PENNYFLAX und das Uhrwerk der Sterne. Andreas Bulgaropulos

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Название PENNYFLAX und das Uhrwerk der Sterne
Автор произведения Andreas Bulgaropulos
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750215856



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Rochenform der Finsterling-Jäger zerfasern ließen. Dadurch verschmolzen sie beinah mit dem Dunst der Umgebung und ähnelten umso stärker Mantas, die in der Tiefsee auf Beutejagd dahinglitten. Nur ihre Cockpits wirkten wie Dämonenfratzen und schienen sich den Stürmen entgegen zu stemmen.

      Das Kommandoschiff besaß zwei jener Dämonen-Cockpits am Bug. Doch am deutlichsten unterschied es sich von den kleinen Begleitschiffen durch seinen Frachtraum, der bis unter die Decke mit Arkanos gefüllt war. Dieses stammte von der Ebene des Mare Nubium, wo die Finsterlinge im Auftrag ihrer Gebieterin eine Serie von Raubzügen in den vergangenen Tagen unternommen hatten. Raubzüge, die sich trotz der Entfernung zum Schattenreich gelohnt hatten, da das Lichtsilber des Mare Nubium eine hohe Reinheit und Qualität aufwies.

      Nachdem das Dreiergeschwader ein kurzes Stück durch das Zwielicht gebraust war, gelangte es in ein Gebiet, in dem sich die Dunstschleier verdichteten und am Boden ein Straßennetz sowie Gebäude auftauchten. Zackig und rau waren diese Gebäude, als ob jemand Lavaschlacke in Formen gegossen hatte. Wie stachelbewehrte Urzeitmonster kauerten sie sich an den Felsboden, schnauften mittels der Schornsteine auf ihren Rücken und waren durch ein Gewirr von Rohrleitungen verbunden. Der dreckige Qualm, den sie ausstießen, offenbarte jedoch ihre wahre Natur: Es handelte sich um Fabrikhallen, und zwar hunderte von ihnen, die einen Ring bildeten. Einen weit ausgedehnten Ring, in dessen Mitte ein gigantischer Krater lag, mit einem Durchmesser von hundert Kilometern.

      Das Kommandoschiff und seine Begleitjäger schwirrten über die Fabrikhallen und Straßen hinweg und steuerten den Kraterrand an, der einem Berghang glich. Auf jenem Rand erhoben sich Türme aus Schwarzgestein, von deren Außenwänden zahlreiche Landeplattformen abstanden und wo ein reger Flugverkehr herrschte. Während die beiden kleinen Jäger abdrehten und davonrauschten, drosselte das Kommandoschiff sein Tempo und sank auf einen der Türme nieder.

      Begleitet von einem Zischen setzte es auf der Plattform auf. Staub wirbelte von dem spiegelglatten Boden hoch. Die Konturen des Schiffs verfestigten sich, so dass es nicht mehr wie ein Nebelfetzen, sondern wie ein Raumschiff aussah, dessen Triebwerke nun aufhörten zu glühen. Kurz darauf summte die Luke seines Laderaums und öffnete sich.

      Im selben Moment, in dem die Luke herunter klappte, strömte eine Heerschar von Finsterling-Helfern aus dem Turm hervor. Wie Insekten schwärmten sie zur Öffnung des Schiffsbauchs hin, um die Lichtsilber-Fracht in Empfang zu nehmen. Obwohl sie hektisch durcheinander wuselten, war ihr Treiben von Eleganz geprägt, da ihre tiefschwarzen Körper Wattebäuschen ähnelten, die man unter Wasser hin und her bewegte. Somit erschienen sie recht fransig und besaßen zwar Arme und Beine, statt Gesichtern aber düstere Flecken mit einer Öffnung darin. Die Schattenwesen schnatterten geschäftig, was wie eine Mischung aus Vogelkrächzen und dem Knistern von Heuschrecken klang. Zudem verloren sie bei ihren gleitenden Bewegungen Teertropfen, die sich im Wind auflösten und als Rußwölkchen forttrieben.

      Aus dem Frachtraum des Kommandoschiffs quollen die Lichtsilber-Klumpen wie große Kandiszuckerstücke. Allerdings Klumpen, welche von Schattenschleim-Fäden umwickelt waren und ausschauten, als ob sie jemand in schwarze Wolle eingeschnürt hatte. Teilweise strahlte das silbrig-blaue Arkanos zwischen den Fäden hindurch und zauberte einen wahren Glitzerregen auf die Landeplattform. Natürlich mussten sich die Finsterlinge vor jenen Lichtstellen in Acht nehmen. Aufgeregt huschten sie um die heraus purzelnden Klumpen herum, verklebten die kritischen Stellen mit dem Schleim, den sie aus ihren Mündern würgten und luden die Fracht auf Rollwagen.

      Bei dieser Tätigkeit übersah einer der Finsterlinge eine noch nicht verklebte Stelle und berührte das Silber des Klumpens. Sofort durchzuckte ihn die Energie wie ein Stromschlag, erfüllte ihn bis in die letzte Schattenfaser mit Licht und blähte ihn zu einem Ballon auf. Schließlich stieß er einen Schrei aus und zerplatzte in einem Funkenschauer. Nur ein kohlegroßer Kern blieb übrig, der ein paar Meter über den Steinboden kullerte und zu Asche verpuffte.

