Veggie-Burger mit Speck. Patrick Schnalzer

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Название Veggie-Burger mit Speck
Автор произведения Patrick Schnalzer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742768599



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      Peter kicherte bei seinen Worten wie ein kleines Schulmädchen.

      Alles in meinem Innersten sträubte sich dagegen, den beiden die Wahrheit zu sagen, und so formte sich auf meinen Lippen bereits ein »Ach, Blödsinn!«, um das Thema gleich wieder im Keim zu ersticken. Leider bekam ich keinen Ton heraus, sondern saß mit offenem Mund da, so als ob ich an einer Kiefersperre leiden würde.

      »Nicht im Ernst jetzt, oder?«

      Peter – soeben noch vollkommen verkatert und kaum ansprechbar – war auf einen Schlag hellwach und strahlte mich wie ein Honigkuchenpferd an.

      »Ich fasse es nicht!«, rief Uwe mir zu. »Das ist ja großartig! Tim, du alter Aufreißer! Was haben wir denn gestern verpasst? Erzähl schon!«

      In seiner Begeisterung schlug er mir mehrmals gegen den Oberarm, sodass ich befürchtete, dieser würde mir gleich abfallen. Bei Uwe musste man aufpassen, denn seine überschwängliche Freude konnte einen fast ins Krankenhaus befördern.

      »Es ist nicht so, wie ihr denkt«, musste ich schließlich einlenken.

      »Bist du etwa nicht verliebt?«

      Ich zögerte mit der Antwort auf Uwes Frage, denn wenn ich es einmal ausgesprochen hatte, gab es keinen Weg zurück mehr.

      »Doch, ich glaube schon.«

      »Masel tov!«, grölte Peter.

      Für gewöhnlich machte er sich nicht besonders viel aus seinen jüdischen Wurzeln, doch hin und wieder überkam es ihn dann doch.

      »Na, Buberle, haste eine hübsche Ische gefunden?«

      Mein Gefühl hatte mir schon immer gesagt, dass Peter hundert Prozent seiner Jiddisch-Kenntnisse aus Filmen hatte, und ich ging zudem davon aus, dass er in dieser Sprache zu fünfzig Prozent absoluten Stuss laberte, weil er sie selbst nicht verstand.

      »Hazlacha uwracha!«

      »Ja, genau. Wie auch immer«, warf Uwe ein und wandte sich wieder an mich, »erzähl uns endlich alles!«

      Wo sollte ich da anfangen? Wie sehr man sich in Isas Augen verlieren konnte? Wie gut ihr Haar duftete? Wie geschmeidig und elegant jede einzelne ihrer Bewegungen war? Wenn ich wollte, könnte ich stundenlang schwärmen, doch es würde im Endeffekt auf dasselbe hinauslaufen: Wir waren nun einmal nicht füreinander bestimmt.

      »Sie ist Vegetarierin.«

      Ich ließ diese Worte im Raum stehen, denn mir war klar, dass sie für sich selbst sprachen. Melancholisch ließ ich mein Kinn nach unten sinken und betrachtete die Kerben im Holztisch, die ich seinerzeit höchstpersönlich dort hineingeschnitzt hatte. Als ich den Blick wieder meinen beiden Freunden zuwandte, hatte ich zwei ratlose Gesichter vor mir.

      »Und weiter?«, erkundigte sich Uwe.

      Ich verstand die Frage nicht.

      »Was meinst du mit: Und weiter?«

      Er zog die Augenbrauen nach oben, so als müsste mir das als Antwort genügen.

      »Sie ist Vegetarierin!«, wiederholte ich lautstark. »Sie isst kein Fleisch!«

      Uwe und Peter sahen mich wie einen Zeugen Jehovas an, der sie sonntagmorgens in aller Früh aus dem Bett geklingelt hatte, um ihnen vom unmittelbar bevorstehenden Armageddon zu berichten.

      »Und das ist ein Problem, weil ...?«

      Offenbar erwartete Uwe von mir, dass ich den Satz vervollständigte.

      »Weil ... Weil ... Weil ...«

      Ich schnappte nach Luft, da ich beinahe vergessen hatte zu atmen.

      »Weil ich nun einmal zufällig ein sehr großer Fleischliebhaber bin und mir nicht vorstellen kann, mit jemandem zusammen zu sein, der diese Leidenschaft nicht mit mir teilt.«

      Zwar war ich der Ansicht gewesen, dass diese Erklärung eigentlich auf der Hand gelegen hatte, aber zumindest konnte ich jetzt davon ausgehen, dass die beiden nun verstanden, wo das Problem lag.

