EBQUIZEON - Die Welt hinter der Welt (2018). Andreas Bulgaropulos

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Название EBQUIZEON - Die Welt hinter der Welt (2018)
Автор произведения Andreas Bulgaropulos
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742744098



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verursacht die Reinigungszelle einen Alarm und stellt um 04:15 Uhr die Arbeit ein. Die Überwachungskameras sind ausgefallen, weswegen die Zentrale keine Möglichkeit hat, den Grund zu erkennen. Also wird um 04:17 Uhr ein Techniker der Zellenwartung losgeschickt, der aber nie dort ankommt. Als um 04:26 Uhr die Kameras wieder funktionieren, jedoch der Techniker noch immer nicht vor Ort ist, wird ein zweiter Mann beauftragt, sich der Reparatur anzunehmen. Zwei Minuten danach sieht man auf den Monitoren den Frauenkörper zwischen den Kristallbrocken, und der zweite Techniker wird zurückgepfiffen. Der Sektionsleiter gibt an, die Leiche deshalb so spät entdeckt zu haben, weil nicht nur Splitter in ihr steckten, sondern sie die gleiche Hautfarbe wie die Kristalle hätte, nämlich blau. Sie besäße das Aussehen eines Menschen und blute aus Schnittwunden … aber ebenfalls blau, weswegen er sie für einen Droiden hielte.«

      Der Sol Guard-Chef schlug mit der Faust auf den Tisch. »Gottverdammt! Fragen sie mich lieber nicht, was ich davon halte, Benx. Wie wir alle wissen, funktionieren Droiden da unten bei laufendem Schürfbetrieb wegen der Strahlung nicht. Zudem verständigt uns Bricksville erst um 04:35 Uhr, was eine Zeitspanne von sieben Minuten vom Entdecken der Toten bis zur Kontaktaufnahme mit uns macht. Warum so lange? Unser Lockdown-Kommando hätte früher am Tatort sein können. Und was ist aus dem ersten Techniker namens Antonio Cabrallo geworden, der zwar losgeschickt wurde, aber unterwegs stecken blieb? Laut den MindCell-Protokollen hat Cabrallo tatsächlich nicht die Zelle erreicht, sondern hielt sich einige Etagen höher auf. Die ganze Zeit. Danach machte er sich auf den Rückweg. Und jetzt kommt der Gipfel: Bricksville behauptet, er hätte den Mann nach dessen Zurückmeldung ›wegen Unwohlsein‹ nach Hause geschickt. Willkommen im Märchenland! Als Verantwortlicher lasse ich keinen Techniker gehen, der meine Anordnung ignoriert hat. Schließlich arbeitet er für die Skyrock Corporation! Welche Vorgänge verschleiert Bricksville? Hat er Cabrallo gedeckt, damit der einen Wertgegenstand aus der Mine schmuggeln konnte? Oder machen beide mit den ›Crystal-Jackers‹ gemeinsame Sache? Mit dieser Gruppe von Kristalldieben außerhalb der Stadt, die es immer wieder schafft, sich den Suchaktionen des Militärs zu entziehen?«

      Lester schüttelte den Kopf. »Sir, die Existenz der Crystal-Jackers ist nicht mal nachgewiesen. Meiner Meinung nach handelt es sich bei der Idee, da draußen würden Kriminelle ihr Unwesen treiben, um ein Schreckgespenst, das Skyrock immer dann schlaflose Nächte bereitet, wenn bei der Frachtverladung Kristalle abhanden kommen. Doch das ist ein Problem des nicht vertrauenswürdigen Verladepersonals, das die Company hat. Und falls es wirklich ehemalige Siedlergruppen im Umland gibt, werden ihnen kaum die technischen Mittel zur Verfügung stehen, in die Stadt, geschweige denn in eine Mine einzudringen. Wir überschätzen hier das Kaliber dieser Leute … falls es sie gibt.«

      Korvalinski zuckte die Schultern. »Jede Möglichkeit in Betracht zu ziehen, ist nun mal unser Job, Benx. Ich möchte deshalb, dass Sie dem Management von Mine C besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen. Und kümmern Sie sich um Cabrallo, den Techniker. Seit seiner Rückkehr ist er ›unerreichbar‹. Zufälligerweise wohnt der Kerl in Ihrem Tower. Schicken Sie aber eine Einheit zu seinem Quartier und lassen ihn festnehmen, da Ihnen selbst die Zeit fehlt.«

      Lesters Boss nahm seine ursprüngliche Position hinter dem Arbeitstisch ein.

      »Wie üblich warten wir auf die Genehmigung der Company, bis uns die Aufnahmen der Überwachungskameras der inneren Minensektion zur Verfügung stehen, weil es sich um Material der Geheimhaltungsstufe eins handelt. Dank dieser idiotischen Vorschriften haben wir bis jetzt noch keinen Schimmer, auf welche Art die blauhäutige Frau die Reinigungszelle infiltrierte und wie sie das bei laufendem Betrieb geschafft hat … die Kristallsplitter haben sie jedenfalls übel zugerichtet. Möglicherweise war die Dame, oder was auch immer da unten liegt, mit einer unbekannten Tarntechnologie ausgestattet. Das wäre der blanke Horror!«

      Nevis Korvalinski tupfte sich erneut über die Stirn. »Allison Vangristen von der Abteilung für Internes hat mich übrigens kontaktiert. Sie hat eine noch gewagtere Theorie auf Lager. Die Tote könnte zu den Personen gehören, die in Kap Rosa auf ungeklärte Weise verschwanden und denen wahrscheinlich jemand die MindCells entfernt hat. Vielleicht ist das unser erster Hinweis in der Vermisstensache. Schließen Sie sich mit Allison kurz. Ich habe einer Zusammenarbeit mit Ihnen zugestimmt, da sie sich schon seit Längerem mit dem Fall beschäftigt.«

      Lester verzog das Gesicht. Er hatte bereits das Vergnügen mit der Vangristen gehabt. Die Frau war zwar fähig, jung und ehrgeizig, aber schlicht und einfach eine Nervensäge. Er würde den Kontakt mit ihr auf ein Minimum beschränken.

