Schuld und Sühne. Fjodor M. Dostojewski

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Название Schuld und Sühne
Автор произведения Fjodor M. Dostojewski
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754174456



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      »Wirklich!« rief Koch erstaunt aus. »Was treiben die aber da?« Und er zerrte wieder mit aller Kraft an der Klinke.

      »Warten Sie!« sagte der junge Mann. »Ziehen Sie nicht! Wir haben ja geläutet und geklopft, sie sperren aber nicht auf. Folglich liegen beide in Ohnmacht, oder ...«

      »Was denn?«

      »Wir wollen den Hausknecht holen, damit er sie weckt.«

      »Gut!« Beide begannen die Treppe hinabzusteigen.

      »Warten Sie! Bleiben Sie hier, und ich gehe allein zum Hausknecht.«

      »Warum soll ich dableiben?«

      »Man kann nie wissen ...«

      »Sie haben vielleicht recht ...«

      »Ich will ja Untersuchungsrichter werden. Hier ist aber offenbar, offenbar etwas nicht in Ordnung!« Mit diesen Worten rannte er hinunter.

      Koch, der allein zurückblieb, rührte noch am Glockenzug. Die Klingel ertönte einmal. Dann faßte er langsam und nachdenklich die Klinke, drückte sie nieder und ließ sie los, um sich zu überzeugen, daß die Tür nur verriegelt sei. Dann beugte er sich keuchend zum Schlüsselloch, um hineinzusehen. Im Schloß steckte aber von innen der Schlüssel, folglich konnte er nichts sehen.

      Raskolnikow stand mit dem Beil in der Hand. Er fieberte und war bereit, wenn sie hereinkämen, Widerstand zu leisten. Während sie vor der Tür sprachen und klopften, kam ihm einige Male der Wunsch, schneller ein Ende zu machen und sie von seinem Posten aus anzurufen. Er wollte sogar schimpfen und sie necken, solange die Tür nicht aufgerissen war. »Daß nur alles schneller ein Ende nimmt!« ging es ihm durch den Kopf.

      »Daß ihn der Teufel ...«

      Es vergingen mehrere Minuten, niemand kam herauf. Koch wurde ungeduldig:

      »Daß ihn der Teufel!« schrie er plötzlich aus, gab seinen Posten auf und stieg ungeduldig, mit großem Lärm eilig die Treppe hinunter. Seine Schritte waren bald verhallt.

      »Mein Gott, was soll ich tun?«

      Raskolnikow riegelte auf, öffnete etwas die Tür und ging plötzlich, ohne sich Rechenschaft darüber zu geben, hinaus. Er schloß hinter sich die Tür und begann die Treppe hinunterzugehen.

      Als er drei Treppen hinter sich hatte, hörte er unten lärmen. Was tun? Er konnte sich nirgend verstecken. Er wollte zuerst wieder hinaufgehen.

      »Teufel! Haltet ihn!«

      Aus einer Wohnung ganz unten stürzte jemand wie verrückt heraus und lief – es war mehr ein Fallen – hinunter. Dabei schrie er wie besessen:

      »Mitjka! Mitjka! Mitjka! Mitjka! Mitjka! Daß dich der Teufel!«

      Das Schreien ging in Winseln über. Die letzten Töne klangen schon im Hof. Dann wurde alles still. In diesem Augenblick kamen aber mehrere Männer, die laut und eifrig sprachen, die Treppe hinauf. Es waren ihrer drei oder vier, Raskolnikow erkannte die Stimme des Jüngeren. »Das sind sie!«

      Verzweifelt und auf alles gefaßt ging er ihnen entgegen. Wenn sie ihn stellen – ist alles verloren; stellen sie ihn nicht, so ist auch alles verloren, denn sie werden ihn sich merken. Sie kamen immer näher, nun war nur noch eine Treppe zwischen ihm und ihnen; plötzlich – Rettung! – einige Stufen unter ihm steht die leere Wohnung offen; es ist jene Wohnung im ersten Stock, in der früher die Anstreicher arbeiteten, die jetzt – wie auf Bestellung – weggegangen sind. Den Lärm von vorhin machten wohl die Anstreicher, als sie die Wohnung verließen. Der Fußboden ist frisch gestrichen, mitten im Zimmer steht ein Kübel, liegt ein Topfscherben mit Farbe und ein Pinsel. Er schlich rasch in die offene Wohnung und verbarg sich hinter der Wand; es war auch die höchste Zeit, denn sie waren bereits an der Tür. Dann gingen sie, immer noch laut sprechend, zum vierten Stock hinauf. Er wartete ab, verließ auf den Fußspitzen die Wohnung und lief die Treppe hinunter.

