PENNYFLAX und das Uhrwerk der Sterne. Andreas Bulgaropulos

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Название PENNYFLAX und das Uhrwerk der Sterne
Автор произведения Andreas Bulgaropulos
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750215856



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glatt die Leichtigkeit des Mondes vergessen!« Behutsam tippelte er zurück zur Rettungskapsel und holte die Schwerkraftstiefel heraus, von denen er ein Paar seiner Freundin reichte. Nachdem beide die Stiefel aus kariertem Kreuzworträtsel-Leder und extra schwerer Sudoku-Sohle angezogen hatten, stellten sie erfreut fest, dass Schlonzos Erfindung für ein Gehgefühl wie auf der Erde sorgte.

      So gerüstet stapften die drei in Richtung des Berges los, der sich in fünfhundert Metern Entfernung auf der silbern glänzenden Ebene erhob.

      ***

      Obwohl das Mare Nubium mit seinen Büschen, Gräsern und spärlich gesäten Bäumchen kaum Attraktionen bot, verschlangen Pennyflax und Shirah die Gegend mit ihren Augen. Bereits nach wenigen Metern hatten sie sich an das Gehen mit den Schwerkraftstiefeln gewöhnt und staunten über die zeitlupenartig zu Boden rieselnden Staubwölkchen, die sie bei jedem Schritt verursachten. Dies lag an der verminderten Anziehungskraft des Mondes, die nur ein Sechstel der Erdanziehung betrug. Überhaupt waren die zwei von dem Gestein und den Pflanzen fasziniert, denn die Flora schimmerte ähnlich, wie Lunos Körper. Alles war mit jenem Lichtsilber durchsetzt, das die Mondbewohner zum Überleben benötigten.

      Trotz der Atemnot, die die zwei verspürten, stellten sie Luno tausend Fragen zu dem Lichtsilber. Sie erfuhren, dass es »Arkanos« genannt wurde und sogar als Energiequelle diente, mit der die Lunari ihre Maschinen betrieben.

      Pennyflax kratzte sich unterm Schlapphut und wunderte sich: »Heißt das, ihr schmeißt einfach ’ne Handvoll Sand in eure Raumschiffe und dann fliegen die?«

      Der Mondmann schüttelte den Kopf. »Aber nein, mein Freund. Erinnerst du dich nicht an den Antriebskristall, den mir die Goblins vergangenen Sommer stahlen, als ich in eurem Nachbartal notlandete und wir uns dort kennenlernten? Dieser Kristall bestand aus Arkanos, dem Lichtsilber. Es überzieht den gesamten Boden der Mondvorderseite und tritt an vielen Stellen in konzentrierter Form auf. Kristalle, die wir Lunari zu verschiedenen Größen zurecht schleifen und damit unsere Maschinen antreiben. Und dennoch ist das Arkanos in allem, was du um dich herum siehst. Sogar in allen Lebewesen.« Er lächelte und deutete an sich herunter. »Meine schimmernde Haut ist der beste Beweis dafür!«

      »Schon klar. Aber wie entsteht das Arkanos, und was genau isses?«, wollte Pennyflax wissen, während er ein leuchtendes Tier durchs Gras hoppeln sah, das einem Hasen ähnelte.

      Luno kontrollierte sein Navigationsgerät und säuselte: »Wir Lunari denken, das Lichtsilber kam mit den Göttlichen Erschaffern auf den Mond. Wie ich euch erzählte, erschufen die Zwölf das Universum mithilfe des Uhrwerks der Sterne, das heute noch die Zeit antreibt. Anschließend schenkten sie ihre göttliche Macht in Form der Klangstein-Säulen den Rassen Eraluvias und ließen sich auf dem Mond nieder, um den Volksstamm der Lunari zu gründen. Womit sie ihr Leben als sterbliche Wesen begannen … und schließlich starben. Zumindest elf der Zwölf, weil es eine Ausnahme gab. Doch ihr göttlicher Atem, das Lichtsilber, überzieht noch immer den Mond und leuchtet vor allem, wenn Sonnenstrahlen darauf treffen.«

      »Hm …«, brummte Pennyflax und fasste zusammen, wie er die Sache verstanden hatte. »Eure Götter bastelten also einen Riesenwecker, damit die Zeit voran läuft und sie dadurch Dinge entstehen lassen konnten. Dann starben elf von ihnen, aber einer hat lieber was anderes gemacht. Und offensichtlich hatten die ziemlichen Mundgeruch, wenn ihr Lichtsilber-Atem heute noch da ist. Ich finde es nur schade, dass das Arkanos bei Sonnenuntergang aufhört zu leuchten.«

      »Es leuchtet schon, nur nicht mehr so stark. Außerdem geschieht das je nach Gebiet erst übermorgen«, klärte Luno ihn auf. »Die Tageszeiten hier auf dem Mond unterscheiden sich von denen auf der Erde. Bei uns scheint die Sonne vierzehn Tage am Stück. Und die Nacht dauert genauso lang.«

      Pennyflax stolperte fast vor Überraschung. »Du behauptest ernsthaft, ihr habt auf dem Mond zwei Wochen lang Tag und zwei Wochen Nacht?«

