PENNYFLAX und das Uhrwerk der Sterne. Andreas Bulgaropulos

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Название PENNYFLAX und das Uhrwerk der Sterne
Автор произведения Andreas Bulgaropulos
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750215856



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gab Shirah zu bedenken. »Aber wenn Schweineöhrchen wirklich so streitlustig ist, zerreißt er dich zu Konfetti. Um den kümmere ich mich lieber … hab da genau das Richtige!« Sie grinste geheimnisvoll.

      Pennyflax zog eine kritische Miene. Ihm passte es gar nicht, dass sich seine Freundin der geifernden Bestie ausliefern wollte. Andererseits vertraute er ihr und wusste, wie schlau sie war. Deshalb stimmte er nach einigem Überlegen zu. »Also gut. Bist aber vorsichtig, ja?!« Shirah nickte, und der Kobold fragte Bernardo, der inzwischen bei ihnen am Tisch saß: »Können Luno und ich auch helfen?«

      Der Erfinder hob seinen Arm und deutete am Tresen vorbei zur Küche. »Rosso, ihr könnt. Seht ihr die Bildschirme, die im Dunst über der Fritteuse hängen? Rupert lässt sie niemals aus den Augen, denn sie zeigen die Bilder der Überwachungskameras innerhalb und außerhalb des Gebäudes. Während deine Freundin und ich die Batterie besorgen, müsst ihr beiden für Ablenkung sorgen, damit uns Rupert und seine Bedienung Roberta nicht auf dem Bildschirm sehen. Lasst euch irgendwas einfallen, wie zum Beispiel …« Bernardo Maschinski stockte, seine Augen weiteten sich hinter den Brillengläsern, und sein Finger, der noch immer Richtung Küche wies, begann zu zittern. Er stotterte: »Oh, nein! D… da k… kommt er! Da kommt Rrrr…rupert!«

      In diesem Moment schälten sich aus dem Bratdunst, der im Gang zur Küche waberte, die Konturen eines mächtigen Außerirdischen. Er hatte vier Arme und vier Beine, die in scherenartigen Pranken endeten und ein Klappergeräusch produzierten. Auf seinem Kopf, der fast die Decke berührte, wippten zwei Fühler, und sein Körper wurde von Panzerplatten geschützt, die in einem Ozeanblau glänzten. Als er sich näherte, erkannten die Freunde, dass Rupert der Wirt einem Schalentier ähnelte – einem Hummer. Dennoch schien er beweglicher zu sein, da er das Restaurant in Windeseile durchquerte.

      Sofort verstummten sämtliche Unterhaltungen in der Raststätte. Stühle wurden aus dem Weg gerückt, und irgendwer murmelte: »Jetzt gibt’s Ärger … der stammt von der Venus … und Venusianer verstehen gar keinen Spaß!«

      Während Rupert auf seinen vier Beinen heran stampfte, folgte ihm die Robbe Roberta und zeigte auf den Tisch der Freunde. »Das ist die Bande!«, keifte sie. »Die wollten Vegetarisches bestellen und haben gar kein Geld!«

      Olle Petze!, dachte Pennyflax und musste den Kopf in den Nacken legen, als Rupert am Tisch stehenblieb. Der Kobold blickte hinauf in das Hummergesicht des Wirts, bemerkte dessen rabenschwarze Knopfaugen und die Reihe von Beißwerkzeugen in seinem Maul, die sich bewegten und knirschten. Statt einer Nase wölbten sich auf seiner feuchten Haut vier Höcker, aus deren Öffnungen ein Schnauben drang und die einen starken Fischgeruch verströmten. Eine seiner Scherenhände umklammerte einen Bratspieß, an dem Fleischreste baumelten.

      Ob ich dem Grobian gleich mal klarmache, was Sache ist?, fragte sich Pennyflax. Er gab sich einen Ruck, lüftete seinen Schlapphut und begrüßte den riesenhaften Wirt. »Ranzigen Sterntag wünsche ich, Herr Rupert. Oder sagt man hier Sternstunde? Egal … ich habe mit meinen Freunden eine wichtige Angelegenheit in Kosmopolis zu erledigen, weil die Finsterlinge euch Mondbewohnern das Arkanos klauen. Weißt schon, das Lichtsilber, das da draußen so rumleuchtet. Und du könntest uns helfen, flugs in die Stadt zu kommen, indem du Bernardos Solarbatterie rausrückst. Zur Belohnung würden wir auch niemandem erzählen, dass du diese ganzen Radikalen an deine Gäste verfütterst. Soll ja schließlich keiner denken, du würdest in deinem Schuppen Essen für Menschenfresser anbieten. Oder gar die Hygiene schleifen lassen. Abgemacht?«

      Rupert Ranzig beugte sich wie in Zeitlupe zu dem Gast hinunter und funkelte ihn mit seinen schwarzen Knopfaugen an. Seine Fühler bogen sich nach vorne und berührten fast die Schultern des Kobolds. Schließlich öffnete er sein Maul, ließ ein Knirschen vernehmen und gluckerte mit einer tiefen Stimme, die vom Grunde des Meeres zu kommen schien: »Du bischt alscho der Klugscheißer, der Grünkram bestellt, meine Bedienung beleidigt und keinen müden Orbit hat! Und jetzt glaubscht du scheinbar, du könntest misch mit deinem verdrehten Geschwätz erpressen, wasch?! Hattescht wohl Linguistik-Linguini zum Frühstück, wie?!«

      »Äh … um genau zu sein, hatte ich Knusper-Floskeln«, stammelte Pennyflax kleinlaut und wollte seinem Gegenüber von der Attacke der Finsterlinge berichten.

