Die Pferdelords 02 - Die Kristallstadt der Zwerge. Michael Schenk

Читать онлайн.
Название Die Pferdelords 02 - Die Kristallstadt der Zwerge
Автор произведения Michael Schenk
Жанр Языкознание
Серия Die Pferdelords
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750221420



Скачать книгу

sind sehr müde und brauchen eine kurze Rast.«

      Der Wachhabende lachte auf, wandte sich ins Innere des Turms und rief

      etwas nach unten. Im nächsten Moment öffneten sich die beiden massiven

      Eisenflügel des Tores. Die Lautlosigkeit, mit der dies geschah, ließ darauf

      schließen, wie sehr die Anlage gepflegt wurde. Auch wenn man keinen Feind

      fürchtete, so hielten die Soldaten des Reiches der weißen Bäume stets ihre

      Augen offen und die Waffen bereit. Nie wieder würden sie sich, wie vor

      wenigen Jahren geschehen, von der Streitmacht der Orks überraschen lassen.

      Die Truppen Alnoas hatten damals schwer gelitten, und es würde noch

      lange dauern, bis sie ihre alte Stärke wieder erreicht hatten. Aber nicht aus

      diesem Grund war der Turm nur mit wenigen Männern besetzt. Vielmehr

      diente der Wachtposten als Glied der Signalfeuerkette. Auf seiner obersten

      Plattform lag das geschichtete Brennmaterial bereit, um eine drohende Gefahr

      mit lodernden Flammen kundzutun.

      Lomorwin und seine Gruppe betraten das Innere des Gebäudes. Das

      Erdgeschoss war derart geräumig, dass es einer großen Halle glich. An den

      Wänden waren die zahlreichen Öffnungen für die Bogenschützen zu

      erkennen, durch die schwach das Tageslicht hereinfiel. Die Stockwerke waren

      durch eine einzelne schmale Treppe verbunden, die für einen Angreifer wohl

      nur schwer zu erstürmen war.

      Die Gardisten des Königreichs trugen im Gegensatz zu den Pferdelords

      eine einheitliche Rüstung aus silbergrauem Metall, die Unterleib und

      Oberkörper vollständig bedeckte. Der Brustpanzer lief nach vorn keilförmig

      zu und zeigte das eingeprägte Wappen des Königreichs. Die seltsam spitze

      Form erschwerte es entgegenkommenden Geschossen, die Panzer zu

      durchdringen. Die Helme bedeckten den Kopf bis zum Nacken, ließen jedoch

      die Ohren frei. Nach oben hin liefen sie zu Spitzen aus, in denen Federn

      steckten. Deren Anzahl und Farbe gaben Auskunft über Rang und

      Waffengattung ihrer Träger.

      So kennzeichnete eine einzelne Feder den einfachen Gardisten, zwei

      Federn waren dem Rang eines Hauptmanns vorbehalten, ein

      Legionskommandeur führte drei, und ein Oberbefehlshaber schmückte seinen

      Helm mit vier Federn. Waren sie blau, so handelte es sich um Schwertmänner

      und Spießträger, die rote Farbe war den Bogenschützen vorbehalten, während

      Gelb die Reiterei des Königreichs repräsentierte.

      Von der Turmbesatzung trugen nur vier Männer die volle Rüstung, die

      anderen hatten die Panzerung gar nicht erst angelegt, und so konnte man ihre

      grauen Beinkleider und Wämse sehen. Der Hauptmann trug zu seinem Wams

      als Zeichen seiner Würde lediglich den Helm mit den beiden schwingenden

      Federn.

      »Ich bin erfreut, Euch wiederzusehen, guter Herr Lomorwin«, sagte der

      Hauptmann wohlgelaunt und reichte dem Händler die Hand. In Alnoa war

      dies eine Geste der freundlichen Begrüßung, denn es wurde die Schwerthand

      gereicht, um zu zeigen, dass man keine Waffe hielt und friedliche Absichten

      hegte. »Ihr seid auf dem Heimweg in die Nordmark?«

      »Sogar noch weiter hinauf«, erwiderte Lomorwin und reichte einem

      Soldaten die Zügel seines Pferdes. »Mein Ziel ist die Hochmark des

      Pferdefürsten Garodem.«

      »Garodem? Ja, von dem habe ich gehört. Er soll sich vor Jahren recht

      wacker geschlagen haben.« Der Hauptmann musterte Lomorwins Lasttiere.

      »Ihr wollt bei uns nur eine kurze Rast einlegen?«

      »Und Ihr wollt sicherlich einen kurzen Blick auf mein bescheidenes

      Angebot werfen, nicht wahr, guter Herr Hauptmann?« Lomorwin lachte

      freundlich. »Dafür reicht die Zeit immer.«

      Lomorwin handelte ausschließlich mit Waren, die in den Ländern seiner

      Kunden nicht hergestellt oder zumindest sehr selten waren. Die Bewohner des

      Königreichs Alnoa interessierten sich besonders für die Lederarbeiten der

      Pferdelords, obwohl sie sich selbst auf die feinsten Arbeiten verstanden. Doch

      war Hornvieh im Land der weißen Bäume selten, und so waren die Waren aus

      den Marken des Pferdevolkes wegen der günstigen Preise begehrt. Im Land

      der Pferdelords fanden hingegen die feinen Stoffe und Schmuckstücke aus

      Alneris reißenden Absatz. Die Stoffe waren weich und fließend und nicht so

      grob gewebt wie das Wolltuch der Pferdelords. Vor allem die Frauen wussten

      dieses feine Tuch zu schätzen.

      Nach kurzer Rast und schnellem Handel zog Lomorwins kleine Karawane

      weiter, denn der Händler wollte bis zum Abend noch die alte Handelsstraße

      erreichen, die ihn entlang der Südmark in die Königsmark führen würde.

      Dann sollte es weiter in nordwestlicher Richtung gehen, am Westgebirge

      entlang, an dem die alte Bergfestung des Pferdevolkes lag, und schließlich

      hinauf zum Fluss Eisen und seinen Furten. Es war ein weiter Weg, der viele

      Tage in Anspruch nehmen würde.

      Als Lomorwin und seine Gruppe endlich die Furten des Eisen erreichten,

      hatte sich das Warenangebot bereits deutlich reduziert. Zwei der Pferde waren

      inzwischen ganz ohne Last, und der Treiber Helipator aus Alneris nahm das

      Angebot gerne an, auf einem der Tiere zu reiten.

      »Der hat sich das Abenteuer wohl anders vorgestellt«, grunzte Ildorenim

      missbilligend. »Vor allem für seine Füße. Ah, diese verweichten

      Stadtbewohner.«

      »Sieh es ihm nach, guter Freund«, erwiderte Lomorwin lachend. »Erst

      nach der Reise werden wir wissen, wie weit ihn seine Füße tragen können.

      Zudem genieße auch ich den Ritt.«

      »Ihr seid auch der Herr, und es steht Euch wohl an«, brummte Ildorenim.

      »Das fehlte noch, dass der Herr zu Fuß geht und der Treiber reitet.«

      Zwei Tage zuvor hatten sie die Hauptstadt des Königs der Pferdelords

      verlassen und vor einem Tag die Grenze zur Reitermark überschritten.