To Make Your Heart Remember Me. Isabella Stone

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Название To Make Your Heart Remember Me
Автор произведения Isabella Stone
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750271654



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zu erwarten war. Dann muss es eben bis nach meinem morgendlichen Sport abwarten.

      Ich laufe gerade meine übliche Strecke, als mir eine Gestalt auf einer Bank auffällt. Ich kenne die trainierte Figur, habe sie oft genug mit und ohne Kleidung gesehen. Nie hätte ich mit ihm hier gerechnet.

       Seine tätowierten Arme liegen verschränkt vor seiner Brust, der Blick ruht auf der Bucht. Langsam bewege ich mich auf ihn zu, kann nicht so tun, als hätte ich seine Anwesenheit nicht bemerkt.

      „Mit dir hätte ich als letztes hier gerechnet“, sage ich anstatt einer Begrüßung. Ich bleibe neben der Bank stehen, warte auf seine Reaktion.

      „Kasia!“ Ein Lächeln bildet sich auf seinen vollen Lippen, erreicht aber nicht seine Augen. Langsam steht Vince von der Bank auf, überbrückt die wenigen Schritte zu mir und umarmt mich. Es ist so vertraut zwischen uns, nicht so, als hätten wir uns das letzte halbe Jahr nicht gesehen.

      „Was führt dich an die Westküste?“, frage ich, nehme mit Vince zusammen auf der Bank Platz. Seine Haare sind kürzer, als ich es in Erinnerung habe. Seine Haut ist blass, dunkle Schatten liegen unter seinen Augen. Ich habe die Befürchtung, er bekommt nicht genug Schlaf zurzeit.

      „Das Wetter, hauptsächlich“, scherzt Vince, doch sein Blick bleibt ernst. Hinter seinem Ohr erkenne ich eine Tätowierung, die es vor sechs Monaten noch gab. Die Freiheitsstatur – das Symbol für Freiheit.

      „Und jetzt bitte die Wahrheit.“ Ich schubse leicht gegen seine linke Schulter.

      „Ich habe Jersey und New York den Rücken gekehrt. Eigentlich wollte ich nach LA zu meiner Tante, aber ihre Freundinnen aus dem Bridge Club halten nicht viel von tätowierten ledigen Männern. Sie hatten sichtlich Angst vor mir und das wollte ich meiner Tante nicht antun. Ich glaube, sie dachten, ich würde sie ausrauben oder so.“ Ich habe Vince Tante nie kennengelernt, weiß aber, dass die beiden eine große Liebe verbindet. Er ist bei ihr aufgewachsen, als seine Eltern mehr mit den Drogen, als mit ihm beschäftigt waren.

      „Ach was, du doch nicht“, lache ich. Vince könnte einem Menschen nie mit Absicht Schmerzen zufügen. Na gut, vielleicht, wenn man ihn schwer reizt, aber das dauert dann doch sehr lange.

       Ich entspanne mich, je länger wir neben einander sitzen. Es ist schön, ein vertrautes Gesicht zu sehen. Sicher, ich habe einige Bekanntschaften schon geschlossen, weil ich in einem Studentenhaus wohne, doch sie alle sind nur flüchtige Bekannte. Vince hier zu treffen – als würde ich endlich nach Hause kommen.

      „Was machst du hier?“

      „Joggen“, antworte ich und lache über mich. „Ich lebe schon einige Monate hier, werde bald mein Studium beginnen.“ Wie wahrscheinlich es ist, nicht den ersten Tag an der Uni anzutreten, sage ich ihm nicht.

      „Hauptfach?“

      „Psychologie“, sage ich leise. „Im Nebenfach Kunstgeschichte mit Schwerpunkt Körperkunst.“ Ich weiche seinem eindringlichen Blick aus. Meine Wahl ist mir nicht peinlich, aber man könnte meinen, ich würde mich und auch alle anderen tätowierte Menschen analysieren wollen. Steht nicht hinter jeden Tattoo eine Geschichte? Und hinter jeder Geschichte ein Schicksal oder Erlebnis.

      „Coole Kombi“, erwidert der Tätowierer neben mir.

       Einen Moment genießen wir beide eine angenehme Stille zwischen uns. Beide blicken wir auf die Bucht. „Du fehlst uns drüben im Osten. Besonders Hayley leidet unter deiner Abwesenheit. Dabei könnte sie dich momentan wirklich gut gebrauchen“, flüstert Vince plötzlich.

      „Ich weiß“, gebe ich kleinlaut zu. „Erst gestern habe ich mit ihr telefoniert. Aber ich glaube der erste Schock über meinen Umzug hat Hayls überwunden. Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, New York irgendwann zu verlassen.“ Kurz überlege ich, was er sonst noch mit seiner Aussage gemeint hat, kann aber nicht mehr nachfragen.

