?« Sie warf ihm einen unergründlichen Blick zu.

      »Auf jeden Fall … weitererzählen. Du bringst die Geschichte gut rüber und ich schwärme für Märchen.« Er nickte auffordernd.

      »Ich hoffe nicht, dass ich Märchen erzähle. Schließlich ist das Leben Kendrics für meine Berufswahl verantwortlich.« Ihr Blick schweifte durch den Garten und blieb auf einer Katze hängen, die bewegungslos den Maulwurfshügel auf dem Rasen beobachtete, der in einem Zusammenhang mit ihrer Geschichte stand. Wie? … wusste sie nicht. »Also, dann weiter …«

      *

      Kendric und Bronwyn wanderten seit Tagen auf dem Weg zu ihrer neuen, unbekannten Heimat. Entsprechend dem ungeschriebenen Gesetz, dass nicht zwei Druiden an einem Ort wirken durften, suchten sie eine neue Bleibe. Normalerweise ging der Ältere. Doch Kendric zog es fort. Tiefes Sehnen trieb ihn in die Ferne. Er konnte und wollte nicht mehr in seiner bisherigen Siedlung bleiben. So sehr der Stamm bettelte, aber als Druide und Besucher der Anderwelt hatte er das Sagen. Die heimliche Angst, Bronwyn würde sich ihm verweigern, stellte sich als grundlos heraus. Sie sagte sofort zu, mit ihm zu ziehen.

      An Beltane, dem Frühlingsfest, wurden die reinigenden Feuer entzündet. Kendric bekam erstmals die Gelegenheit mit Labhruinn die Holzstämme zu reiben, bis die Funken in das aufgeschichtete Reisigmaterial sprangen und die Flammen tanzen ließen. Die Verwendung von Feuerstein entsprach nicht dem Brauch. Die beiden Druiden unterhielten sich bei dieser Tätigkeit so vertraut, als hätten sie ihre gemeinsame Zeit schon immer gleichrangig verbracht. Sie versuchten, voneinander zu lernen.

      »Kendric darf ich dir eine Frage stellen?«

      »Sicherlich, Labhruinn.«

      »Die Anderwelt, wie ist sie?«

      »Anders, ganz anders, als wir sie uns vorstellen. Zumindest der Teil, den ich kenne. Ich finde schwerlich Worte, es auszudrücken. Sie ist voller Kraft und Geheimnisse. Was wir richtig festgestellt haben, ist, das Gleichgewicht des Ganzen. Alles muss im gleichen Rhythmus schwingen – sonst geraten die Kräfte durcheinander und zerstören sich gegenseitig«, sinnend blickte er auf, während die Hände weiter das Holz rieben.

      »Wie soll ich das verstehen? Hast du es gesehen oder durch die Kraft deiner Gedanken herausgefunden?«

      »Die Macht, die unsere Welt zusammenhält, ist in der Anderwelt sichtbar und wird durch viele Farben dargestellt. Die Sterne, die unsere Sonne umrunden, ziehen einen Kreis der Kräfte. Aber dahinter, in weiter Ferne, lauert das Böse in einem Nebel. Davor müssen wir uns in acht nehmen.«

      Unwillkürlich hielt Labhruinn inne und setzte an, etwas zu sagen. Doch Kendrics Gedanken weilten in solcher Ferne, sodass er es unterließ. Ihm wurde nicht bewusst, welchen Prozess er in Gang setzte.

      Zum Beltanefest versammelten sich die Stämme mit den Druiden, um Mutter Erde das Erwachen zu erleichtern.

      Beltane bedeutete nicht nur Willkommensgruß, sondern auch der Beginn des neuen Jahres. Wer an diesem Tag besonderes Glück hatte, dem begegnete ein Elf. Aber das geschah schon seit Menschengedenken nicht mehr. Sie trieben an diesem Tag das Vieh zwischen zwei Feuern, die Labhruinn und Kendric entzündeten, hindurch, um Krankheiten zu verhindern. Ebenso verbrannten sie den Kopf des Pferdes, das zu Samhain geopfert wurde.

      Am diesjährigen Beltane wirkte Kendric erstmals öffentlich als Druide. Als das letzte Tageslicht verblasste, nahm Bronwyn Kendric bei der Hand und zog ihn in den Wald. Obwohl er damit rechnete, zog ein flaues Gefühl in der Magengegend auf. An Beltane suchten sich die Frauen den Mann aus, mit dem sie die Nacht verbrachten. An diesem einzigen Tag des Jahres schliefen die Menschen ungestraft mit beliebigen Partnern.

