Frau mit Grill sucht Mann mit Kohle. Sabine Ibing

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Название Frau mit Grill sucht Mann mit Kohle
Автор произведения Sabine Ibing
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738033816



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schon Sonntachnachmittach weg. Sex jibt es seit Jahren nich mehr, bewahre. Sie muss Laune haben, die verbreite ick nich, ditte sacht se. Und darum musst ick im Büro auf der Chaiselongue schlafen, ick stör se, wenn ick bis nachts Fernsehn kike. Wat soll ick denn sonst machen? Wenn ick versuch mit ihr zu reden, jibt et nur Krach. Wo sollen da Kinder herkommen?« Den Mund von Hugo umspielte ein weicher Zug, seine Stimme wurde von Wort zu Wort sanfter. »Es jibt sone und solche, und dann jibt es noch janz andere, dit sind die Schlimmsten.«

      »Warum haben Sie sich nicht getrennt, das sind doch unhaltbare Zustände!«, wollte der Anwalt wissen und strich über sein Kinn.

      Hugos Gesicht nahm einen verschämten, leicht einfältigen Ausdruck an. Leise sagte er: »Jeliebt hab ick se und wie. Wie se damals vor mir stand, so zart und zerbrechlich. Sie konnte janz lieb sein, früher jedenfalls.«

      Hugo war in Gedanken versunken und schwieg lange. Plötzlich hob er den Kopf. »Jrößenwahnsinnig isse jeworden, abjehoben! Im Sommer war sie uf Mallorca, allein, ick musste arbeten. Da war se öfter in nem Club, wo Boris Becker und Dieter Bohlen verkehren sollen. Een Typ hat se mit rinnjenommen, da war se stolz wie Lumpi, wa. Uf eenmal wollte se een Appartement auf Malle haben, ne Finca, wenn et jeet! Janz vornehm, wa. Im Winter wollt se nach St. Moritz zum Schieloofen! Icke uff Schier, ha! Bei den Fatzken. Nach Tirol fahren, hab ick jesacht, fünf Sterne soll se haben, ooch nen Schiekurs. Aber dit war ihr zu popelisch, nur St. Moritz oder Davos. Hab jemeint se spinnt. Als se dann nicht aufhörte dit Jeld rauszuschleudern, hab ick Sophie anjedroht, ihr die Kreditkarte wechzunehmen. Denn Madam hat uff mein Konto eenjekoft, nich von ihrem Sparkonto! Ick hab ihr klar jemacht, dat dit so nich jet. Man kann nich allet rauspulvern. Hab jesacht, popel nich so ville, lass noch wat drin für morjen.«

      Rother saß zurückgelehnt in seinem Stuhl, die Arme über der Brust verschränkt. »Hat Ihre Frau gearbeitet?«

      »Inne Firma mit funfzich Prozent Teilzeit, uffem Papier. Jemacht hat se nich ville. Montags meene Spesen verrechnet für die letzte Woche und Briefe - die Kostenvoranschläje und Rechnungen, die ick am Wochenende jeschrieben hab - zur Post jebracht. Dann hat se allet sortiert und abjeheftet fürn Steuerberater. Dit war een halber Tach.« Er suchte in seiner Tasche. »Hier, die Kündigung hat sie mir och hinjelegt, zum Quartalsende. Se nimmt Urlaub, den se in den letzten drei Jahren nich hatte. Ick lach mir kaputt. Die Olle hatte doch nur Urlaub!«

      »Führen Sie Urlaubsscheine in Ihrer Firma?«, fragte Rother.

      »Natürlich, nur nich für meene Frau!«, gab Hugo kleinlaut zur Antwort.

      »Zahlen Sie ihr bitte bis Quartalsende. Sonst machen Sie eine Bauchlandung vorm Arbeitsgericht. Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen, vielleicht will sie Unterhalt erstreiten. Sie könnte vom Zugewinn der Firma etwas haben wollen, wie sieht es damit aus?«

      »Verdammt jut, leider«, meinte Hugo leise.

      Rother kritzelte Dreicke und Quadrate auf seinen Notizzettel. Er schaute auf und schaute Hugo mitfühlend an: »Ihr Steuerberater hat Sie falsch beraten. Mein Tipp: Suchen Sie sich einen Neuen. Das Haus gehört ihr, wie es scheint, der Rest auch; da kann ich wohl nichts machen. Ich schaue mir das noch genau an. Wir können höchstens versuchen, über den Zugewinn etwas herauszuschlagen. Sie besitzt ja Vermögen und müsste Ihnen darum Zugewinn auszahlen.«

      »Wissen se, da is noch wat.« Hugo wurde beim Reden immer kleiner auf seinem Sessel. »Es jibt nen Vertrach ja, nen Ehevertrach. Hat der Steuerberater empfohlen, wejen dem Finanzamt und der Bank, wenn ick pleite jehe. Dit is ihrs und ick komm da nich ran, Jütertrennung hest dit, glob ick. Dit mene Frau nich ran muss, sollte die Firma den Bach runterjehen.«

      »Verstehe ich Sie richtig? Sie haben die Gütertrennung folgendermaßen formuliert: Ihrer Frau gehört Haus und Kapital und Ihnen die Firma.« Der Anwalt sog geräuschvoll Luft ein.

