Mannesstolz. Georg von Rotthausen

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Название Mannesstolz
Автор произведения Georg von Rotthausen
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783741805707



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      „Ich danke Ihnen für Ihre Auskunft. Sollte Ihnen doch noch etwas einfallen, hier haben Sie meine Karte. Bitte melden Sie sich gleich. Auch Kleinigkeiten sind wichtig.”

      Nicole nimmt wortlos die Karte, steckt sie ein und entfernt sich.

      Langeland dreht sich in die Richtung des Rufes. „Komme!” Er stapft auf seinen Chef zu. „Der Gast da hinten …“ Malvoisin folgt der angedeuteten Blicklinie Langelands Kopfdeuten. „… ist gestern abend noch am Strand spazieren gegangen, hat aber nichts gesehen, was uns weiterhelfen könnte. Aber …?”.

      Langeland sieht Malvoisin fragend an.

      „Fritz. Ruf’ mal die Schiffsdienste in Timmendorfer Strand an, daß sie heute vormittag hier nicht anlegen können. Die Brücke bleibt dicht.”

      Langeland verzieht sein Gesicht.

      „Na, das Gemaule wegen des entgangenen Umsatzes hör’ ich schon.”

      „Mach’s einfach.”

      Langeland zückt sein Handy.

      Inzwischen „eilt” die Spurensicherung herbei. Malvoisin entdeckt sie und geht gleich den ersten Kollegen an.

      „Moin Hans. Mensch, wo bleibt Ihr denn? Das ist hier doch nicht Brigadoon, das auf keiner Karte verzeichnet ist!”

      „Das mag ja sein, aber wir hatten drei Trecker vor uns und immer Gegenverkehr.”

      „Hat man Euch das Blaulicht weggenommen?”

      „Hast Du vergessen, wo wir hier sind?”

      Hans Nielsen sieht ihn grinsend an.

      „Vertell mol de Buern wat ‘ne Einsatzsirene is! Und wenn ich dem zugerufen hätte, wir müßten zu einem Tötungsdelikt, da sagt der glatt zurück: ‚Man jümmers sinnig, de is doch al dood, de hett nix mehr to vertellen’ und dann tuckert der gemütlich weiter. In Lübeck kannst de Lüüd mit Blaulicht beeindrucken, aber hier doch nich‘. Man jümmers suutje un damit is allens seggt.”

      Jetzt kann selbst Malvoisin sich ein Grienen nicht verkneifen und sagt bloß noch schulterklopfend: „Nu mook mol Dien Kram.”

      Malvoisin läßt die Spurensicherung ihre Arbeit machen und stapft zum Strandkorbhäuschen der Frau Horch. Sie steht bereits aufgeregt an der Sperre, neben ihr ihr Lebenspartner, der pensionierte Kriminalrat von Greiff.

      „Herr von Malvoisin, was ist denn nun los hier? Stimmt das mit dem Toten? Mein Mann sagte mir gerade, wir müßten mit bis zu sechs Stunden Sperre rechnen. Kommt das wohl hin?”

      Marga Horch bleibt auch angesichts der ungewöhnlichen und aufregenden Situation bei ihrer ruhigen und liebenswürdigen Art, die ihre Gäste so sehr an ihr schätzen. Nur ihr Gesicht weiß nicht so recht, ob es nun blaß oder von rötlich frischer Farbe sein soll. So wechselt es sie hin und her.

      „Moin, moin, liebe Frau Horch.”

      Malvoisin bleibt vor ihr stehen.

      „Es ist leider so. In Ihrem Korb 55 befindet sich die Leiche eines jungen Mannes … Moment.” Er unterbricht sich selbst.

      „Weber! WE-BER!”

      Augenblicke später.

      „Herr Hauptkommissar …”

      „Hier haben Sie mein Handy. Bild vom Toten, dann wieder zu mir. Hier draufdrücken.“

      „Für wie dämlich hält er mich! Jawohl, Herr Hauptkommissar! Bild vom Toten.“

      Weber stapft zum H 55 und verdreht die Augen.

      Malvoisin wendet sich Horch und Greiff zu.