      Auf der Treppe war kein Mensch! Auch im Torweg niemand! Er ging rasch durch das Tor und schwenkte nach links ab.

      Er wußte ganz genau, daß sie sich in diesem Augenblick schon in der Wohnung befanden, daß sie erstaunt waren, die Wohnung offen zu finden, während sie früher versperrt war, daß sie nun die Leichen entdeckt hatten und daß sie in höchstens einer Minute einsahen, daß der Mörder eben noch da war und sich nun irgendwo versteckt hatte; sie würden vielleicht darauf kommen, daß er sich in der leeren Wohnung versteckt gehalten hatte, während sie hinaufgingen. Er wagte aber nicht, schneller zu gehen, obwohl die nächste Straßenecke höchstens hundert Schritte entfernt war. – Soll ich nicht in irgendeinen Torweg abschwenken oder auf einer unbekannten Straße abwarten? Nein, es ist gefährlich! Oder das Beil wegschmeißen? Oder eine Droschke nehmen? Es ist gefährlich ...

      Da war auch schon die Quergasse, er erreichte sie mehr tot als lebendig. Hier war er beinahe außer Gefahr; er sah es ein, denn hier konnte er schwerlich Verdacht erregen: auch war die Straße sehr belebt, und er verschwand vollkommen in der Menge. Alle inneren Qualen hatten ihn so schwach gemacht, daß er sich nur mit Mühe fortbewegte. Der Schweiß lief in Strömen, sein Hals war ganz durchnäßt. »Wie der besoffen ist!« rief ihm jemand zu, als er an den Kanal trat.

      Er ging wie im Traume, und mit jedem Augenblick wurde es schlimmer. Als er aber an den Kanal kam, erschrak er, weil da weniger Menschen waren und er daher mehr auffiel, und er versuchte wieder auf die Straße zu gelangen. Trotz seiner großen Schwäche machte er den Umweg, um aus einer anderen Richtung nach Hause zu kommen.

      Als er sein Tor passierte, war er nicht bei vollem Bewußtsein; das Beil fiel ihm erst dann ein, als er eine Treppe hinaufgestiegen war. Er hatte noch eine schwierige Aufgabe vor sich: er mußte das Beil zurücktragen und es unbemerkt auf den alten Platz legen. Er hatte nicht mehr die Kraft, zu überlegen, daß es durchaus nicht notwendig war, das Beil zurückzutragen, und daß er es später einmal auf irgendeinem fremden Hof fallen lassen konnte.

      Aber alles lief glücklich ab. Die Tür zur Hausknechtskammer war zu, aber nicht versperrt, der Hausknecht war also höchstwahrscheinlich zu Hause. Raskolnikow hatte aber jede Fähigkeit zu denken verloren; er ging direkt auf die Tür los und öffnete sie. Wenn ihn der Hausknecht gefragt hätte, was er wollte, so hätte er ihm wohl gleich das Beil gereicht. Der Hausknecht war aber wieder nicht da, Raskolnikow legte das Beil auf den alten Platz unter die Bank und verdeckte es mit einem Holzklotz. Auf dem Wege über die Stiege und in sein Zimmer traf er keinen Menschen; die Tür zum Zimmer der Wirtin war zu. Sobald er in sein Zimmer kam, fiel er sofort, so wie er war, auf sein Sofa nieder. Er schlief nicht, war aber bewußtlos. Wäre jetzt jemand in sein Zimmer getreten, so hätte er aufgeschrien. Fetzen und Bruchstücke von Gedanken zogen ihm durch den Kopf; es gelang ihm aber nicht, so sehr er sich auch anstrengte, bei irgendeinem dieser Gedanken stehen zu bleiben ...

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