      »Tim, ich liebe dich, Mann, aber du bist ein Hohlkopf!«

      Verdutzt guckte ich Uwe an, danach wandte ich mich hilfesuchend an Peter.

      »Tut mir leid, aber er hat recht. Du bist ein Idiot.«

      Plötzlich hatte ich das Gefühl, ich wäre im falschen Film.

      »Moment mal! Er hat mich nicht Idiot genannt.«

      »Aber gemeint«, sagte Uwe. »Das passt schon so.«

      »Warum? Was habe ich denn falsch gemacht? Sie ist doch diejenige, die sich so unnatürlich ernährt. Der Mensch ist nun einmal dazu geboren, Fleisch zu essen. Er ist ein Jäger und es liegt in seinen Genen. Dieser ganze Vegetarier-Mist ist nur so eine Modeerscheinung, damit die Gemüsefresser so tun können, als wären sie besser als alle andern.«

      Während ich mich reden hörte, konnte ich beinahe runterzählen, wie sich mein IQ um zehn Punkte verringerte.

      »Verdammt, ich bin wirklich ein Idiot.«

      Die Einsicht kam spät, aber sie kam.

      »Was mache ich denn jetzt nur?«

      »Am besten erzählst du uns erst einmal, um wen es überhaupt geht«, schlug Peter vor und schaufelte sich eine Gabel voll Rührei in den Mund.

      Da das wohl tatsächlich das Vernünftigste war, berichtete ich den beiden ausführlich von meiner Begegnung mit Isa. Dabei machte ich keinen Hehl daraus, wie ungeschickt ich mich angestellt hatte. Im Nachhinein betrachtet kam mir das Ganze sogar noch viel schlimmer vor als letzte Nacht. Allein der Umstand, dass ich mehrmals versucht hatte, ihr dieses kalte Kotelett aufzudrängen, war an Peinlichkeit kaum zu überbieten.

      »Sieht übel aus.«

      Manchmal wünschte ich mir, Uwe wäre nicht immer von Grund auf ehrlich.

      »Ja, ich weiß. Sie muss wirklich glauben, dass ich bescheuert bin.«

      »Was von der Wahrheit nicht so weit entfernt ist, wie wir vorhin einstimmig festgestellt haben.«

      Uwe grinste mich spitzbübisch an.

      »Außerdem«, meldete sich Peter zu Wort, »ist es höchst unwahrscheinlich, dass sie überhaupt Interesse an dir haben könnte.«

      »Na, herzlichen Dank aber auch. Wenn man euch beide als Freunde hat, braucht man keine Feinde mehr.«

      »So habe ich das ja nicht gemeint. Aber denk einmal an die Vorbehalte, die du ihr gegenüber gehabt hast, und dann versetz dich mal in ihre Lage. Als Vegetarierin hat sie vermutlich ein eher liebevolles Verhältnis zu Tieren, du hingegen findest Tiere nur interessant, wenn du sie grillen, braten oder sonst irgendwie zubereiten kannst. Während sie bestimmt alle Lebewesen beschützen will, arbeitest du in einer Metzgerei mit tierischen Leichenteilen. Sagen wir deshalb mal so: Tendenziell ergibt sich daraus schon ein gewisses Spannungspotential zwischen euch, nicht wahr?«

      Ich ersparte mir eine Antwort, denn es war offensichtlich, dass er den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. In den Augen von Isa musste ich nicht weniger als ein Monster sein.

      »Verdammt, du hast recht. Ich habe nicht die geringste Chance bei ihr.«

      »Nun mal ganz langsam«, meinte Uwe beruhigend, »lassen wir mal den ganzen Unsinn und betrachten die Situation systematisch. Punkt eins: Ist es dir ernst damit? Hast du dich wirklich in diese Isa verknallt?«

      »Ähm ...«

      »Ja oder nein?«

      »Ja«, antwortete ich leise, merkte meinem Freund jedoch an, dass ihn das nicht zufriedenstellte.

      »JA!«, wiederholte ich mit deutlich erhöhter Lautstärke.

      »Gut, dann hätten wir das Wichtigste einmal geklärt. Punkt zwei: Auf einer Skala von eins bis