ALLES für NICHTS. Volker Bauch

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Название ALLES für NICHTS
Автор произведения Volker Bauch
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783738014020



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verband mich inzwischen eine innige Freundschaft. Sie war immer zur Stelle, wenn es mir dreckig ging. Und das war oft der Fall. Unaufdringlich und ohne irgendwelche Gegenleis tungen zu erwarten, war sie einfach da. Und das tat gut.

      Mehr und mehr bekam ich auch von ihrem Leben mit. Sie hatte den ganzen Scheiß bereits hinter sich, in dem ich mittendrin steck te.

      Anfang Juli teilte mir Doris mit, dass sie wegen eines Unter leibsproblems einen Eingriff im Krankenhaus vornehmen lassen müsste. Arbeitsmäßig würde sie zwei bis drei Tage ausfallen.

      Am Tag der OP rief ich den behandelnden Arzt an, um zu hören, ob der Eingriff gut verlaufen sei. Der meinte nur lakonisch:

      „Ihre Frau ist schon nicht mehr hier. Sie hat aber körperlich alles gut überstanden. Wie das seelisch aussieht, kann ich nicht sagen. Ich gehe aber davon aus, dass solche Dinge beide Ehepartner ge meinsam entschieden haben.“

      Ich war wie vor den Kopf geschlagen. „Was sollte ich mit ent schieden haben?“ In mir kam ein schlimmer Verdacht auf.

      In der darauf folgenden Woche war Doris wieder im Büro. In ihren Unterlagen fand ich eine Unbedenklichkeitsbescheinigung von Pro Familia und den Termin des Eingriffs, Ihr Unterleibspro blem war eine Abtreibung. Ich war geschockt!

      Sie bestritt entschieden, dass ich der Vater des Ungeborenen sein könne. Vielmehr wäre ihr neuer Lover der Erzeuger des Kin des. Eine Frau würde so etwas merken. Die Abtreibung hätten sie gemeinsam beschlossen. Ich glaubte ihr kein Wort.

      Doris und ich waren das letzte Mal zusammen drei Tage vor dem ominösen Mittwoch. Da spielte sie ihre Rolle als liebende Ehefrau mit Kinderwunsch noch so perfekt, dass ich nichts merk te.

      Es gab also drei Möglichkeiten:

      Erstens, ich war der Vater. Zweitens, ihr neuer Lover war der Erzeuger. Oder drittens, sie wusste selbst nicht, von wem es war. Das Risiko lag bei 50 %, ein Kind von dem Mann zu erwarten, von dem sie sich gerade getrennt hatte. Das passte nicht in ihre

      Pläne.

      Diese neue Katastrophe war für mich wie ein psychischer Atombombenangriff. In mir kollabierte alles.

      Ich behielt kaum noch feste Nahrung bei mir. Ab und zu spuck te ich Blut. Mein Körper rebellierte. Ich verlor rapide an Gewicht. Ich suchte meinen Hausarzt auf, der mir Medikamente verschrieb.

      Wenn es nicht besser würde, müsste ich mich einer Magenspiege lung im Krankenhaus unterziehen, riet er mir. Es wurde nicht besser.

      Ich setzte mich noch einmal mit dem behandelnden Arzt in Verbindung, der den Abbruch vorgenommen hatte.

      Ich wollte wissen, ob es möglich sei, den Zeugungstermin zu bestimmen.

      Daraufhin teilte er mir mit, dass dies auf den Tag genau nicht machbar wäre.

      Von jedem Fötus würde jedoch eine DNS genommen und für einige Zeit archiviert.

      Wenn ich mir Klarheit über die Vaterschaft verschaffen wolle, müsse ich zu einer Blutabnahme kommen.

      Ich ließ mir einen Termin geben.

      Acht Tage später sollten die Daten vom Labor vorliegen. Telefonisch wollte ich auf keinen Fall erfahren, wie der Test aus

      gefallen war.

      Ich fuhr persönlich in die Klinik.

      Das Ergebnis haute mich aus den Schuhen. Ich müsste mich übergeben, spuckte Blut und dann wurde mir schwarz vor den Augen.

      Mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,9 % war es mein Kind. Man behielt mich gleich dort und brachte mich zur inneren

      Abteilung. Die anschließende Magenspiegelung ergab, dass ein paar kleine Blutgefäße an der Mageninnenwand geplatzt waren, die man im Rahmen der Untersuchung gleich verödete.

      „Das war kurz vor Zwölf und hätte auch anders ausgehen kön nen!“ so die Worte des Arztes.

