Veanis. Ingrid Mayer A.

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Название Veanis
Автор произведения Ingrid Mayer A.
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750211254



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die Blüten gar nicht erkennen kann.“

      Lüftchen seufzte.

      „Weißt du, diese Blumen darfst du nicht mit den eueren vergleichen, denn sie sind furchtbar stur. Man hat ihnen bestimmt schon hunderte Male gesagt, dass die Sonne sich so weit weg befindet, dass niemand zu ihr reisen kann. Aber die Sonnenblumen sind besessen davon, dorthin zu gelangen. Sie finden die Wärme und Helligkeit so schön, dass sie versuchen, so hoch wie möglich zu wachsen, um eines Tages doch noch ihre geliebte Sonne zu erreichen.“

      „Aber das macht keinen Sinn!“, wandte Lina ein. „So hoch kann eine Pflanze gar nicht wachsen.“

      „Vergiss' nicht!“, erinnerte Lüftchen. „Du befindest dich in Veanis. Hier gelten andere Regeln als anderswo. Manches wird dir merkwürdig erscheinen. Umgekehrt wäre es übrigens ähnlich. Brächte man einen von den Bewohnern Veanis' in deine Heimat, so wären ihm eure Verhaltensweisen genauso unverständlich.“

      Nachdem Lina noch eine Weile gegangen war, legten sie eine kleine Pause ein. Lina setzte sich und lehnte sich an den Stein. Während sie ihren Blick über die weite Ebene schweifen ließ, erklärte ihr Lüftchen etwas über die Bewohner, die in Veanis lebten.

      „Es gibt hier viele unterschiedliche Geschöpfe, nicht nur Menschen, sondern auch andere Lebewesen. Ein paar davon wirst du gleich kennen lernen“, kündigte er fröhlich an. Jetzt wurde Lina wirklich neugierig. Nachdem sie bereits mit sprechenden Steinen Bekanntschaft gemacht hatte, war sie gespannt, welche Begegnungen ihr wohl noch bevorstanden.

      Als sie ihre Rast beendet hatten, ging Lina weiter, immer der Richtung nach, die Lüftchen ihr dirigierte. Der kleine Stein lag dabei in ihrer Hand und erzählte ihr Geschichten, die er auf seinen Reisen erlebt hatte.

      Sie näherten sich beständig dem Grünstreifen, den Lina gesehen hatte, als sie am Höhlenausgang gestanden war.

      „Ist das ein Wald?“, fragte Lina.

      „Und was für einer!“, erwiderte Lüftchen. „Der Gelächterwald ist einer der schönsten hier in Veanis .“

      Lina wunderte sich: „Aber warum ist er so bunt? Ist denn hier schon Herbst?“

      Lüftchen kicherte. „Herbst, Winter, Sommer oder Frühling – bei uns vermischt sich alles.“

      Den Beweis für seine Worte erhielt Lina, als sie den Waldrand erreichten. Während an manchen Bäume tiefgrüne Blätter wuchsen, hing an anderen überhaupt kein Laub mehr. Stattdessen lag Schnee auf den kahlen Ästen. Und das, obwohl auch im Wald sommerliche Temperaturen herrschten. Lina klopfte sich Eiskristalle von ihrem Kleid, die von einem Ast auf sie herab gerieselt waren.

      Am sonderbarsten fand Lina jedoch die bunten Bäume. Denn nicht nur die Blätter, sondern auch ihre Zweige und Stämme leuchteten in allen möglichen Farben. Vorsichtig berührte Lina die gelbleuchtende Borke einer Buche. Sie fühlte sich genauso an, wie die Rinde eines normalen Baumes.

      „Das ist ja verrückt!“, rief sie.

      „Genau!“, bestätigte Lüftchen lachend. „Hier ist alles etwas anders.“

      Lina seufzte.

      „Wie gefällt dir der Gelächterwald?“, wollte Lüftchen wissen, während sich Lina einen Weg durch die Baumstämme bahnte.

