#FOR99DAYS. Tommy Warzecha

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Название #FOR99DAYS
Автор произведения Tommy Warzecha
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783737512794



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sie auch nur peripher genutzt wird, aber das ist mein Name und ich werde darum kämpfen, dass VERSVS auch Versus bleibt in meinen Fittichen!

      Nun widme ich mich aber meinem Wochenende und Klappe das digitale Buch für heute zu. Genügend Offenheit heute preisgegeben.

      LESBISCH, LESBISCH UND EIN BISSCHEN SCHWUL

      ——

      Ja, es geht: Den CSD nüchtern zu ertragen mit keinem Tropfen Alkohol. Vom Kopf her war mir dabei etwas ulkig, denn es tummeln sich nicht nur urige Gestalten, sondern auch Menschenmassen rundherum um dem Jakobsplatz in Nürnberg, wenn die Schwulen und Lesben Ihre Roben zur Schau tragen und öffentlich schwul sein können, dürfen, möchten und sollen. Alle Jahre wieder am ersten Augustwochenende standen wir auch diesmal im etwas kleineren Kreise nahe des Bahnhofs und warteten bis der Umzug vorbeizog mit skurrilen Leuten und lauter Musik. Die Parade an sich dauerte 13 Minuten und 23 Sekunden – ich habe Sie auf Video gebannt und dafür recht sparsam mit nur 57 Bildern den Christopher Street Day verewigt. Diesmal sind es nicht, wie in den Jahren zuvor hunderte von Bildern, sondern nur wenige – die noch nicht mal perfekt ausgerichtet; sondern eher wahllos den Auslöser betätigt. Vielleicht war ich ja zu sehr abgelenkt von den sich durch die Menge quetschenden Leuten auf der Suche nach Schatten oder Trinken bei den hitzigen Temperaturen, dass ich nicht wirklich in der Stimmung war viele Bilder zu machen; außerdem fehlt ja immer ein Bild von mir :-) Und ich als Narziss möchte mich ja auch bei dem bunten Partyvolk erblicken. Sporadisch wäre das richtige Wort meines Outfits heute, was nicht aus Glitzerfummel oder kleinem Schwarzen bestand sondern sehr legere [fast schon untypisch für mich so aus dem Haus zu gehen] zumal ich mir ja vorgenommen hatte! dass ich meine enge Latzhose anziehe – doch da ich darin wahrscheinlich erstickt oder im Schwitz ertrunken wäre, hab ich mich doch für etwas Lockeres entschieden: weißes Unterhemd, Jeansshort und Turnschuhe – fertig war der Lack. Habe mich echt wohl darin gefühlt und es saß nicht schwuchtelig oder hauteng. Immerhin habe ich ja auch ein paar Speckrollen zu verstecken, die ich aber geschickt kaschiere. Davon hätten sich allerdings mindestens 80% eine Scheibe von abschneiden können! denn da hat so gut wie nichts zusammengepasst. Soviel Modesünden wie ich heute daher trappen sehen habe sorgt dafür, dass ich jetzt noch exzentrischer meinen Kleidungsstil bestimme. Das ist sicher: somit sollte ich morgens bereits um Fünf Uhr aufstehen, da die Auswahl vor dem Kleiderschrank sicher um locker 25 Minuten plus mehr eingeplant werden muss… Das war Augenkrebs pur – aber das Schönste an solchen kunterbunten Veranstaltungen ist es, wenn man darüber lästern kann, was andere anhaben [oder besser nicht angezogen hätten] oder wie sie sich geben. Das Getümmel gut überstanden mit Wasser und Cola, vielen Lachern und netter Unterhaltung wird sich jetzt aufs Sofa gepflanzt. Und ganz sicher auch im nächsten Jahr wird mitgefeiert, dann aber sicher mit ein paar Gläsern zum Anstoßen, denn ganz nüchtern war es sehr grenzwertig. Lustig ist auch immer das provokant wollende Bühnenprogramm, sofern man es registriert oder mitbekommt. Eine furchtbar schlecht gecoverte Einlage von einem Coldplay-Song, der miserabel und typisch schwul nachgesungen wurde sorgte mächtig für Gesprächsstoff bei uns in der Runde und für grandioses Weghören und lauthals Lacher. Wenn es danach geht, dann singe ich nächstes Jahr mit meinem Dior Kleidchen und meiner schrillen Stimme auch etwas tolles. Vielleicht “Atemlos” den von überall aus jeder Ecke ertönenden Song von der blonden (ich weiß ihren unbedeutenden Namen nicht mal) doch jetzt: die Fischer Helene auf die die Schwulen ja alle so abfahren [meine Wenigkeit ausgenommen; zu lalalavolksmusikmässig, zu Mainstream - einfach nicht mein Ding] aber mir muss ja auch nicht alles gefallen. Als die Parade vorbei war, haben wir noch ein wenig von dem Bardentreffen mitbekommen; unweit und nur maximal zwanzig Schritte gezählt vom bunten Treiben spielte ein Trio mit Gitarre & Geige weiche, aber betörende Töne – sehr schön. Allerdings muss man für das auch Muse haben und die waren ja jenseits von Ästhetik und Ruhe. Lesbisch, lesbisch und beim bisschen schwul war der allgemeine Look beim Straßenfest. Die Damen [alle mit gleichem Haarschnitt - ist das wohl ein Trend?] und fast identischen Klamotten hatten die Oberhand auf dem Platz, es gab auch ein paar hübsche Mannsbilder zu entdecken, aber die sind auch nur vorbeigeflogen und hatten wohl wirres im Kopf – oder Blut. Außerdem habe ich ja meinen Schatz dabei gehabt und wenn ich so in die Menschenmasse Blicke bin ich echt stolz darauf einen so gut aussehenden und sexy Mann mein nennen zu dürfen; das macht ich echt glücklich und stolz. Da können noch so hübsche, mit definierte Bauchmuskeln oder hübsche Fressen stehen -keine Chance.

