Blutige Nordlichter. Julia Susanne Yovanna Brühl

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Название Blutige Nordlichter
Автор произведения Julia Susanne Yovanna Brühl
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783741895944



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um eine Touristin handelte, war einfach die größte. Also benutzte man die Allerweltssprache. So einfach war das.

      Doch Janina studierte zufälligerweise indogermanische Sprachen und als sie ihm in fließendem Norwegisch eine knappe Schilderung ihrer Lage gab und ihn inständig darum bat, zu der nächsten Polizeistation gebracht zu werden, hob er verblüfft die Augenbrauen.

      Der zottelige Elch stellte sich als Peer vor und bot ihr mit einer einladenden Geste an, auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen. Er versprach, sie zur nächsten Ortschaft mitzunehmen, bot ihr einen Schluck aus seiner Thermoskanne an, den sie kopfschüttelnd ablehnte und fuhr los.

      „Es ist nun nicht mehr weit, wir sind in einer Minute da“, brummte Peer wohl schon zum hundertsten Mal in seinen zauseligen angegrauten Bart.

      Janina nickte und bemühte sich, ihm dankbar zuzulächeln, doch das misslang ihr wohl kläglich, denn der dicke Mann auf dem Fahrersitz richtete seinen Blick rasch wieder auf die Straße.

      Ihre Sorge um Hendrik war einfach zu groß, um ein anständiges Lächeln zustande zu bekommen.

      Auf der Wache angekommen, bekam sie aus den Augenwinkeln mit, wie der LKW-Fahrer sich hastig einem fassförmigen Polizisten zuwandte, den er allem Anschein nach kannte, was sie nicht weiter wunderte.

      Aufgeregt sprach er auf den Beamten ein, während sie von dem anderen Herrn, offenbar dem leitenden Kommissar, in sein Büro gebeten wurde. Peer warf immer wieder neugierige Blicke in ihre Richtung. Glücklicherweise waren die beiden weit genug von ihr entfernt, sodass sie nicht mitanhören musste, was genau über sie gesprochen wurde. Es war ihr auch egal, was dieser hinterwäldlerische aber hilfsbereite LKW-Führer zu erzählen hatte. Sie hoffte nur, dass die Polizei ihr Glauben schenken würde.

      Doch diese Sorge war unbegründet. Kommissar Johnsen hörte ihr aufmerksam zu und schritt, nachdem sie geendet hatte, sofort zur Tat.

      Er hatte sie nur ein einziges Mal unterbrochen, als sie ihm die Geschehnisse berichtete:

      bei der Nennung des vollen Namens ihres Freundes.

      Sie musste ihn wiederholen, damit er sichergehen konnte, sie richtig verstanden zu haben. Anschließend stellte er ihr wenige, gezielte Fragen und versprach ihr, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um ihrem Freund zu helfen.

      Johnsen bat sie, im Vorraum zu warten, bis alles in die Wege geleitet war und sobald sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, trat sein Kollege und bester Freund Thor Weyn an seinen Schreibtisch.

      „Habe ich das richtig erlauscht? Hendrik Hendriksen? So soll ihr Freund heißen?“ Weyns Stirn hatte sich in tiefe Falten gelegt.

      „Ja, der Name ist in der Tat ungewöhnlich. Aber wenn er aus der Stadt kommt …“

      Johnsen hatte die Hände vor der Brust verschränkt und dachte nach.

      „Glaubst du ihr oder nicht?“

      Der Kommissar wog nachdenklich den Kopf hin und her.

      „Sie macht einen ziemlich erschöpften Eindruck. Aber ich halte sie für völlig klar im Kopf ... ich denke, ich glaube ihr. Es ist durchaus plausibel, dass sich ein Unfall der Art ereignet haben könnte, wie sie ihn beschrieben hat. Und was Namen angeht … es gibt weitaus bescheuertere.

      Sie ist nicht von hier und so wie sie aussieht, mag es durchaus stimmen, dass sie mehrere Stunden bei dem Sauwetter durch die Pampa gelaufen ist.“

      Weyn nickte zustimmend.

      „Wenn wirklich jemand verletzt irgendwo im Fjell liegen sollte, müssen wir auf jeden Fall etwas unternehmen. Wir dürfen das Risiko nicht eingehen, dass dort draußen jemand verreckt!“

      Entschlossen erhob Johnsen sich von seinem Stuhl.

      „Also los, an die Arbeit, Thor!“

      Nicht ohne eine gewisse Aufregung stellten die beiden in kurzer Zeit eine achtköpfige Mannschaft zusammen.

      Eine Rettungsmannschaft mit Helikopter und allem Drum und Dran. So viel Betriebsamkeit hatte das Präsidium schon lange nicht mehr erlebt. Beinahe freute man sich darüber. Endlich war hier mal etwas los!