      „Mir gefällt er gut. Etwas ungewöhnlich, aber gut. Warum heißt er eigentlich Gelächterwald?“

      „Das wirst du gleich sehen.“

      Kaum hatte Lüftchen die Worte ausgesprochen, tauchte eine Lichtung vor ihnen auf. In ihrer Mitte standen sechs kleine Männchen herum und schienen sich zu beratschlagen. Lina stellte fest, dass sie einander ziemlich ähnlich sahen. Sie trugen allesamt derbe braune Wolljacken zu blauen Hosen, die Lina an Jeans erinnerten. Fast jedes der Wesen hatte helle Haare, allerdings trugen manche enganliegende Mützen, so dass ihre Köpfe zum Teil verborgen blieben. Die auffallendste Gemeinsamkeit war jedoch ihre geringe Körpergröße. Stünde Lina direkt neben ihnen, so hätten sie ihr nicht einmal bis zu den Schultern gereicht.

      „Das sind die Holzfäller. Wir haben Glück, denn was du jetzt sehen wirst, passiert nur ungefähr alle drei Tage“, erklärte Lüftchen stolz.

      Die zwergenhaften Wesen gingen nun gemeinsam zu einer dickstämmigen Eiche, die weit in den Himmel ragte. Sie nickten anerkennend und begannen, sich rings um den Baumstamm herum aufzustellen. Lina trat ein wenig vor, um besser sehen zu können.

      „Zurück! Nicht auf die Lichtung laufen, denn jetzt beginnen gleich die Baumfällarbeiten“, warnte Lüftchen eindringlich.

      Bereitwillig ging Lina ein paar Schritte rückwärts und wartete dann gespannt darauf, was jetzt geschehen mochte. Die Zwerglein auf der Lichtung schienen so beschäftigt, dass sie ihre Beobachterin gar nicht bemerkten. Indessen fragte sich Lina, wie diese schmächtigen Männlein es bloß bewerkstelligen mochten, einen ganzen Baum zu fällen. Sie hätte wetten mögen, dass sie mit ihren dünnen Ärmchen nicht einmal in der Lage waren, eine schwere Axt aufzuheben.

      Doch die Holzfäller bedienten sich einer anderen Technik. Statt Werkzeuge zu benutzen, sahen sie den zu fällenden Baum an und begannen zu lachen.

      „Was finden die denn so lustig?“, wollte Lina von ihrem kleinen Freund wissen.

      „Keine Ahnung“, antwortete Lüftchen. „Aber das ist auch egal. Hauptsache, sie lachen laut und ausgiebig.“

      Und das taten die Winzlinge zur Genüge: Gegacker und Gekicher erfüllte den Wald, als hätte jemand einen furchtbar komischen Witz erzählt. Das Geäst durchfuhr ein starkes Rütteln, so dass es beinahe wirkte, als hätten sich die Zweige von der allgemeinen Heiterkeit anstecken lassen. Die Männer schienen sich immer mehr zu steigern. Sie brüllten und wieherten vor Lachen und so manchem liefen dabei die Tränen übers Gesicht. Die dicke Eiche zitterte und bebte nun, während die Gesichter der Waldarbeiter vor Anstrengung einen roten Farbton annahmen. Der Stamm bog sich jetzt förmlich unter den Lachanfällen der Holzfäller.

      „Es ist nicht ungefährlich“, erläuterte Lüftchen geschäftig. „Sie müssen aufpassen, dass sich keiner kaputt lacht. Es bestünde eigentlich sogar die Gefahr, sich totzulachen, aber das ist zum Glück noch nie passiert. Aber die Männlein leisten wertvolle Arbeit hier im Wald, denn manche Bäume sind krank und müssen deshalb gefällt werden.“

      Ein plötzliches Knacken sorgte dafür, dass alle für einen Moment inne hielten, um ehrfurchtsvoll ihr Werk zu begutachten. Denn der Baumstamm hatte der Gelächterwucht nicht mehr standgehalten und wies nun einen tiefen Riss auf. Jetzt gaben die Männer alles und kugelten sich im Gras vor Lachen, solange, bis der Stamm sich endlich zur Seite neigte und schließlich krachend zu Boden fiel. Die Holzfäller klatschten und johlten.

      Begeistert spendete Lina Beifall.

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