      AUF DEN BODEN DER TATSACHEN

      ——

      nachdem ich mich gestern frivol über den diesjährigen CSD ausgelassen habe, empfinde ich heute schon wieder ganz anders und nehme mein Schimpfen zurück. Nachdenklich geworden? Nö, das nicht. Aber die Festlichkeit dient ja dem Zweck, das miteinander zu starken und heute, als ich so bei den ganzen Gimmicks die es kostenlos gab inform von Auslagen oder Typen die Handzettel verteilten war eine Postkarte mit zutreffend tollem Spruch darauf: “Wann hast du dich entschieden hetero zu sein?” Die glaube ich oft gestellte Frage gegenüber eines schwulen Pärchen ist eine zum Schmunzeln: wer von euch ist die Frau? Hier eine schnelle Antwort: keiner! Wir sind Männer und haben deswegen keine Frau im Bett oder an unserer Seite! Lachhaft, wer tatsächlich glaubt es gibt eine Rollenverteilung. Sicher gibt’s beim ein oder anderen feminine Züge oder wird bestärkt durch tuckiges Getue; was aber längst noch keine Schlussfolgerung dafür ist, dass man nur hinhält [oder noch provokanter: ficken lässt] tja, Vorurteile gibt es zu häuf – aber liegt es daran, dass man gar nicht tiefer in die Materie eindringen will oder sich beschäftigen möchte? Kommt vielleicht ein wenig durch die Gesellschaft oder den eintönigen Medien die ohnehin alles verschweigen, ausblenden oder zur Frage stellen was anders ist als normal. Pures Desinteresse? was ja manchmal nicht verkehrt ist, aber genügend Raum für Spekulationen lässt… Aber was ist normal? Jeder macht sich zu seinem eigenen Bild eines der /Schrägstrich/ seiner Normalität. Wie dem auch sei: ich mag ja auch nicht alles essen oder alle Farben. Deshalb ist es doch aber nicht gleich negativ, abstrakt oder komisch, weil ich schwarz als Farbe mag und andere wiederum nicht. Dabei mag ich auch Pink und grün – selbst beige find ich interessant. Was ist verdammt anders als bei anderen? Nur weil du für dich entschieden hast ‘blau’ zu deiner Lieblingsfarbe auserkoren hast? Andere hingegen mögen rot oder orange – mir ist das schnurzpiepegal. Ich habe ein bisschen den Fäden verloren; obwohl ich meine Beine schon über die Brüstung gelegt habe. Heute schreibe ich vom Balkon aus, denn ich habe festgestellt, dass obwohl einer vorhanden mit ständig Sonne darauf, dieser viel zu wenig genutzt wird. Dabei ist es so schön draußen zu sein und doch nicht das Haus verlassen zu müssen! In den Ohren wummert ‘Beirut’ mit stimmigen Klängen und mein Kaffee schmeckt auch prima bei Tageslicht. Hmmm… wollt jetzt noch ein klein bissel über die Stimmung hier draußen schreiben, doch es ist so unbeschreiblich frei und irgendwie nicht angemessen das in Wort oder Bild festzuhalten. Das kann mYn nicht zwingend in die Zeilen transportieren – nur fühlen, wenn man das jetzt gerade erlebt, wenn die Sonne noch ordentlich Wucht hat und auf die Beine scheint, dabei aber weder ins Gesicht brennt oder das Display zum Schreiben unkenntlich spiegelt, sondern wohlig warm die Füße benetzt mit Wärme und nötigem Licht. Es ist realistisch scharf gezeichnet – alles was ich mit den Augen und alle Augenblicke verströmt immer ein kleiner Windhauch die Härchen am Bein und kühlt. Sehr sehr entspannend und einladend zum Weiterschreiben und Gedanken umherschwirren lassen. Da ist das Schreiben fast Nebensache im jetzigen Moment, da ich konzentriert bin auf die Klänge im Ohr. Hoffentlich schreibe ich keinen zu zensierenden Mist oder nötigen zu korrigierenden Wirrwarr. So kann von mir aus jeder Tag ausklingen. Fühle mich sehr glücklich und geerdet – und das wohlgemerkt aus dem vierten Stock.

      Wenn ich mich gesammelt habe und dann unter die Dusche verfrachtet bin, mache ich mich auf den Weg zu Schnuck-Puz und einer lieben Arbeitskollegin zum Manti essen. Freu mich die beiden außerhalb der Arbeits-Mauern [a.k.a. Trennwände] zu sehen und treffen. Fleißig war ich heute auch, um am Titel erneut anzuknüpfen: auf den Boden der Tatsachen – [Hinzugefügt: sauberen Boden] denn mein Putzeinsatz am Sonntag ist auch beendet. Tja, da bin ich voll die Hausfrau – mag es, wenn’s sauber ist! Werde jetzt noch ein paar Minuten die Gedanken schweifen lassen und -wie sonst auch alles- mal ein Bild von meinen großen Füßen machen wie die rüber bammeln vom Geländer. Zuletzt kann ich mich daran erinnern, wie ich auf dem Balkon immer mein Glas Wein oder Prosecco geschlürft habe; diesmal ohne – dafür inzwischen