Название | ALLES für NICHTS |
---|---|
Автор произведения | Volker Bauch |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738014020 |
Mein Vermieter teilte mir mit, die Geschäftsräume zum 31.12.95 kündigen zu müssen. Der Nachbar, eine Krankenkasse, wolle sich vergrößern und meine Büroräume dazu mieten. Das nächste Pro blem stand vor der Tür.
Wenn ich Kundentermine wahrzunehmen hatte, blieb das Büro geschlossen. Dies mussten auch die Gangster mitbekommen ha ben. Sie meldeten sich telefonisch nun im Geschäft, was sie sonst nie taten. Anscheinend wussten sie genau, wann ich mich im Büro aufhielt und wann nicht.
Bei einem meiner Kunden war meine Forderung inzwischen auf über 30.000 DM aufgelaufen. Alle Versuche an das Geld zu kom men scheiterten bislang. Ich war schon im Begriff das gerichtliche Mahnverfahren einzuleiten, da hörte ich, dass er als Gastronom eine größere Veranstaltung durchführen wollte.
Am Tag der Feier fuhr ich nachts um 1 Uhr dorthin. Unter der Androhung, Gerichtsvollzieher und ggf. Polizei hinzu zuziehen, zahlte er von den Einnahmen des Abends die offene Rechnung. Ich war froh. Nun konnte ich Dieter endlich seine 20.000 DM wiedergeben.
Doch dazu kam es nicht.
Noch auf dem Parkplatz vor meiner Wohnung wurde ich von einem der Verbrecher in Empfang genommen. Ehe ich mich ver sah, riss er die Tür auf und war mit einem Satz in meinem Auto.
„Machen nix mehr Kleinkram, ey. Nur noch große Sachen. Kleinkram nix gut.“ sagte er mit einem breiten Grinsen. „Machst du Koffer auf!“
Wie selbstverständlich nahm er die Geldtasche an sich und zählte in Seelenruhe die Scheine. Über 30.000,00 DM.
„Mein Kollega warten an Ecke.“
Ich war den Abend über nicht allein gewesen. Das wurde mir nun klar. Bemerkt hatte ich absolut nichts. Der bullige zweite Mann wäre mir mit Sicherheit aufgefallen. Also musste es noch mehr als diese zwei Personen geben, die da im Einsatz waren.
„Es geht nichts mehr!“ erklärte ich.
Der Schock saß so tief, dass es mir inzwischen egal war, was sie mit mir machen würden.
„Ich habe nichts mehr! Keinen Pfennig zahle ich mehr! Wo soll ich es hernehmen?“
Wieder grinste der Typ: „Sehen wir auch so. Melden uns.“
So schnell, wie er gekommen war, so schnell war er wieder weg. Und mein Geld mit ihm.
Ich plünderte meine sämtlichen Alkoholvorräte und ließ mich vollaufen. Das Ganze musste ein Ende haben. Ich arbeitete nur noch für diese Hyänen.
Circa 80.000 DM hatten mir die Erpresser inzwischen abge nommen. Eine Summe, die nicht so einfach zu verkraften war. Dazu kamen noch insgesamt 25.000 DM, die SODERLAND mit seiner angeblichen Finanzvermittlung abgezockt hatte.
Weitere Forderungsausfälle von Kunden konnte ich mir nicht mehr leisten, wenn ich überhaupt die laufenden Kosten decken wollte.
Ich brauchte Neukunden, um aus diesem Loch wieder heraus zukommen.
Das Finanzamt stand mir ebenfalls auf den Füßen wegen einer Steuernachzahlung. Auch die Banken wurden immer unruhiger, weil ich mich nur noch an der Grenze meiner Kreditlinie bewegte und des Öfteren auch darüber hinaus.
Anhand der aktuellen betriebswirtschaftlichen Auswertung und dem letzten Jahresabschluss, erstellte ich am Computer eine Vor schau. Was ist der IstZustand, was muss geändert werden, um wieder in ruhigeres Gewässer zu kommen. Posten um Posten ging ich durch und machte eine komplette Betriebsanalyse.
Ich wusste, dass ich aus den CDVerkäufen der kanadischen Band, einiges an Tantiemen zu erwarten hatte. Insbesondere in Öster reich, in der Schweiz und in Holland, lief die Platte gut. Laut Vertrag, war der Abrechnungsmodus immer halbjährlich. Dann ginge das Geld erst mal nach Kanada, bevor es unter den Beteilig ten aufgeteilt würde. Es konnte also noch Monate dauern, bis ich davon etwas sehen würde.
