EBQUIZEON - Die Welt hinter der Welt (2018). Andreas Bulgaropulos

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Название EBQUIZEON - Die Welt hinter der Welt (2018)
Автор произведения Andreas Bulgaropulos
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742744098



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da der Rest noch verschlüsselt ist. Mir geht es weniger um den Gesetzesverstoß als vielmehr um den Verbleib von Mr. Juppona … ähnlich wie er sind bereits mehrere Bürger verschwunden. Deshalb bin ich neugierig, ob er sich tatsächlich dort aufhält. Und falls nur die Frau erscheint, kann sie mir vielleicht etwas über den Händler erzählen. Wie gesagt, der Eintrag ist mir erst vor zwanzig Minuten aufgefallen. Da dies aber meine einzige Spur ist, möchte ich sie sofort überprüft wissen. Sonst würde ich Sie bestimmt nicht da rausjagen, Captain.«

      Harper zog seine Schutzjacke an. »Kein Problem, Ms. Vangristen. Unsere Ausrüstung ist für einen Kurzaufenthalt im Freien ausgelegt. Außerdem greifen wir der Sol Guard gerne unter die Arme. Was sollen wir mit Juppona oder der Lady anstellen, falls wir sie finden?«

      »Bringen Sie beide hierher zur ISGA. Und tun Sie mir den Gefallen und nähern sich dem Treffpunkt diskret, damit sich die Leute nicht aus dem Staub machen.«

      »Verstanden, Ma’am. Wir melden uns, wenn wir etwas haben.«

      »Gut, Eins-Eins-Vier. Sobald ich die Verschlüsselung vollständig geknackt habe und mir neue Details zu dem Treffen in die Finger kommen, lasse ich es Sie wissen. Viel Glück, Captain Harper. Vangristen Ende.«

      Der Com-Bildschirm verdunkelte sich.

      Aufgrund des Starkregens, der gegen die gewölbte Bioglas-Kanzel prasselte, konnten die beiden Offiziere die Landung ihres Fluggefährts nur unter Zuhilfenahme der holografischen Umgebungsprojektion auf der Kanzelscheibe verfolgen. Windstöße ließen die Maschine beiseite driften, wodurch sie sich gefährlich einer Felsformation näherte. Wenige Momente später erlangte der Bordcomputer die Kontrolle zurück und setzte den Gleiter, der die Form eines Bumerangs besaß, auf dem Schlammboden unweit einiger Gebäude auf.

      Die grell leuchtenden Triebwerke erloschen.

      Harper sprang aus dem Sitz. »Okay, gehen wir’s an, Lieutenant Dixon. Helm schließen. Sichtfilter und Restlichverstärkung ein. Tarnmodus aktivieren, damit uns die Zielpersonen nicht orten können. Waffen auf Betäubung. Und ab geht’s.«

      Um die Kanzel des Gleiters bildete sich ein unsichtbares Kraftfeld, in dem die zwei Soldaten ausstiegen. Nachdem das Cockpit wieder verschlossen und das Feld verschwunden war, riss der Sturm die beiden fast von den Füßen. Sie stapften los.

      Obwohl der weiche Untergrund ihr Vorankommen erschwerte, kämpften sich die Männer Stück für Stück durch die Naturgewalten. Mittels ihrer Helmvisiere, welche die Umgebung visuell verstärkten, machten sie die Umrisse eines sieben Meter hohen Flachdachbaus und fünfzig Meter dahinter diejenigen einer Gleiterbahnhaltestelle aus. Sehr vage erkannten sie in der Ferne den Schatten des stillgelegten Atmosphärenwandlers 37 aus der Frühzeit der Mondbesiedlung – ein Monstrum, sowohl die Ausmaße als auch die Technik betreffend.

      Schließlich erreichten sie das erste der zwei Gewächshäuser und näherten sich mit ihren Handfeuerwaffen im Anschlag. Die Hinweisschilder, die auf die historische Lokalität aufmerksam machten, registrierten sie nur nebenbei. Ohnehin waren zu dieser frühen Stunde, um 05:30 Uhr, keine Touristen zu erwarten.

      »Unglaublich«, murmelte Dixon über Helmfunk. »Die Dinger stehen noch … nach fast dreißig Jahren und bei dieser Hölle hier draußen.«

      Harper antwortete ebenso verhalten: »Qualität, Dixon. Dafür hat die Erdregierung beim Bau der Anlage gesorgt. Auch wenn die Extrembedingungen, unter denen die Siedler gegen Ende arbeiteten, nicht absehbar waren. Allerdings sollten die Gebäude nicht dem Wetter ausgesetzt sein. Offensichtlich sind die Kraftfelder defekt.«

      »Ja. Komisch. Wird den Touris gar nicht gefa…« Ein Blitz und das gleichzeitige Donnergrollen schnitten Dixon das Wort ab.

