Coloman. Ralf Lothar Knop

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Название Coloman
Автор произведения Ralf Lothar Knop
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754184844



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      Deshalb hat es so gut getan, dass du mich in deinem Brief umarmt hast, dass du dir die Erlaubnis gegeben hast, mich zu umarmen, auch ich gebe dir die Erlaubnis, mich zu umarmen, aber brauchen wir denn wirklich eine Erlaubnis, um einen Menschen zu umarmen? Hat Jesus die Menschen gefragt, ob er sie umarmen darf? Es war ihm doch vollkommen gleichgültig, ob die Menschen geliebt werden wollen oder nicht, die Liebe fragt schließlich nicht um Erlaubnis.

      Liebe Belinda, ich umarme dich. Ich bin dankbar, dass es dich gibt, ohne dich würde die Welt im Mangel leben, sie wäre mangelhaft. Ich danke dir, dass du mich enttäuscht und mich aus meinem Stumpfsinn, den ich für Zufriedenheit gehalten habe, herausgeholt hast und wieder Spannung und Aufregung in mein Leben gebracht hast. Mein Leben ist dadurch wieder viel schwerer geworden und es ist jetzt wieder lebenswert.

      Ganz liebe Grüße aus der Anstalt

      Coloman

      Lieber Coloman,

      du kannst dir nicht vorstellen, wie überglücklich ich war, als ich heute Nachmittag deinen Brief in meinem Briekasten fand. Ich habe ihn auf meinen Küchentisch gelegt und erst einmal eine Tasse Kaffee gekocht, um mich dann ganz entspannt deinem Brief widmen zu können.

      Bei unserem Gespräch kam deine Zustimmung zu einem Briefwechsel so zaghaft, dass ich mir zwar sicher war, dass du irgendwann antworten würdest, aber ich hätte niemals damit gerechnet, dass es so schnell sein würde. Außerdem hattest du mich als „ganz kleinen Hoffnungsschimmer“ in deinem Leben bezeichnet und deshalb war ich unglaublich froh über die letzten Worte in deinem Brief.

      Im Gegensatz zu dir konnte ich mich als Kind und auch noch als Jugendliche nie über mangelnde Anerkennung beklagen, aber je älter ich wurde, desto weniger Anerkennung bekam ich. Wahrscheinlich ist das bei Erwachsenen ja normal. Gerade in meinem Beruf wird man viel öfter kritisiert als gelobt, egal ob von Schülern oder Eltern.

      Wenn Eltern um ein Gespräch bitten, dann denke ich meist spontan, was habe ich denn jetzt wieder falsch gemacht und für schlechte Noten bin sowieso immer ich verantwortlich. Bei den Kolleginnen und Kollegen habe ich nur zu denen ein gutes Verhältnis, die nicht befördert werden wollen, von allen anderen wird man eher kritisiert als gelobt, besonders wenn der Schulleiter anwesend ist.

      Ich weiß nicht, ob dich das alles überhaupt interessiert, andererseits hast du, wie du mir erzählt hast, ja genügend eigene Erfahrungen in verschiedenen Berufen.

      Deine Ausführungen über meine Phantasien meinen fiktiven Vater betreffend sind natürlich insofern richtig, als darin ein sehr intensives Gefühl zum Ausdruck kommt, aber das heißt nicht, dass es immer sehr angenehm ist. Vor allem ist es häufig mit einer starken Wut verbunden, zum einen Wut auf meinen Vater, der offensichtlich herum vögelt, ohne sich die geringsten Gedanken über die möglichen Folgen zu machen und zum anderen auf meine Mutter, die genauso wie mein Vater nicht an die Folgen ihres Handelns gedacht hat.

      Die Wut auf meine Mutter wird dadurch noch verstärkt, dass sie ja die Möglichkeit gehabt hätte, herauszufinden, wer mein Vater ist. Diese Anstrengung wäre sie mir einfach schuldig gewesen, sie hätte wissen müssen, dass ich früher oder später fragen würde, wer mein Vater ist. Darauf habe ich sie schon des Öfteren angesprochen und sie hat immer dieselbe Antwort parat: „Elisabeth ist dein Vater.“ Auch zu Elisabeth habe ich eine sehr starke emotionale Bindung, aber sie ist eben nicht mein Vater, die Hälfte meiner Gene stammen von meiner Mutter Johanna und die andere Hälfte stammt eben nicht von Elisabeth, sondern von meinem biologischen Vater.

      Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es einen großen Unterschied macht, ob ein Vater nur in der Phantasie oder eben auch in der Realität vorhanden ist. Ich verstehe zwar deine Unterscheidung zwischen Wirklichkeit und Realität, aber in deinem Fall hat deine Wirklichkeit eben eine wie auch immer geartete Beziehung zur Realität, während es diese Verbindung in meinem Fall überhaupt nicht gibt.

      Ich bin kein sehr religiöser Mensch, aber deine Bemerkungen über Jesus haben mir gefallen. Bisher hat man mir immer erzählt, dass da ein Mensch für mich gestorben sei und genau das möchte ich nicht, ich möchte nicht für den Tod eines anderen Menschen verantwortlich sein. Außerdem soll er für meine Sünden gestorben sein, was denn für Sünden, ich habe gar keine Sünden begangen und wenn doch, dann möchte ich selbst dafür gerade stehen. Die Verantwortung für mein Leben liegt doch ganz alleine bei mir. Aber das, was du sagst, kann ich akzeptieren, Jesus steht für eine allumfassende Liebe.

      Ich habe für die nächste Woche einen Besuchsantrag gestellt und hoffe, dass du damit einverstanden bist. Es ist wunderschön, deinen Brief zu lesen und Briefe haben den Vorteil, dass man sie immer wieder lesen kann, aber dabei fehlt natürlich der Gesichtsausdruck des Gegenübers, seine Mimik, die oft noch viel mehr aussagt als die Worte. Zwar habe ich beim Lesen dein Bild vor Augen, aber es ist eben ein Bild, das nicht mit den Worten in Verbindung steht. Deswegen freue ich mich schon jetzt auf meinen nächsten Besuch.

      Ganz liebe Grüße

      Deine Belinda

      Liebe Belinda,

      du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich mich darüber gefreut habe, so schnell eine Antwort von dir zu bekommen und ganz besonders habe ich mich gefreut, dass du mich besuchen möchtest. Natürlich bin ich damit einverstanden, was sage ich, du bist herzlich bei mir willkommen, ich sehne mich nach deinem Besuch. Bitte verstehe mich nicht falsch, du bist kein Hoffnungsschimmer, sondern deine unglaubliche Schönheit ist für mich wie der strahlende Sonnenschein des Sommers, der in meinem Winter Einzug hält. Natürlich sind es deine Worte, die mich erfreuen, aber dein Anblick verwandelt diese Worte zu einem sanften, warmen Sommerwind, der die Kälte aus meiner Zelle vertreibt und sie durch deinen milden Atem ersetzt.

      Es war durchaus nicht meine Absicht, deine Nöte klein zu reden, ich wollte sie eigentlich auch nicht mit meinen vergleichen, im Gegenteil, ich weiß nur zu genau, dass man die Sorgen und Nöte eines Menschen überhaupt nicht verstehen und nachempfinden kann, wenn man selbst nicht das Gleiche erlebt hat. Ich bin sehr dankbar, dass du mich gesucht und gefunden hast. Natürlich kennen wir uns erst seit kurzer Zeit, auch wenn sich unsere Wege wohl früher schon einmal gekreuzt haben, aber ich habe jetzt schon das Gefühl, dass wir zwei Seelenverwandte sind.

      Apropos „gekreuzt“, wenn meine Worte auf dich den Eindruck gemacht haben, dass ich ein religiöser Mensch sei, so ist dieser Eindruck falsch oder er ist es eben doch nicht. Ich bin nur nicht religiös im Sinne irgendeiner Kirche, sondern habe meine eigenen Vorstellungen und die stimmen genau mit dem überein, was du zum Kreuz gesagt hast.

      Verzeih mir, wenn ich dieses Mal nicht so viel schreibe, aber es gibt für mich eine Menge Dinge, die ich erst einmal verarbeiten muss und das muss ich immer erst mit mir alleine machen, bevor ich darüber reden kann.

      Ich freue mich auf deinen Besuch.

      Sei ganz herzlich gegrüßt und umarmt

      Dein Coloman

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