      In einer Region, in der gerade einmal 9662 Menschen lebten, gab es nicht allzu viele Unfälle; Morde geschahen in dieser friedlichen Region noch seltener. Das war der Grund, weshalb der Kriminalhauptkommissar Jørn Johnsen auch ̶ oder besser gesagt: hauptsächlich ̶ andere, nicht kriminalistische Einsätze, leitete. So furchtbar sich die Geschichte der jungen Frau auch anhörte, Johnsen freute sich geradezu darauf, im Helikopter zu sitzen und endlich etwas Spannendes zu tun.

      Natürlich musste Janina mitfliegen, sie war ja die Einzige, die die Stelle kannte, an der Hendrik verunglückt war. Nervös klebte sie an der Fensterscheibe und starrte stumm durch die Regentropfen, die in Bächen am Glas herunterrannen auf die Moorlandschaft unter sich.

      Immer wieder legte ihr Johnsen, der neben ihr Platz genommen hatte, beruhigend eine Hand auf die Schulter und Janina gab sich die allergrößte Mühe, annähernd gefasst zu wirken, so wenig sie es in ihrem Inneren auch war.

      Um ihre vor Nervosität pausenlos zitternden Finger zitterten vor den anderen zu verbergen, versteckte sie die Hände in ihren Jackentaschen.

      Ihr gegenüber hatte der Arzt Platz genommen. Er sollte vor Ort Erste Hilfe leisten und Hendrik während des Weiterfluges ins Krankenhaus versorgen.

      Sein Anblick beruhigte Janina jedoch keineswegs. Misstrauisch hatte sie den Mann mit den schlecht geschnittenen Haaren, die an den Schläfen bereits sehr licht wurden, beäugt, als er auf Johnsens Anruf hin am Helikopterstartplatz erschienen war.

      Der Arzt hatte ein Gerstenkorn an seinem rechten Augenlid und eine knarzende Stimme wie eine rostige alte Tür. Beim Rasieren hatte er sich geschnitten und ein weißes Pflaster zierte sein faltiges Kinn. Zumindest Pflaster kann er schon mal korrekt aufkleben, dachte Janina und wunderte sich sogleich darüber, dass sie in dieser Situation zu solchen Anflügen an Sarkasmus in der Lage war.

      Sie wendete angeekelt den Blick von ihm ab und hoffte, dass seine medizinischen Fähigkeiten besser waren als seine Rasierkünste. Zumindest sollten sie ausreichen, um Hendriks Schmerzen bis zum Erreichen des Hospitals wenigstens einigermaßen zu lindern.

      Trotz der tiefhängenden Wolken und der veränderten Perspektive aus der Luft, erkannte sie die Stelle sofort wieder. Es war am Ostufer des Hundalvatnet, eines großen Sees Luftlinie nur etwa zehn km von Mosjøen entfernt. Luftlinie, wohlgemerkt. Sie jedoch hatte den verschlungenen Weg über teils nicht erkennbare Pfade bis zur E6 zwanzig km südlich dieses Ortes nehmen müssen, also mehr als das Doppelte! Gute acht Stunden hatte ihr Gewaltmarsch gedauert. Nun war es bereits nach Mitternacht, doch Dank der Wintersonne war es immer noch hell.

      „Da!“, rief sie aufgeregt, als sie eine krumme Birke wiedererkannte und tippte wie wild an die Glasscheibe, wo sie mit ihrem Finger Abdrücke hinterließ.

      „Hier unten!“

      Sie zappelte aufgeregt auf ihrem Sitz herum. Jede Spur von der Erschöpfung, die sie im Präsidium überkommen hatte, war plötzlich von ihr abgefallen.

      Hier war sie, die Stelle, an der sie ihren Rucksack ausgeleert und nur das Allernötigste mitgenommen hatte, um schneller fortzukommen. Der fast leere Rucksack hatte so gut wie nichts mehr gewogen. Sie hatte nur ihr GPS, ein (leider nutzloses, da sie hier keinen Empfang bekommen hatte), ihr Handy, ihre Feldflasche und für alle Fälle den Kompass drin gelassen. Und diversen Kleinkram, für den sie sich einfach nicht die Zeit genommen hatte, ihn auszusortieren und den sie einfach drin gelassen hatte.

      Der Pilot nickte, steuerte den Helikopter über den Abgrund hinaus und ging nun unterhalb davon vorsichtig, Stück für Stück, die steile Klippe entlang, immer weiter hinunter.

      Alle Augen richteten sich gespannt auf den Klippenrand, an dessen oberen Ende ein weißer Sack zu erkennen war. Das war die große Tüte, in dem sie ihren Rucksackinhalt verborgen hatte.

      Dann sahen es alle