      Sein Vorgesetzter kniff die Augen zusammen. »Bewegung auf elf Uhr! Da, hinter der Scheibe … da war was. Still jetzt!«

      Sie stemmten sich gegen den Sturm und den strömenden Regen und suchten Deckung hinter einem Werkzeugschuppen. Ihre Schutzuniformen wechselten die Farben wie die eines Chamäleons, wodurch sie kaum von der Umgebung zu unterscheiden waren. Harper gab Dixon ein Handzeichen. Versetzt rückten sie zum Eingang des Gebäudes vor und schlichen durch den Schleusenbereich. Sekunden später standen sie in der Düsternis des Gewächshauses.

      Übergroße Pflanzenschatten ragten bis zur Decke empor. Der Wind heulte entfernt durch die Ritzen des Glasbaus.

      Die beiden Männer sicherten und orientierten sich nach allen Seiten. Niemand war zu sehen. Dennoch blieben sie wachsam.

      »Unheimlich still. Hey, Sir … schauen Sie sich das üppige Grünzeug an. Obwohl es nur knapp zehn Grad sind.«

      »Würde sagen, ein intaktes Ökosystem, Dixon. Interessantes Zeug haben die damals angepflanzt. Wenn die Schilde repariert sind, verbringe ich vielleicht meinen nächsten Urlaub hier.«

      Sein Untergebener lachte gedämpft. »Na klar. Ich kann mir schon das Gesicht Ihrer Frau vorstellen!«

      »Ich meinte eigentlich ohne meine Frau. Die könnte nämlich was dagegen haben, wenn ich das Kraut hier versuche zu rauchen.«

      »Was? Meinen Sie ehrlich, das kann man …«

      Harper unterbrach ihn trocken: »Kleiner Scherz, Lieutenant. Dachten Sie allen Ernstes, ich versaue mir mit so einer Aktion die Laufbahn? Augenblick …« Er überprüfte seinen Scanner. »Ein paar Tiere sind die einzigen Lebenszeichen auf meiner Anzeige. Keine Spur von dem Händler oder unserer Unbekannten. Gehen wir weiter rein.«

      »Roger, Sir.«

      Im Eingangsbereich knirschten ihre Schritte auf den gebrochenen Fliesen des Mosaikbodens, der einstmals mit viel Liebe zum Detail angelegt worden war. Rinnsale plätscherten von der Decke und bildeten Wasserlachen oder sickerten moosbedeckte Wände hinunter. Überall tropfte es, die Luft roch frisch und würzig.

      Sie balancierten eine glitschige Treppe hinunter und gelangten an ein Kontrollhäuschen, das mit seiner Absperrung ebenso antiquiert wie der Rest der Anlage wirkte und die Besucher im Zaum halten sollte. Harper und Dixon kletterten über das Hindernis und bahnten sich einen Weg durch verwilderte Gemüsebeete. Sie schlugen Gestrüpp beiseite, verhedderten sich im Efeu und betraten einen überwucherten Pfad, auf dem sie weiter in die Dunkelheit vordrangen.

      Geisterhaft bewegten sich die Spitzen der Sträucher und Bäume in der Zugluft, die durch einige zerbrochene Scheiben winselte. Die Blitze zuckten im Fünfsekundentakt auf und verliehen der Kulisse eine noch bedrohlichere Wirkung.

      Nach zwei Minuten erreichten die Offiziere ein Areal, auf dem Getreidebüschel wuchsen und ein verfallener Brunnen wie ein Unwesen am Boden kauerte. Der Platz markierte offensichtlich die Mitte des Gewächshauses und wurde von den Resten mehrerer Marktstände umringt.

      »Gebiet ist sicher, Sir. Wäre eigentlich ein guter Treffpunkt. Trotzdem nichts. Wärmeanzeige bei 1,7. Hier gibt’s nur Ratten … ansonsten nada.«

      »Tja, warten wir’s ab, Dixon. Ich bin mir nicht sicher, ob unsere Sensoren diesen Dschungel korrekt durchdringen. Wir trennen uns, gehen in einem Winkel von fünfundvierzig Grad auseinander und geradeaus durch. Drüben treffen wir uns wieder. Dann sehen wir weiter. Schließlich gibt’s auch noch ein zweites Gebäude.«

      »Verstanden. Initiiere Cross-Sight-Display. Bis gleich, Captain.«

      Nachdem sich in den Helmen der Männer Displays mit der Kamerasicht des anderen aktiviert hatten, überquerten sie den Platz, trennten sich und tauchten an unterschiedlichen Stellen in das Grün ein.

      Harper registrierte einen Anstieg der Feuchtigkeit. Das Licht der Blitze spiegelte sich auf tropfnassen, schweren Blättern. Außerdem sank die Temperatur. Der Offizier las sie bei nur noch 2 °C ab. Er passierte einen braun belaubten Baum, bemerkte weitere abgestorbene Pflanzen und machte halt. Langsam ließ er seinen Blick kreisen, doch durch die Restlichverstärkung seines Visiers wirkte alles gleich. Um sich einen besseren Überblick zu verschaffen, deaktivierte er sie.

      In dieser Sekunde sah er eine Bewegung im Unterholz nicht weit entfernt – eine leuchtende Gestalt, die im selben Augenblick wieder verschwunden war.