      Doch Rupert Ranzig donnerte dazwischen: »Ruhe! Dasch war eine rhetorische Frage, auf die isch gar keine Antwort haben will! Du nimmscht jetzt deine Freunde und siehst zu, dasch du Land gewinnscht, sonst lasse isch meinen Hund von der Kette. Und wehe, du hetzt mir die Lebensmittelkontrolleure vom Gesundheitsamt auf den Halsch!«

      »Wir kommen hier aber nicht weg«, murmelte der Kobold und senkte seinen Blick, weil der Wirt ihm gehörig Angst einjagte. »Hatten ’nen Absturz, und …«

      »Ischt mir sowasch von Wurst und Conchita, Jungchen«, blaffte der Wirt. »Sehe isch deine Visage hier nochmal, mache isch Astronautennahrung aus dir!« Nachdem er seine Worte hatte wirken lassen, wandte er seinen Hummerkopf Bernardo zu. »Immer noch da?!«, gluckerte er den Erfinder an und knallte fünf Münzen auf den Tisch. »Wie oft scholl isch dir noch erklären, dasch dein Fluggerät kaputt ischt? Hier hascht du fünfzig Orbits für dasch Altmetall, dasch der Schrotthaufen bringt. Zufrieden?!«

      Pennyflax fragte sich, ob man überhaupt Gefühlsregungen im Gesicht eines Hummers erkennen konnte. Doch er glaubte, ein Lächeln des Triumphs über Rupert Ranzigs Züge huschen zu sehen, als der Wirt mit seiner Scherenhand den Stapel Münzen, den er eben auf den Tisch gelegt hatte, wieder einkassierte.

      »Leider musch isch dir die fünfzig Orbits für den Sauerstoff bereschnen, den du mir seit vorgeschtern weggeatmet hascht. Und jetzt rausch. Alleschamt!«

      Luno, Shirah und Pennyflax rutschten mit ernsten Mienen von den Sitzbänken, soweit es die verklebten Polster zuließen, und schlichen Richtung Tür. Bernardo Maschinski schlurfte hinterher, ließ den Kopf hängen und hörte, wie die Musik und das Stimmengewirr wieder einsetzen. Beim Hinausgehen bemerkte er aus den Augenwinkeln das hämische Grinsen von Roberta.

      Wieder draußen an der kühlen Luft, atmeten die Freunde tief durch und schüttelten ihren Ärger ab, der sich in Rupert Ranzigs Brutzelbude angesammelt hatte. Eine erfrischende Brise wehte über die Graslandschaft des Mare Nubium, und die große Dreiviertel-Erde leuchtete nach wie vor am dunkelblauen, gesprenkelten Sternenhimmel.

      Shirah fand als erste die Sprache wieder. »So ein gemeiner und unhöflicher Grobian!«, beschwerte sie sich und schnupperte angewidert an ihren Zöpfen, in denen der Bratmief hing. »Den müsste die Mondgarde mal verhaften, damit er Reisenden nicht mehr diesen Fraß vorsetzen und sie auch noch bestehlen kann!«

      Luno nickte. »Ich bin deiner Meinung, geschätzte Shirah. Doch bedauerlicherweise sind unsere Sicherheitskräfte voll und ganz mit den Finsterling-Diebstählen beschäftigt.«

      Auch Pennyflax’ Wut verrauchte, indem er nach einer Lösung für die vertrackte Situation suchte. »Höchste Eisenbahn«, verkündete er, »dass wir die Ungerechtigkeit beenden und unseren Plan in die Tat umsetzen! Während sich Shirah und Bernardo den Schweinehund vorknöpfen und sich die Helios-Copter-Batterie krallen, sorgen Luno und ich für Ablenkung, damit Rupi und Robbi nix davon mitkriegen.« Er ließ seinen Blick über das Gelände der Raststätte schweifen und hielt Ausschau, ob sich eine Gelegenheit bot.

      Da stach ihm ein Bus ins Auge, der gerade von der Gleiterbahn abbog und zum Parkplatz schwebte. Auf der Seite des Busses prangte das Bild eines Hamburgers, der rot durchgestrichen war und unter dem »Gammelfleisch nein danke!« stand.

      Pennyflax begann über beide Ohren zu grinsen – soeben kam ihm eine Idee.

      *** 6 ***

      Die drei Finsterling-Jäger zischten über der Kraterlandschaft dahin und passierten die Grenze zwischen Licht und Schatten. Hatte das Geschwader zuvor noch die Silberwälder und funkelnden Flusstäler der Mondvorderseite überflogen, erreichte es nun eine Wand aus Ruß, welche den Himmel verdüsterte. Die drei Schiffe schossen durch den Schleier hindurch und wurden vom Halbdunkel verschluckt, das sich neuerdings von der Rückseite bis hierher in den Norden der Vorderseite