      Die anderen Finsterlinge waren auf Abstand zu ihrem Kameraden gegangen, setzten aber nach dessen Zerplatzen das Verladen fort, ohne eine Gefühlserregung zu zeigen. Sie schoben Wagen für Wagen des eingesponnenen Lichtsilbers zu einem Fahrstuhl in der Turmwand hinüber, der es nach unten transportierte.

      Unterdessen öffneten sich die beiden Dämonenfratzen-Cockpits des Kommandoschiffs. Wie auf ein geheimes Zeichen sprangen zwei Finsterlinge aus den Pilotensesseln und landeten gleichzeitig auf der Plattform. Im Gegensatz zu den niederen Schattenwesen besaßen sie kräftigere Gliedmaßen, Dornen auf ihren Schultern und wilde Stachelfrisuren. In den ebenfalls dunklen Flecken ihrer Gesichter glomm ein roter Punkt wie ein Stück Glut. Völlig synchron, als wäre der eine die Kopie des anderen, liefen sie im Gleichschritt nebeneinander her, auf den Ausgang des Turms zu. Augenblicke später hatten sich die beiden beim Laufen so weit genähert, dass sie nur noch Zentimeter voneinander trennten. Sie kamen sich immer näher, und als ob sich zwei Spiegelbilder verbanden, saugten sie sich gegenseitig auf: Begleitet von einem dumpfen Knirschen verschmolzen sie zu einem einzelnen, großen Schattenwesen.

      Der neu entstandene Finsterling wirkte noch bedrohlicher als seine Artgenossen. Er hatte scharfe Klauen, Stacheln am ganzen Körper und der rote Punkt in seinem Schattengesicht glühte umso heller. Als einziger Vertreter seiner Art verlor er keine Teertropfen, doch sein Hauptmerkmal war sein gebückter Gang, der an ein Raubtier erinnerte. Zielstrebig huschte er auf die Ausgangstür zu, wo er bereits erwartet wurde.

      Ein vornehmer Finsterling, der wegen seines nebelhaften Fracks wie ein Pinguin aussah, wartete neben der Tür. Bei ihm handelte es sich um einen sogenannten Kurschatten, der die Tätigkeit eines Nachrichtenübermittlers ausübte und seine Auftragsperson so lange verfolgte, bis er die Botschaft überbracht hatte. Er blickte dem Ankömmling entgegen und hob den Arm zum Gruß. »Ewige Nacht, Nocturus!«, raunte der Kurschatten, wobei seine Stimme wie ein Krächzen und Knistern aus dem Loch seines Gesichts tönte.

      Nocturus stoppte vor dem Kurschatten und streckte seinen Stachelkörper, der nach der Verschmelzung beider Hälften wie immer kribbelte. »Ewige Nacht«, grüßte er mit einem tiefen Knistern zurück und raunte: »Du hast eine Nachricht unserer Herrin für mich, Bote?«

      Der Kurschatten nickte. »In der Tat. Doch bevor ich sie übermittle, lässt die Gebieterin fragen, wie der Raub des Lichtsilbers im Mare Nubium verläuft.«

      Nocturus wies hinter sich auf sein Kommandoschiff. »Schau dir unsere Ausbeute an, Frackträger! Noch nie haben wir eine solche Menge Lichtsilber dieser Qualität geerntet. Anfangs hatten wir zwar Schwierigkeiten, das Arkanos von der Oberfläche der Ebene zu lösen, weil seine magische Kraft immens ist. Viele unserer Dienerlinge verbrannten dabei zu Asche. Doch seit der neue Sternstaub-Sauger zum Einsatz kommt, der das Lichtsilber mithilfe seines Schwarzloch-Gebläses in den Laderaum saugt, sind unsere Beutezüge von Erfolg gekrönt. Nicht einmal die schwächlichen Lunari können das verhindern, da uns ihre Garde zahlenmäßig unterlegen ist und sie aus Angst vor uns erzittern!«

      Der Kurschatten rieb sich die nebelhaften Hände und wollte ein Lob aussprechen.

      Aber Nocturus ergänzte: »Nur ein unbedeutender Vorfall störte heute unseren Raub. Ein Lunari-Schiff kam uns am Rand des Mare Nubium in die Quere und schoss einen unserer Jäger mit seinem Phrasendrescher ab. Während der anschließenden Verfolgungsjagd brachten wir es jedoch mit unseren Leser-Strahlen zur Strecke … seine Trümmer dürften noch immer qualmen.«

      Mit einem bedrohlichen Unterton in der Stimme krächzte der Kurschatten: »Von solcherlei Misserfolgen erfährt unsere Gebieterin höchst ungern! Sie wird dir einen Teil deiner Schattenkraft nehmen, wenn ich ihr davon berichte. Also vermeide in Zukunft derartige Fehler, verstanden?!«

      Nocturus stieß ein Schnauben aus. Er verabscheute Bürokraten wie den Kurschatten. Weichlinge, die den ganzen Tag Papierkram wälzten, sich nie die Hände schmutzig machten und dafür jeden Monat einen Erholungsurlaub im Wellness-Club spendiert bekamen. Sie hatten keine Ahnung davon, was es bedeutete, im Licht der Mondvorderseite Silber zu rauben oder Gelehrte von anderen Welten zu entführen. Deshalb beugte sich Nocturus vor, ließ sein rotes Auge aufblitzen und flüsterte: »Hüte deine Zunge, Frackträger! Wie die Gebieterin über meine Leistungen urteilt, ist allein ihre Sache. Solltest du ihre Entscheidungen beeinflussen, entreiße ich dir deinen Schattenkern und verbrenne ihn im Licht der