Coloman. Ralf Lothar Knop

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Название Coloman
Автор произведения Ralf Lothar Knop
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754184844



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      Ralf Lothar Knop

      Coloman

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Vatermord

       Der Anfang

       Der Prozess

       Der Traum

       Briefe

       Der Besuch

       Familienplanung

       Die Hochzeit

       Schwangerschaft

       Damian

       Bewährung

       Alltag

       Trennung

       Absturz

       Therapie

       Déjà-vu

       Entscheidung

       Belinda

       Vater und Sohn

       Erlösung

       Impressum neobooks

      Vatermord

      Ralf Lothar Knop

      Coloman

      Roman

      Für meinen Vater, der mir mein Leben gegeben und genommen hat.

      They give birth astride of a grave,

      the light gleams an instant,

      then it’s night once more.

       Samuel Beckett

      Jeder Mensch sucht sich seine Eltern selbst aus.

      Wenn dieser Satz, den sein Vater ihm immer wieder um die Ohren gehauen hat, stimmen würde, warum hat er dann seinen eigenen Vater erschlagen, warum liegt sein Vater jetzt vor ihm in seinem eigenen Blut? Und warum versucht er zu vergessen, dass er sein Vater war?

      Sein Vater hatte auf jede Frage eine Antwort, und doch blieben so viele Fragen unbeantwortet, weil alle seine Antworten für die Ewigkeit waren. Jeder Mensch sucht sich seine Eltern selbst aus. Als ob das auch nur ein einziges seiner Probleme gelöst hätte oder ihm wenigstens den Weg gezeigt hätte.

      Der Weg ist das Ziel.

      Auch diese Weisheit haute sein Vater ihm fast täglich um die Ohren. Der Weg ist das Ziel, als ob er auch nur einen einzigen Tag davon hätte leben können. Es gibt so viele Wege und kein einziger schien der richtige für ihn zu sein. Wer sagte ihm denn nur, welchen Weg er gehen soll? Wer? Wer? Wer?

      Verreckt ist er wie ein Hund. Verreckt, weil er ihn nicht mehr ertragen konnte mit all seiner Weisheit und all seiner Erbärmlichkeit. Hatte er tatsächlich noch gesagt: „Ich liebe dich?“ Aber warum hatte er das denn niemals zu seinen Lebzeiten gesagt? „Drück beim Gehen die Knie durch“, das war der größte Liebesbeweis, an den er sich erinnern konnte. Er musste sich getäuscht haben, es muss ihm doch bewusst geworden sein, dass es sein Sohn war, der ihn da erschlug, sein eigener Sohn.

      Stets hatte er versucht, allen einzureden, dass er nur an die anderen denke, obwohl es für ihn doch nichts Wichtigeres gab als ihn selbst.

      Nimm dich nicht so wichtig.

      Das sagte ausgerechnet er, der immer und überall im Mittelpunkt stehen musste und der auch nicht die geringste Kritik an seiner eigenen Person duldete, ohne dem anderen das Gefühl zu vermitteln, dass er soeben ein schweres Vergehen begangen hatte.

      Oh ja, das konnte er. Reden konnte er. Er war ein Meister der Rhetorik. Viele Menschen hörten ihm gerne zu, weil er es verstand, für alles so treffende und vor allem beeindruckende Ausdrücke zu finden, ohne dass er lange nachdachte. Es gab nur wenige, denen seine argumentativen Taschenspielertricks auffielen, die merkten, wenn er sie argumentativ übers Ohr gehauen hatte, weil er die Sprache wie eine Klaviatur beherrschte und weil er mit der Sprache und den Menschen nur spielte.

      Und nun lag er da und sagte kein einziges Wort. Die Sprache ist ihm im Halse verreckt. Er hat sein Ziel erreicht.

      Der Weg war zu Ende.

      Der Anfang

      Von Anfang an hat Coloman jeden Druck, den andere Menschen auf ihn ausübten, abgelehnt. Es war Heiligabend, als er zum ersten Mal zur Gegenwehr ansetzte. Als seine Mutter versuchte, ihn mit einem enormen Druck in diese Welt zu pressen, hat er seine Nabelschnur mit seiner Faust so fest gegen den Hals gedrückt, dass er keinen Sauerstoff mehr bekam. Als die Hebamme merkte, dass sich sein Herzschlag verringerte, hat sie seine Mutter aufgefordert, den Druck zu erhöhen, sodass sein Widerstand schließlich zusammenbrach. Immerhin hatte er es geschafft, vollkommen blau in diese Welt zu treten, aber die Hebamme verführte ihn mit einer sanften Massage dazu, diese Welt einzuatmen.

      Nachdem es ihm Heiligabend nicht gelungen war, seinen Auftritt in dieser Welt zu verhindern, unternahm er schon am Neujahrsmorgen einen weiteren Versuch, diese Welt wieder zu verlassen, indem er sich schwere Verbrennungen zuzog. Auf der endlosen Fahrt ins Krankenhaus gab er trotz ungeheurer Schmerzen nur ein ganz leises Wimmern von sich, denn er wollte auf keinen Fall irgendein Mitleid.

      Auch in seinem späteren Leben hat er immer wieder große Schmerzen ertragen, ohne zu klagen, immer wieder hat er sich wie ein verletztes Tier verkrochen. Oft wollte er sich in seinem Vater verkriechen, aber der wollte nicht von ihm berührt werden, denn für seinen Vater war nichts so unerträglich wie eine Berührung, sodass auch Coloman schließlich jedem sagte: „Halte dich aus meinem Leben raus.“

      Im Krankenhaus führte man ihm eine Infusionsnadel in seinen Kopf und wieder konnte er sich nicht dagegen wehren, dass man ihm etwas einflößte, um ihn am Leben zu halten. Bis heute hat er nicht verstanden, warum Menschen immer wieder glauben, sie müssten etwas in ihn hineinstopfen, damit er ein richtiger Mensch wird, also damit er