Julia im Liebestaumel. Christina Brand

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Название Julia im Liebestaumel
Автор произведения Christina Brand
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783748591382



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Krise, du weißt ja, dass es ihm nicht leicht fällt, Verantwortung zu übernehmen. Wenn ich richtig überlege, hatten wir uns schon länger nichts mehr zu sagen. Ich war so eingespannt in meine Arbeit, dass ich gar nicht merkte, dass so vieles zur Routine geworden war. Es musste wohl so kommen.“

      „Dann ist es auch besser so, Julia. Vergiss das Ganze!“

      „Wie geht es Angelo?“

      „Oh, sein Geschäft läuft sehr gut, er musste sogar noch zwei Leute einstellen. Am Wochenende sind wir alle bei seiner Familie eingeladen. Komm doch einfach mit, Julia, sie würden sich bestimmt freuen, dich wiederzusehen.“

      „Vielleicht, ich werde dir Bescheid geben.“

      Kapitel 2

      Inzwischen war es später Nachmittag geworden und Julia erhob sich, um zurückzufahren. Der Verkehr war noch dichter geworden, alles drängte aus der Stadt. Julia nahm eine Abkürzung und fuhr über zwei kleinere Ortschaften, bis sie wieder auf der Straße landete, von wo aus sie in kürzester Zeit ihr Haus erreichte. Sie parkte ihren Wagen, lud die Sachen auf ihren Arm und stieg den Hang hinauf. Auf der anderen Seite erblickte sie Frau Morandi im Garten, die ihr zuwinkte. Julia grüßte fröhlich zurück und begab sich in ihre Wohnung. Der Besuch bei Raffaela hatte ihr gut getan und ließ die Sorgen um Frank ein wenig zurücktreten. Auch wunderte sie, dass sie kaum noch an Florian dachte. Es war doch gut, einmal in einer anderen Umgebung zu sein und sie bereute es keinen Moment, dass sie hierher gereist war. Vielleicht würde sie morgen wieder anfangen zu malen. Ihre Staffelei und alle Utensilien mussten in der Abstellkammer stehen und das Fehlende könnte sie dann noch besorgen.

      Julia drehte das Radio an, zog ihre Schuhe aus, setzte sich auf die Couch und ließ sich von der einschmeichelnden Musik zum Träumen verleiten. Woher kannte sie die Melodie? Sie war ihr so vertraut. Und die Erinnerung kam, es muss eine Ewigkeit her sein. Es war damals unten in der Stadt in dem Tanzcafé, wo sie eng umschlungen mit Frank die ganze Nacht hindurch getanzt hatte… Sie verspürte plötzlich ein bisschen Wehmut. Jugendträume, dachte Julia. Klar waren sie damals ein bisschen verliebt ineinander gewesen, unzertrennlich. Frank ließ sie keinen Moment allein und tat alles für sie. Er war so aufmerksam und höflich und hütete sie wie sein Eigentum. Julia ließ es geschehen und fühlte sich einfach wohl in seiner Gegenwart. Später empfand sie nur mehr schwesterliche Liebe für ihn. Und jetzt tat er ihr furchtbar leid. Sie sah sein Gesicht vor sich, wie er sie im kargen Besucherzimmer des Gefängnisses anstarrte, so hilfsbedürftig und weit abgerückt von jeder Realität. Morgen werde ich in der Kanzlei anrufen, vielleicht hat Frank inzwischen sein Schweigen gebrochen.

      Gleich nach dem Frühstück am nächsten Morgen wählte Julia die Nummer von Franks Anwalt.

      „Kanzlei Berger“, meldete sich eine Stimme.

      „Hier spricht Julia Karst, könnte ich bitte mit Herrn Berger verbunden werden?“

      Julia wartete einen Augenblick, ehe sie die Stimme des Anwalts vernahm. Er teilte ihr mit, die Polizei habe inzwischen herausgefunden, dass Franks Alibi einwandfrei sei. Er war zur Tatzeit mit einem Kollegen in dessen Auto unterwegs zu einer Zweigstelle seiner Firma, wo sie mindestens drei Stunden zu tun hatten. Außerdem hätte die Obduktion ergeben, dass Kirstin schon vorher getötet worden sei. Wie sie allerdings in den Kofferraum von Franks Wagen gekommen sei und zu dem Hügel gefahren wurde, von dem man die Leiche hinunterstieß, bleibe vorerst im Unklaren. Man würde jetzt noch anderen Spuren nachgehen.

      Julia atmete erleichtert auf und fragte, wann Frank denn aus der Untersuchungshaft entlassen würde.

      „Soviel ich weiß, noch heute“, antwortete Herr Berger.

      „Hat Frank inzwischen etwas dazu gesagt“, wollte Julia wissen.

