...und dann ist nur noch Liebe. Tiago Maria Alma

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Название ...und dann ist nur noch Liebe
Автор произведения Tiago Maria Alma
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847667698



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geschriebenen worte erwecken in mir buchstabe für buchstabe ein sich steigerndes gefühl von seeligkeit und wärme. ich will die ruhe im bahnhof der seele genießen bevor ich die ankunft des endgültigen zuges auf mich zukommen sehe. meine abreise ist wie eine metapher; die abreise aus dem alten leben, nutzlosen (?) leben, das man besser verließe wie eine bewachte kerkerzelle. ich verspüre die wirkliche abreise in der magengrube, schon bevor ich den fuß auf das trittbrett setze. ich, der nie gelernt hat, gefühllos zu bleiben, sooft ich abreiste.

      auf wiedersehen ihr nicht zum abschied erschienen, auf wiedersehen abstrahlende familie, bahnsteig von heute, maskentragende darsteller des vermeintlichen ichs. könnte ich nur im bloßen gedanken an das abreisen verharren, und nach der fahrt vom schaffner gefunden werden, wie ein päckchen mit der aufschrift „vergessen“. ich fahre in die zukunft wie in eine schwierige prüfung. was wäre, wenn der zug niemals gekommen wäre? hätte gott sich meiner erbarmt? da er aber gekommen ist und ich fahre, fahre, fahre... hat sich gott erbarmt!? abreisen und nie wiederkehren. denn man kehrt nie wieder. wenn man zurückkommt ist der ort, an dem man zurückkommt ein anderer; nicht mehr dieselben leute, dasselbe licht. es erscheint mir, als öffnet die abreise alle tore. ich muss hindurch. mein losungswort: lily. aber ich gehe auch ohne erklärung hindurch, wenn nötig, breche ich die tore auf. ja, ich, der sensible, brave zivilisierte, breche tore auf, denn seit der abreise bin ich nicht mehr zivilisiert, schmächtig, eingesperrt in den kerker der kraftlosen seelen. jetzt bin ich ich. ein weltall, denkend sich ausdehnend, aus geistiger materie und grenzenlosen kraftfeldern des seins. ob ich zum ziel gelange hängt von mir ab, von gott und von dem ich-sinn des wortes unendlichkeit.

      ich gebe sporen und bin selbst das pferd auf dem ich reite. zärtliche sporen voller drang und euphorie das ziel zu erreichen: anzukommen. und wenn gott es selbst verhindern will, wir gehen vorwärts ins irgendwo... unendlichkeit, ziel ohne ziel, da unsere seelen das ziel kennen, denn sie sind das bekannte ziel. hey! öffnet alle fenster für mich damit ihr alle da draußen mich hört. reißt alle türen ein. stürzt über mich eure ordentlichen, sauberen häuser. ich will unter freiem himmel leben, wie regen an der wand herunterrinnen, auf den meeresgrund sinken. ich will nach der ankunft keine schlösser mehr in den türen, will mich wieder einmischen, forttragen lassen, das tolle eigentum eines anderen sein, für den besitz dem tode gleich ist. ich will fliegen und fallen aus höchster höhe und landen auf unserem heimatstern, getragen von deiner liebe. und zu dir zurückgekehrt, denn seit meiner abfahrt vor ewigkeiten befand ich mich auf der suche nach dem ausgangspunkt der reise: auf der suche nach dir. die suche danach war rückblickend der sinn des seins. die prüfungen gewollt und voraussetzung zur ankunft. die tiefe resignation, gepaart mit einer, nie versiegenden sehnsucht, die auch der tiefen, auf der seele lastenden müdigkeit standhielt, war ein kurzes ausruhen des geistes, der die nahrung verweigert hatte.

      nun, da wir wieder trinken können, aus köstlichen liebesquellen, glasklar, rein, unbedenklich (!), genießbar, uns nähren können von früchten, die wir nie aßen, aber selbst mit endloser gedult gezüchtet haben, beginnt das leben,... mit der erkenntnis, dass wenn wir sonst keine fähigkeiten besäßen, wir doch die fähigkeit zur ständigen erneuerung der befreiten sinneswahrnehmung besitzen. doch wir haben weitaus andere fähigkeiten, die von den meisten, die uns kennen, weder wahrgenommen, noch geachtet werden, denn achtung entsteht durch wahrnehmung. für andere klingt es vielleicht sogar lächerlich, weil wir vielleicht sagen, dass die blumen lächeln, die flüsse singen, weil wir so den verlogenen menschen das wirkliche wesen der blumen und flüsse zeigen. jemand, der nicht weiß, was es heißt, die dinge anzuschauen, begreift demnach auch nicht, wenn wir auf eine weise von den dingen sprechen, die ihr anblickt lehrt. dabei sind wir nur dolmetscher des seins, weil es menschen gibt, die ihre eigene sprache nicht verstehen, nicht fassen, weil ihre sprache keine ist. wenn man aber nicht bereit ist, eine sprache zu lernen, um zu verstehen, verweigert man das leben...