      »Ganz recht, mein Freund. Das liegt daran, dass sich der Mond viel langsamer als die Erde dreht und Helligkeit und Dunkelheit langsamer wechseln.«

      Shirah war an einem Teich stehen geblieben. Sie prüfte im Wasser, ob ihre geharzten Zöpfe ordentlich abstanden, pflückte einen Strauß Kristallblumen und erkundigte sich: »Aber wenn das Arkanos nachts kaum leuchtet, verlassen euch Mondbewohner dann nicht die Kräfte?«

      Luno schmunzelte. »Nein, liebe Shirah. Dazu müsste es monatelang dunkel bleiben. Nur diese Lichtsilber-Diebstähle können uns gefährlich werden.«

      »Und was ist mit der dunklen Seite des Mondes?«, bohrte die Koboldin nach. »Gibt es dort kein Lichtsilber, weil die Sonne da nie scheint?«

      »Eigentlich«, erklärte Luno, »handelt es sich um eine falsche Ausdrucksweise. Natürlich wird der Mond auf beiden Seiten von der Sonne beschienen, da er genauso langsam rotiert, wie er um die Erde kreist. Doch auf seiner Rückseite dringt die Sonne kaum durch den schwarzen Dunst zur Oberfläche durch. Schuld daran tragen jedoch weniger die Finsterlinge, sondern ihre Gebieterin, die …«

      Luno stockte und schaute sich nervös um, als fürchtete er, beobachtet zu werden. Er flüsterte: »Wie ich bereits in Garstingen erwähnte, wurden die Finsterlinge von einer düsteren Macht erschaffen, welche die andere Seite des Mondes beherrscht. Über diese Macht dürfen wir Lunari nicht sprechen, weil wir ein großes Unheil bei der Erwähnung ihres Namens fürchten. Etwas kann ich euch aber verraten: Es handelt sich um die eine, übrig gebliebene Erschafferin, die sich damals weigerte, ihre Unsterblichkeit aufzugeben, als die anderen elf sich dafür entschieden. Und weil sich jene göttliche Zwölfte in Hass und Kälte hüllt, ist die gesamte Mondrückseite in Dunkelheit versunken.«

      Pennyflax bekam ein mulmiges Gefühl bei der Sache und fragte sich, mit welchen Kräften er und Shirah sich da anlegen wollten. Kriegten sie es allen Ernstes mit einer ehemaligen Göttin zu tun, die einst das Universum erschaffen hatte? Vor allem grübelte er über die Bedeutung nach, die das Lichtsilber für die Finsterlinge und ihre Gebieterin haben mochte. Denn schließlich stahlen die Schurken große Mengen des Arkanos, um auf der dunklen Seite des Mondes irgendetwas damit anzustellen.

      Da gibt’s bestimmt, vermutete der Kobold, einen Zusammenhang zu den Wissenschaftlern und Magikern wie Meister Snagglemint, die von ihren Heimatplaneten entführt und auf die Mondrückseite verschleppt werden. Er nahm sich deshalb vor, Luno bei der nächsten Gelegenheit eindringlich über diese Göttin der Dunkelheit auszufragen. Oder zumindest den Hohen Rat der Lunari in Kosmopolis, sobald sie dort ankamen.

      Die drei Freunde hatten während ihrer Unterhaltung die fünfhundert Meter bis zu dem Berg zurückgelegt, der sich am Rand der Mare Nubium-Ebene erhob. Zu ihrer Erleichterung bestätigte sich Lunos Vermutung, denn dort verlief tatsächlich eine Straße, neben der eine Raststätte lag. Und auf dem Dach der Raststätte blinkte ein Neonschriftzug in bunten Buchstaben, der wiederum der Grund für den Lichtschein am Berghang war, den man schon von Weitem sah. Die Wörter des Schriftzugs »Rupert Ranzigs Brutzelbude« wirkten in der Gras- und Buschlandschaft zwar völlig fehl am Platz, verhießen aber die Möglichkeit, eine Mitfahrgelegenheit zu finden.

      Bevor sich die drei jedoch über die Anzeichen der Zivilisation freuen konnten, spürten sie ein Vibrieren unter ihren Füßen. Einige Vögel stoben im Gras auf, und ehe sie sich versahen, begann der Boden zu beben. Schmale Risse entstanden im silbrigen Untergrund, in die Sand hinein rieselte und aus deren Tiefen ein Rumpeln und Knirschen herauf polterte.

      Die Gefährten gerieten ins Taumeln und hielten sich vor Schreck an den Händen fest. Aber die Erschütterungen endeten so schnell wie sie begonnen hatten – bereits nach wenigen Sekunden war der Spuk vorbei.

      Mit Sorgenfalten auf der Stirn führte der Mondmann die beiden Kobolde auf die Raststätte zu und vermochte sich keinen Grund auszumalen, warum sein Heimatplanet plötzlich von Beben heimgesucht wurde.

      *** 5 ***

      Während Pennyflax, Shirah und Luno sich der Raststätte am Rand der Straße näherten, rätselten sie über die merkwürdigen Erschütterungen, die vor wenigen Minuten den Untergrund des Mare Nubium hatten wackeln