      „Gestern Abend hat er sich zur Sache geäußert, dass er zur fraglichen Zeit beruflich unterwegs gewesen sei, dass sein Kollege dies bestätigen könne. Die Aussage stimmte mit der seines Kollegen überein, und es gibt vorerst keinen Grund mehr, ihn länger festzuhalten.“

      Julia bedankte sich und legte auf. Sie war erleichtert. Mein Gott, dachte sie, wie muss er gelitten haben, dass er sich nicht gleich äußern konnte. Sie musste sofort Raffaela anrufen und ihr berichten, und danach wollte sie zu Frau Morandi.

      Raffaela meldete sich nicht, sodass Julia gleich zu ihrer Nachbarin hinüberlief. Sie musste die Neuigkeit augenblicklich loswerden. Sie rief ihren Namen, da sie sie im Garten vermutete, erhielt aber keine Antwort. Sie rannte die Stufen zum Haus hinauf und drückte auf den Klingelknopf. Ungeduldig trat sie von einem Fuß auf den anderen, als sie Schritte vernahm und gleich darauf die Tür geöffnet wurde. Wie versteinert starrte sie auf die fremde Gestalt, die sie lächelnd ansah und fragte:

      „Sie wünschen?“

      Julia schaute in das Gesicht eines gut aussehenden Mannes und stammelte, dass sie gerne Frau Morandi gesprochen hätte. Sie würde nebenan wohnen und wolle ihr etwas Wichtiges mitteilen.

      „Ich bin Luca Seewald, meine Tante ist mit ihrem Mann in die Stadt gefahren, und ich mache ein paar Tage Urlaub hier.“

      Julia nannte ihrerseits etwas irritiert ihren Namen und wollte umkehren, um es später wieder zu versuchen.

      „Möchten Sie nicht eintreten? Wir könnten uns, bis die beiden zurück sind, ein bisschen unterhalten.“

      Julia zögerte, als sie aber in seine lachenden Augen blickte, nickte sie:

      „Ich mache einen Gegenvorschlag. Wie wäre es, wenn wir ein Stück spazieren gingen, es ist ein herrlicher Morgen, und ich könnte Ihnen ein wenig die Gegend zeigen, falls Sie sie noch nicht kennen.“

      „Eine gute Idee! Dann werden wir mal auf Erkundungsreise gehen“, meinte ihr Gegenüber.

      Sie schritten durch das Gartentor, nahmen den Weg, der an sanften Wiesenhängen vorbeiführte und in einen Wald mündete.

      „Übrigens, Sie können Luca zu mir sagen, darf ich Sie auch mit Ihrem Vornamen anreden?“

      Julia nickte, und Luca erzählte, dass er das erste Mal hier sei, er hätte in Mailand zu tun gehabt und die Rückreise dazu benutzt, ein paar Tage bei seiner Tante auszuspannen. Sie hätte ihn schon öfters gebeten, bei ihr Station zu machen, und nun hätte er ihr Angebot angenommen. Er sei in der Modebranche tätig und käme gerade von einer Messe.

      Julia hörte ihm interessiert zu und berichtete von ihrer Arbeit in der Galerie. Der Weg führte nun steil bergauf und nach einigen Metern zu einem Aussichtspunkt, an dem sich das ganze phantastische Panorama der Bergwelt auftat. Zu ihren Füßen lag der glitzernde See, ein laues Lüftchen glitt über sie hinweg. Julia erklärte ihrem Begleiter die verschiedenen Bergketten und nannte jedes Dörfchen in der malerischen Landschaft. Luca bewundert ihre Kenntnisse und meinte, dass kein Fremdenführer besser erklären könne.

      „Beeindruckend“, fügte er anerkennend hinzu, und Julia war sichtlich erfreut, ihn zu diesem Punkt geführt zu haben.

      „Nicht wahr, es ist traumhaft! Ich komme immer wieder hierher, jedes Jahr. Es ist meine zweite Heimat geworden.“

      Und Julia erzählte von früher, von ihren Ferien, die sie hier verlebt hatte. Komisch, dachte sie, wie vertraut ich mit ihm bin. Ich kenne ihn doch kaum. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Aber dieses Mal sprudelte es nur so aus ihr heraus, sie merkte gar nicht, dass sie nicht nur über die ganze Gegend hier erzählte, sondern auch über eine Reihe von Leuten, die hier ansässig waren. Luca ließ sie berichten, nur hin und wieder unterbrach er sie, um Genaueres zu erfahren. Plötzlich hielt Julia inne und meinte, sie müsse jetzt zurück, da sie noch ein paar Dinge zu erledigen hätte.

      „Würden Sie auch weiter den Fremdenführer für mich spielen, vielleicht heute Nachmittag?“

      „Das lässt sich einrichten, ich werde zu Ihnen hinüberkommen, da ich noch mit Ihrer Tante sprechen muss.“

      Beide lächelten sich an, und Luca hielt beim Abschied etwas länger als üblich Julias Hand.

      Als