      Die Natur schickte dem jungen Paar ein positives Zeichen. Sie begegneten Cernunnos, der ihnen in Gestalt des Hirsches über den Weg lief. Die Fruchtbarkeit der Erde segnete sie.

      Die Sonne schien den ganzen Tag und schickte die sengenden Strahlen zu Mutter Erde, sodass es bis in die Morgenstunden angenehm warm blieb. Die Bäume wogten sanft und schufen friedliche, unwirkliche Stimmung. Vögel und andere Tiere suchten ihr Nachtlager auf und gaben denen Platz, die in der Nacht Aktivität entfalteten.

      Auf der kleinen Lichtung, nahe dem Feenhügel, erwartete sie das Moosbett, das Bronwyn seit dem Morgen, vorbereitete.

      In den letzten Tagen spukte nichts anderes, als dieser Moment durch den Kopf. Dabei verging er vor Angst, weil er nicht genau wusste, was auf ihn zukam. Natürlich beobachtete er Tiere beim Geschlechtsakt. Dennoch konnte es bei Menschen ganz anders sein.

      Bronwyn überdeckte die Unsicherheit, die ihn plagte, souverän und bedeutete ihm, eine kniende Stellung einzunehmen. Sie nahm sein Glied und rieb die Vorhaut vor und zurück, wie er es immer tat, wenn er von ihr träumte. Labhruinn schlug ihn oft dafür. Bronwyns Augen glänzten und versanken in seinen. Sie befeuchtete ihre Lippen mit der Zunge und atmete hastig und kurz. In ihrer beider Körper wuchs die Spannung. Es dauerte nicht lange und der Körpersaft quoll heraus. Er schoss auf den Waldboden. Die schlagartige Entspannung des Körpers kam so plötzlich, dass er erschrak. Mutter Erde bekam ihren Teil, dadurch wurde die Natur erneuert. Er sank auf das Mooslager und glitt in einen leichten Schlaf. Jedoch gab Bronwyn keine Ruhe. Sie bearbeitete sein Glied wieder und wieder, bis er dort und im gesamten Körper, wieder das bekannte Kraftgefühl spürte. Er drohte zu platzen. Sie kniete vor ihm und bedeutete ihm, zu tun, was ein Mann tun muss. Mit spitzem Schrei empfing sie ihn. Kendrics Gedanken setzten aus und drohten, aus dem Gefängnis des Geistes zu entfliehen. Es gab nur ihn und den weichen nachgiebigen – aber fordernden - Körper Bronwyns. Sie wälzten besinnungslos vor Lust auf dem Lager. Während er ihren Namen flüsterte, strich sie immer wieder mit der Zunge über sein Gesicht und erforschte den Mund. Sie riefen ihre Namen, als sie gleichzeitig den Höhepunkt erreichten. Ermattet aneinander gekuschelt schliefen sie ein. Sie taten, was sie tun mussten, noch mehrmals in dieser Nacht.

      Am nächsten Morgen versammelten sie sich mit den anderen und jeder wusste, dass Bronwyn und Kendric, jetzt und in alle Zukunft, zusammengehörten.

      Weit von ihrem Zuhause lockte die Ferne, das bessere Leben.

      »Labhruinn, ich danke dir. Jetzt muss ich in der Fremde das finden, wohin es mich zieht.« Kendric stand dem alten Druiden in lockerer Umarmung gegenüber. Die Zeit des Abschieds nahte.

      »Du warst mir immer der Sohn, den mir Mutter Erde nicht geben mochte. Gehe in Frieden, damit dein Geist zur Ruhe kommt.« Labhruinns Augen glänzten gerührt.

      »Wie soll ich das verstehen?« Kendric schaute den Lehrmeister verständnislos an.

      »In die Anderwelt gelangen nur die unruhigen Gedanken. Nur wenige außergewöhnliche Menschen drangen bisher in das Geheimnis der Natur ein. Sieh dich vor. Die Macht unserer Mutter Erde kann dich zerstören.« Labhruinns Augen ruhten mitleidig und hellseherisch auf ihm.

      »Dessen bin ich mir bewusst. Aus diesem Grunde muss ich auch in eine andere Zukunft, als sie mich hier erwartet.«

      Kendric überzeugte in den letzten Wochen Männer und Frauen des Stammes, mit ihm zu ziehen. Er beschrieb die neue Heimat in den anschaulichsten Bildern, obwohl