      „In diesen unmittelbaren Abschnitt des Strandes einschließlich der Brücke können Ihre und dritte Gäste bis zum Ende der Spusi-Arbeit nicht. Es geht nicht anders.“

      „Sie werden sicher den Strandkorb mitnehmen müssen, Herr Kollege.“

      „Oh ja, das müssen wir, Herr Kriminalrat. Selten können wir einen Tatort abtransportieren, aber hier können und müssen wir. Sie bekommen ihn so bald als möglich zurück.“

      „Dürfen wir die Lücke mit einem Reservekorb auffüllen?“, fragt Frau Horch, besorgt über den möglichen Verdienstausfall. Dreißig €uro die Woche oder acht €uro Tageskorb − das ist auch Geld.

      „Aber selbstverständlich“, beeilt sich Malvoisin, sie zu beruhigen. „Sobald die Spusi ihre Arbeit beendet hat, der Sand durchgesiebt ist und wir abgezogen sind, steht dem nichts im Wege.“

      Horch und Greiff verständigen sich wortlos mit Blicken. Der Mann hat seinen Auftrag.

      „Herr Hauptkommissar. Bitte, Ihr Handy mit Bildern des Toten.“

      Hauptmeister Weber reicht Malvoisin das photographierende Telephon. Der hält es Horch und Greiff hin.

      „Kennen Sie den jungen Mann?“

      Das Vermieterehepaar betrachtet das Bild im Anzeigenfeld genau.

      „Tjoo“, setzt Frau Horch an. „Das ist doch einer der Rettungsschwimmer. Der zog alle Blicke auf sich, über ein Meter neunzig groß. Weißt Du nicht, wie er heißt?“ Marga Horch sieht ihren Mann an.

      „Jo, doch. Den hat hier mal jemand ‚Malte‘ gerufen, aber weiter weiß ich auch nicht.“

      Malvoisin ist zufrieden.

      „Danke. Sie haben uns schon sehr geholfen. Ich muß dann mal.“

      Malvoisin setzt seinen Rembrandt auf, verneigt sich kurz.

      „Denn tschüs zusammen, Und falls Ihnen zu dem Toten etwas einfällt …“

      Greiff macht stumm das Handzeichen des Telephonierens.

      „Danke. Wir sehen uns.“

      „Und viel Erfolg“, lächelt Frau Horch Malvoisin an.

      „Tja, mal sehn.“

      Malvoisin wendet sich ab und kehrt zum H 55 zurück.

      „Nee, is dat nich allens gresig“, hört er sie noch murmeln. Er sagt nichts, er sagt nie viel, ist in Gedanken schon auf dem Weg zum Strandkorblager.

      „Hans, was habt Ihr?”

      „Eine Reihe Fingerabdrücke, wenig frisches. Abgeriebene Sonnencreme, ein paar schwarze Haare in der Korbritze. Und auf den ersten Blick hat der Tote Salz auf der Haut …”

      „Das sagte Klinge schon, und die schwarzen Haare sind entweder vom Toten …”

      „Es sind lange Haare.”

      „… dann sind sie sehr wahrscheinlich von der Korbmieterin.” Malvoisin sieht sich um. „Kann Anderson den Toten jetzt mitnehmen?”

      „Photos haben wir, sonst auch alles. Übrigens, neben der Brücke muß einer sein Brett vor dem Kopf verloren haben. Erste Kollegenbefragungen haben nichts ergeben. Keiner vermißt eines.” Er grinst schelmisch. Malvoisins rechte Augenbraue fährt hoch. Ihm ist gerade nicht nach Witzen. Nielsen räuspert sich. „Wir nehmen es mal mit. Man könnte es für eine Planke halten, doch es ist nicht glatt. Aber ab dafür. Das Sandaussieben dauert noch ‘n Weilchen. Bringt vermutlich nur jede Menge alter Kippen, die die Schweinigels einfach in den Sand stecken. Methode ‚Wozu ‘nen kleinen Aschbecher festhalten, wenn ich für den großen Kurtaxe zahle‘.” Malvoisin sieht sich um und entdeckt, was er sucht.

      „Hans, die Korbmieterin steht da hinten am Strandkaufhaus. Nicole Neumayer heißt sie. Lauf man fix hin und laß Dir ‘ne Haarprobe geben; dann könnt Ihr sofort vergleichen.”

      Hans Nielsen rennt gleich los. Er erwischt die junge Frau noch. Sie sieht ihn erst überrascht an, zupft sich dann aber doch gleich Haare aus und läßt sie in die ihr hingehaltene Plastiktüte gleiten. Nielsen bedankt sich, Nicole verschränkt die Arme und geht mit gesenktem