      wir, du und ich, sind davon umgeben, betroffen, betrübt und konnten trotz aller kraftaufwendungen nichts ändern. alle versuche, es zu erklären, sprachlehrer zu sein, es vorzuleben, es zurückzubekommen, scheiterten an dem abprallen unserer strahlen an den gepanzerten wänden der zusätzlich durch riegel gesicherten seelen. ich glaube, ich schreibe schon wirres zeug, indem ich tief verborgene gefühle denke und schreibe, bevor sie gedacht sind. ich kann einfach wieder schreiben! ein glückszustand und von dir verursacht und beflügelt. ich werde jetzt noch eine stunde von dir träumen und an dich denken und meine ganzen empfindungen aussenden um sie dir zu schenken. ich weiß dass es dich zeitgleich erschaudern lässt in einer ersehnten wohligkeit, die keinem physischen genuss vergleichbar sein kann. ich liebe dich und spüre deine gedanken auf meiner haut. ich habe immer daran geglaubt, dass es dich gibt – aber hatte nicht mehr die kraft zu hoffen, dich (wieder)zusehen. aber für alles gibt es den richtigen zeitpunkt. ich freue sooooo auf deine umarmung!

       Brief 05.05.1998 22:45 h

      ich hab mich allem entzogen, ganz schnell, abrupt, viel unverständnis verursachend. ich der „benutzt“ wurde den frohsinn zu schüren, die gesellschaft zu stützen, den esprit anzudenken, an dem sich alle laben konnten; ich, ich gehe aufs zimmer. meine ge- und verlogenen ausflüchte erkennbar, unglaubwürdig, obwohl wahrheit, wurden von einigen als wahrheit, die undefinierbar ist empfunden, aber nicht geäußert. all das führt mich zurück zu mir, weil es mich berührt, das sich fremde gedanken, ja vielleicht sogar sorgen um mich machen, ob meiner glücklichen unbekümmertheit, ich selbst zu sein und ein vermeintliches geheimnis in mir verbergend. das geheimnis meiner vergangenheit. ich weiß nicht, wessen sie ist, meine vergangenheit, die, an die ich mich erinnere, ist, dass ich ein anderer war. auch erkenne ich mich nicht, wenn meine seele jene freude fühlt, die mich fühlend erinnert und mich fröstelnd macht. die permanente, tiefe, intensive sehnsucht nach dir, deinen worten, gesten, bewegungen, deinen sprachvollen blicken und wortlosen mitteilungen, deinen zärtlich liebenden berührungen und nach deiner mir vertrauten sehnsucht, lässt mich nicht zur ruhe kommen. gerade das ist es, was mich in sicherheit wiegt und mich verunsichert. und dort, wo du jetzt bist, fühlst du es. so, wie ich dich fühle. die tatsache, dass wir uns vor vielleicht 15 jahren begegnet wären, stürzt mich nicht in gedankenstürme, weil wir uns vor 15 jahren nicht begegnet sind und nicht begegnen konnten. es war nicht bestimmt, dass es so gewesen sein könnte. das wir uns jetzt begegneten, ist darin begründet, dass es erst jetzt einen sinn hat. erst jetzt sein sollte und musste. weil es erst jetzt soweit ist. alles, was darauf folgt ist die entscheidung für die endgültigkeit, für die wahrheit unseres eigentlichen ichs. jede entscheidung zählt und hat ihre berechtigung. aber es gibt einen unterschied zum bisherigen sein: wir können sie nur gemeinsam treffen. und wir werden unsere entscheidung so sehr achten, wie wir uns lieben. gibt es noch mehr? du jedenfalls wirst für immer mehr sein für mich. sogar mehr als ich! ich liebe dich mehr, als sandkörner an allen stränden der welt sind.

       Brief von ihr

       Mai 1998

      just a perfect night?

      fremd sein und doch verstehen,

      am anfang, das gespräch offen

      und ehrlich,

      zuerst verhalten und dann bestehen.

      augen in denen sich meine

      seele spiegelt?

      oder nur der wunsch: endlich eine

      männlich verwandte seele!

      schon lange liegt diese hoffnung begraben,

      begraben unter einem meer von asche,

      asche einer jeden hoffnung.

      bin ich vielleicht zu naiv?

      immer wieder daran zu glauben?

      heißt es nicht: phönix entstieg der asche?

      asche ist fruchtbar.

      mit meiner asche wäre die ganze erde fruchtar.

      und jetzt auf einmal soll es so sein?

      dass ich diese männliche seele gefunden habe?

      wo nicht sex das thema