      Mit rauer Stimme schloss Korvalinski: »Eines noch. Raten Sie mal, wer garantiert nicht der Meinung sein wird, dass der Fall in unseren Zuständigkeitsbereich fällt. Na? Richtig, die Direktion der örtlichen Polizei. Wenn das K.R.P.D. Wind davon kriegt, taucht am Tatort schneller eine POE-Einheit auf, als wir Piep sagen können. Habe ich nicht schon genug Scherereien am Hals? Nein, ständig tanzen mir diese mies gelaunten Clowns auf der Nase herum! Lassen Sie sich auf keine Diskussionen mit denen ein, Benx, wenn die mit irgendeiner Genehmigung anrücken. In Mine C pfuschen uns keine Hampelmänner dazwischen. Ich wage mir nicht auszumalen, wie uns Company-Inspektor Duquette die Hölle heiß macht, klären wir den Fall nicht zügig auf. Skyrock würde die Konsequenzen ziehen, und dann stünde unser Unternehmen mies da. Zur Info: Ihr Team befindet sich bereits auf dem Weg. Goffey, Herst und Spector werden den Tatort sichern beziehungsweise das Personal in der Minenzentrale verhören. Goffey schicken wir heute mit unserem Neuzugang Cit raus.«

      Lester riss die Augen auf. »Cit? Das ist nicht Ihr Ernst, Sir! Zuerst die Vangristen und jetzt auch noch dieser Vollversager. Eine Niete wie der gefährdet unser aller Leben. Man sollte ihn sofort aus der Firma entfernen. Wenn es hilft, reiche ich als Team 1 Chief-Officer Beschwerde ein.«

      Korvalinski winkte ab. »Daraus wird nichts, Benx. Sein Onkel Aaron Leisman gehört zur Company. Ich kann es mir im Moment mit keinem einzigen Vorstandsmitglied von Skyrock verscherzen. So, und jetzt genug geredet! In dreißig Minuten will ich Sie da unten haben. Geben Sie Ihr Bestes. Ich weiß, ich kann mich auf Sie verlassen.«

      Obwohl sich Lester über das in ihn gesetzte Vertrauen geschmeichelt fühlte, konnte er sich, da sein freier Tag das dritte Mal in Folge flachfiel, eine Portion Ironie nicht verkneifen. »Verstanden, Sir. Bin so gut wie unterwegs. Gleich nachdem ich gefrühstückt und mein Fitnessprogramm absolviert habe.«

      »Sehr witzig, Benx!«, erwiderte Nevis Korvalinski trocken. »Der Baulärm hier nervt mich genug … da vertrage ich keine Späße. Ach, Benx. Lassen Sie Ihre HoloCom-Anlage checken. Habe Sie vorhin mehrfach gesehen. Ende.«

      »Sicher, Sir, wem sagen Sie d…«

      Sein Chef hatte die Verbindung unterbrochen – das dreidimensionale Abbild war verschwunden.

      Das Organisationstalent dieses Mannes ist zu bewundern! Selbst wenn der Mond in Flammen stünde, Korvalinski würde die Krise meistern.

      Lester prüfte nochmals seine Ausrüstung. Die DNA-codierte Handfeuerwaffe, den Scanner und das zusätzliche Schutzschildenergie-Modul waren an den dafür vorgesehenen Stellen seines Anzugs befestigt. Aus Zeitmangel verzichtete er auf ein konventionelles Frühstück. In den letzten Tagen hatte er nur zwei vom Nahrungsverteiler zubereitete Mahlzeiten in Ruhe und an einem Tisch sitzend genießen dürfen. Darum überließ er es auch diesmal dem Bio-Überwachungssystem seines LiSi, ihm die nötigen Vitamin- und Nährstoffpräparate zuzuführen.

      Oder ich rauche ein paar Cynrets zusätzlich … und gewöhne mich endgültig an den Mist!

      Ihm fiel wieder die Klimakontrolle seiner Wohnung ein. Die Kälte hatte sich sogar verschlimmert. Ausdrücklich gab er Selene den Befehl, einen Techniker oder Droiden des Wartungsdienstes zu bestellen. Der Computer bestätigte und wünschte ihm einen erfolgreichen Tag.

      Lester war um 05:52 Uhr bereit zu gehen.

      Das opake Kraftfeld, das sein Quartier von dem Stockwerkflur trennte, verschwand auf Gedankenbefehl. Im selben Moment erstrahlte wieder das Anzeigefeld des Holo-Visiers vor seinem Gesicht, das sein Anzug bei jeder Schlüsselsituation projizierte. Es zeigte ihm per Live-Vernetzung, der »Sol-Team-View«, wo sich die Mitglieder von Team 1 aufhielten.

      Lester informierte seine Leute, dass er zu