      Hugo spielte nervös mit den Händen. »Na eben nich. Sie hat Haus und Jeld und wegen der Firma hamma nüscht vereinbart.«

      Rother rutschte in seinem Stuhl tiefer und knallte die flache Hand vor die Stirn. »Mann! Wer hat Ihnen so einem Blödsinn geraten?«

      »An Pleite hab ick ja jedacht, dit kann passieren. Aber an Scheidung denkt man doch nich, oder? Dann broch man ja erst jarnisch heiraten.« Hugo war sehr kleinlaut geworden.

      »Die menschliche Fähigkeit, zu glauben, was man lieber nur träumen oder wünschen sollte, ist weitverbreitet, Herr Barradon.«

      BAD HOMBURG

      (Sophie Barradon: Es ist ein Irrtum, anzunehmen, Frauen machen sich schön, um die Männer zu erfreuen. In Wahrheit tun sie es bloß, um andere Frauen zu ärgern.)

      »Mama, kannst du mir erklären, was hier los ist? Dein Mann dackelt auf dem Immobilienball hinter so einer Diva her, dass es fast peinlich ist. Hast du gesehen, wie sich die Leute lustig gemacht haben?« Amelie schien sichtlich wütend.

      »Amelie, ich habe dir erklärt, dass Karl und ich uns getrennt haben. Aber wir werden uns nicht scheiden lassen. Er soll leben, wie er möchte. Ich hatte nicht den Eindruck, dass seine Begleitung blamabel war. Die Kerle haben sich den Hals ausgerenkt! Und das passte manchen Damen nicht. So ist es nun mal«, antwortete ihre Mutter durch das Telefon.

      »Was will Karl mit so einer?«, fragte Amelie schrill.

      Hollywood lässt grüßen!«

      »Mach bitte keinen Aufstand! Karl hat mir alles erzählt: Er hat eine Frau kennengelernt, sich verliebt. Auch sie lebt in Trennung von ihrem Mann, einem Großunternehmer aus der Solarbranche.« Eine Pause entstand. »Na ja, einen Tag vorher hat er gebeichtet. Falte sie nicht gleich zusammen, bloß weil sie ganz ansehnlich ist. Immerhin ist sie in seinem Alter. Stell dir vor, er wäre mit einem Ding in deinem Jahrgang aufgetaucht. Da wäre er nicht der Erste.«

      »Wie kannst du so cool damit umgehen. Dein Mann läuft mit einem Flittchen rum und du findest das legitim! Das ist doch erniedrigend! Besitzt du überhaupt keinen Stolz!« Die Enttäuschung war Amelie anzuhören.

      »Würde es etwas ändern, wenn sie eine hässliche Tonne wäre?«

      »Aber klar Mama. Das wäre dann, das wäre ...«, Amelie stockte, »na, eben nicht so erniedrigend!«

      »Schon Friedrich Nietzsche sagte, die Menschen drängen nicht zum Licht, um besser zu sehen, sondern um besser zu glänzen. Es ist sein Leben, basta. Ich habe dir nicht reingeredet, als du mit diesem Affen zusammen warst. Wie hieß er noch gleich?«, fragte Alexandra schnippisch.

      »Björn.«

      »Genau. Björn. Ich hatte damals gehofft, dass dein Gehirn sich einschaltet, wenn der Hormonschub sich setzt.«

      »Björn ist kalter Kaffee und kein Thema mehr, darüber will ich nicht mehr reden!«, platzte Amelie in die Worte ihrer Mutter.

      »Dann sprechen wir jetzt auch nicht über Karl!« Alexandra vernahm den heftigen Atem auf der anderen Seite des Telefons. Sie konnte sich vorstellen, wie Amelie damit kämpfte, den Mund zu halten, und sah ihre Gesichtszüge vor sich.

      »Mama, wir sehen uns heute Abend beim Essen zu Hause.«

      »In Ordnung, aber das Thema wird nicht erneut aufgetischt!«

      Amelie stöhnte: »Versprochen.«

      Natürlich hatte der Auftritt von Sophie beim Immobilienball Alex einen Stich ins Herz versetzt. Aufgeblasen stolzierte die Lady durch die Gegend wie die Königin der Nacht. Den Kerlen waren fast die Augen herausgequollen, sie standen sabbernd um die Frau herum. Das ärgerte Alex. Und wie sie ihre roten Haare ständig mit der flachen Hand über die Schultern streifte, begleitet von diesem Sexihexiblick, mit dem sie allen Männern tief in die Pupillen blickte. Dazu dieses Kleid! Auf der einen Seite so hoch geschlitzt, dass man bald fast den Slip sehen konnte, ein teures Designerkleid.

      Sie selbst musste bei der Anprobe neuerdings darauf achten, dass Stoffe ihren Bauchrollen schmeichelten und die Hüften umspielten. Sie mochte gar nicht daran denken. In den meisten Kleidern wirkte