      Doris behauptete nach wie vor steif und fest, ich wäre nicht der Erzeuger des Kindes, das nun irgendwo in der Mülltonne lag. Doch ich wusste es besser. An der Sache an sich war nichts mehr zu machen, also schwieg ich.

      Mir klangen noch die Worte des Arztes im Ohr, in denen von einem Post absurdum Syndrom, der Sehnsucht nach dem ungebore nen Kind die Rede war.

      Bei Frauen, die aus Unsicherheit über ihre persönliche Situati on, oder aus Unkenntnis über den Erzeuger, oder vielleicht auch aufgrund mangelndem Verantwortungsgefühl und persönlicher Reife, einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen, sei eine psychotherapeutische Behandlung dringend angeraten.

      Andernfalls könne es zu Essstörungen, Depressionen, gynäkolo gischen Infekten, Nierenstörungen, Beziehungsproblemen bis hin zu Suizidversuchen kommen.

      In den nachfolgenden Wochen entwickelt sich das übliche Tren nungsprozedere. Unsere gemeinsamen Freunde und Bekannte schlugen sich auf die eine oder andere Seite. Die Gerüchteküche brodelte.

      Einst galten Doris und ich als eines der Traumpaare in unserem Städtchen. Nun standen wir mitten in einem Rosenkrieg. Und wir ließen uns davon anstecken. Bei jeder Gelegenheit flogen die Fetzen.

      Ich erfuhr, dass sich Doris, entgegen ihren Versprechungen, bei anderen Firmen bewarb. Das reichte nun.

      Ich stellte sie bis zum nächsten Kündigungstermin von der Ar beit frei. Das Kapitel war beendet.

      Wir trafen uns danach noch ein paar Mal. Doch ich musste er kennen, dass ich eigentlich nie eine Chance hatte. Von Anfang an nicht.

      Auch die Beziehung zu ihrem neuen Lover war inzwischen be endet. Wie sich herausstellte, wusste auch er nichts von der Ab treibung. Ob das der Grund für das Ende dieser Romanze war, weiß ich nicht.

      Ich stürzte mich nun in die Arbeit.

      Ich hatte seit einiger Zeit Kontakte zu einem Musikmanage ment in Kanada. Eine ihrer Bands, die dort bereits erfolgreich waren, sollte auf dem europäischen Markt platziert werden.

      Ich flog nach Toronto und nahm die Verhandlungen auf. Mit den exklusiven Vermarktungsrechten in der Tasche kehrte ich zu rück. Ich schaffte es, der Gruppe einen Vertrag bei einer bekann ten Schallplattenfirma zu besorgen.

      Eine andere betriebsinterne Sache wollte und musste ich noch regeln.

      Die Gebietserweiterung für den Bereich Werbung auf Einkaufs wagen, hatte ich seinerzeit mit einem Darlehen meiner Hausbank finanziert.

      Als weitere Absicherung verlangte die Bank damals eine Bürg schaft meiner Frau.

      Ich sprach mit meinem Vater, ob er diese Bürgschaft überneh men würde. Damit hätte Doris aus dieser Verpflichtung entlassen werden können und es wäre ein klarer Schnitt gemacht. Er willig te ein.

      Aus Kanada erhielt ich ein weiteres Angebot für einen amerika nischen TopAct, der auf den europäischen Markt wollte.

      Es gelang mir, auch dieser Gruppe einen Plattendeal zu vermit teln.

      PRO MEDIA hatte nun einen Künstlerstamm von zwei Bands aus Übersee mit exklusiven Vermarktungsrechten, einer deutschen Sängerin und einem PopProjekt aus Belgien.

      Bei Letzteren besaß ich sogar das weltweite Management mit einem Anteil von 30 % auf sämtliche Erlöse.

      Ein turbulentes Jahr ging zu Ende.

      Geschäftlich eröffnete sich einiges an Perspektiven in Ergänzung zum bisherigen Stammgeschäft. Aus der Musikindustrie erhielt ich zunehmend mehr Offerten, für bestimmte Projekte die Pro motion zu übernehmen. Outsourcing war auch für diese Branche kein unbekanntes Thema mehr.

      Doch ich wollte mich nicht verzetteln. Der Tag hat nur 24 Stun den und diesen Job machte ich weitgehend allein. Einige zeitlich begrenzte Angebote nahm ich an, ließ mich aber auftragsbezogen bezahlen. Das Risiko, sich ausschließlich auf Anteile an den Ver kaufserlösen einzulassen, erschien mir doch zu hoch, auch wenn es im Erfolgsfall