Auf der anderen Seite stand ich kurz vor dem Abschluss mit einer bundesweiten Heimwerkerkette mit einem Volumen von
750.000 DM, die sich für Werbung auf Einkaufswagen interes sierte,
Es gab also gute Perspektiven. Was ich hatte, war ein Liquidi tätsproblem.
Kundenverkehr gab es im Büro so gut wie gar nicht mehr. Kein Vergleich zu dem Trubel vergangener Jahre. Ich öffnete nur noch nach vorheriger Terminabsprache. Ansonsten blieb die Tür ver schlossen. Ich dachte, ich könnte mich so gegen weiteres unerwar tetes Auftauchen der Erpresser schützen. Mit Beate verabredete ich ein Klingelzeichen.
Es war Anfang September, als ich einen Anruf erhielt und am anderen Ende sofort einen der Erpresser erkannte:
„Es geht um Geschäft! Kommst du morgen Rasthof Kassel! 18:00 Uhr! Müssen reden. Verstehen!“
Es klang wie ein Befehl.
„Morgen habe ich keine Zeit und zahlen kann ich auch nichts mehr“, antwortete ich.
„Kommst du, so ich sagen, sonst du haben Probleme, ey“, sprach er und legte auf.
Ich fuhr nicht hin.
Ein paar Tage hatte ich Ruhe, bis mir Beate berichtete, dass abends immer ein Auto mit ausländischen Typen in der Nähe ihrer Wohnung stehen würde. Jedes mal, wenn sie die Wohnung betrat, klingelte sofort das Telefon: „Wissen, wo du bist, was du machst, wo Kinder sind.“ Aufgelegt!
Ich versuchte sie zu beruhigen, dass jemand üble Scherze trei ben würde. In Wahrheit wusste ich genau, was dahinter steckte.
Die Verbrecher meldeten sich erneut und bestellten mich noch mal zum Rasthof Kassel an der Autobahn.
„Freundin deine, schöne Frau. Willst du, soll so bleiben, kommst du. Sonst vorbei mit Schönheit. Verstehen ey!“
Die Ansage war deutlich und diesmal fuhr ich hin. Das Restau rant im Rasthof sollte der Treffpunkt sein.
Beide Typen hatten überhaupt keine Bedenken, sich öffentlich zu zeigen. Warum auch? Es gab nie Zeugen für ihre Handlungen. Im Notfall hätten sie alles abstreiten können.
„Müssen reden über Geschäft mit dir. Brauchen Geld, viel Geld. Ein paar Hunderttausend!“
Ich sagte, dass ich die schon mal gar nicht hätte.
„Geht nix um deine Kohle. Wissen, du nehmen immer Geld von Konto, wenn Kunden müssen zahlen Rechnung. Du kennen System, wir kennen System. Machst du jetzt genauso, nur mehr Geld.“
Ich verstand nicht richtig: „Ich soll die Konten meiner Kunden anzapfen und Hunderttausende an DM einziehen? Wie soll das gehen? Soviel haben die selbst nicht. Das sind alles Kleinbetrie be.“
„Nix machen Kleinkram! Nur noch gute Sachen, große Sachen“, und zog einige Papiere aus seiner Jacke. Geschäftspapiere von gro ßen Firmen, wie Warsteiner, Grundig, Nissan usw. „Nimmst du diese. Holst du Kohle auf Konto deines und dann geben uns. Ist ganz einfach und dann du haben Ruhe, ey.“
„Das klappt doch nie. Schon gar nicht, wenn ich meine eigenen Konten benutze, Selbst wenn, soll ich etwa Hunderttausende cash von meinem Konto abheben? Auffälliger geht’s wohl nimmer“, versuchte ich sie von dem Schwachsinn ihres Vorschlags zu über zeugen.
„Machst du halt Konto in Schweiz oder Luxemburg und dann geben uns Nummer. Nimmst du Papiere diese. Hassu Zeit eine Monat, sonst viele Probleme für deine Familie und dich.“
Er übergab mir den Stapel an Briefbögen und beide Personen gingen.
Ich musste unweigerlich lachen. So einen Blödsinn hatte ich noch nie gehört. Auf der anderen Seite musste ich mir nun Ge danken machen, wie ich aus dieser Situation herauskam. Vor al lem, wie ich es schaffen konnte