      „Vermutlich, weil du nicht dort geboren bist“, mutmaßt mein guter Freund. Vermutlich hat er recht. Keiner meiner Freunde hatte jemals den Wunsch, ihren Geburtsort zu verlassen. Weiter als Jersey ging noch keiner von ihnen. „Ich bin jetzt eine Woche hier, du hast dir eine großartige Stadt ausgesucht. Es ist fantastisch hier. Kein Vergleich zu Manhattan natürlich, aber eben auch ganz gut.“

      „Du vergleichst Äpfel mit Birnen.“ Wieder schubse ich leicht gegen seine Schulter. „Es ist hier so anders als in New York. Mein Leben ist plötzlich nicht mehr so hektisch, obwohl hier auch viel los ist.“

       Unsere Blicke treffen sich, doch Vince sagt nichts, lässt meine Worte auf sich wirken. Irgendwann löst er den Bann zwischen uns, schaut wieder auf die Bucht. Aus einer spontanen Laune heraus frage ich: „Wollen wir nachher vielleicht etwas zusammen essen gehen?“

       Eigentlich sollte ich mich belesen, Informationen sammeln, wie es nun weiter gehen kann. Vince hier zu treffen scheint wie ein Wink des Schicksals. Einen Abend lang die Sorgen vergessen, in Erinnerungen schwelgen, vielleicht noch einmal das Feuer zwischen uns spüren. Ich werde meinem Kopf diese kleine Auszeit gönnen, beschließe ich.

      „Gern, ich hol dich um sieben ab“, stimmt Vince mit einem Nicken zu. Ich hole mein Handy aus der kleinen Tasche, die ich immer quer über die Brust trage beim Laufen und zücke mein Handy, um seine Nummer zu speichern. Als ich nach San Francisco kam, habe ich mir ein neues Handy besorgt, dessen Nummer nur Hayley, meine Eltern und Logan haben. Beim Entsperren fällt mein Blick auf die Uhrzeit. Es ist noch nicht einmal Mittag, warum bis heute Abend warten.

      „Wenn du Zeit hast, kannst du auch gleich mitkommen“, schlage ich vor. „Es ist noch früh, wir können Mittag essen gehen. Bei der Gelegenheit zeige ich dir gern die Stadt, zumindest die Stellen, die ich ins Herz geschlossen habe.“ Vince nickt, imitiert den Gruß eines Soldaten.

      „Sie gehen voraus, Ma’am.“ Lachend hake ich mich bei Vince unter, führe ihn den Weg zu meinem Apartment. Obwohl meine Eltern es ablehnten, dass ich in einem Studentenaus wohne, habe ich mich durchgesetzt. Einmal wollte ich nicht nur das reiche Mädchen sein, sondern einfach Kasia. Nur eines ließen sie sich nicht nehmen – für die Zeit nach dem Studium haben sie mir bereits eine Wohnung gekauft. Wer weiß, ob ich je dort einziehen werde.

       „Wollen wir uns nicht doch lieber ein Taxi nehmen?“, quengelt Vince bereits nach wenigen Minuten. Dabei ist der Ausblick auf die Bucht fast den gesamten Heimweg einfach wunderschön.

      „Kommt ja gar nicht in Frage“, antworte ich schmunzelnd. „Ich weiß zufällig, dass du immer recht sportlich gewesen bist.“

      „Gewesen?“ Fragend schaut Vince mich an, bleibt stehen, greift nach meiner Hand. „Ich bin immer noch sportlich.“

      „Mag sein, aber es geht dir nicht gut, das sehe ich. Du bist schlanker als früher, deine Augen erzählen, wie viel Arbeit du in letzter Zeit haben musst.“ Vince lacht überrascht laut auf und nickt nur. „Na dann halt die Klappe und komm.“

       Es ist so einfach mit Vince. Vom ersten Augenblick an konnten wir locker und unbefangen miteinander umgehen. Es gab nie merkwürdige Momente zwischen uns. Nicht mal, nachdem wir das erste Mal miteinander geschlafen haben. Allein der Gedanke, wie er mich damals immer packte, macht mich ganz wuschig. Seine starken Arme, die mich sanft halten, seine Hände, wie sie über meinen ganzen Körper wandern. Und dann sein Mund – oh dieser Mund, der so viel in mir anrichten konnte.

       Mit heißen Wangen schüttle ich den Kopf, um wieder zurück auf den Gehweg zu kommen. Die Zeiten von Vince und Kasia sind vorbei. Sicher hat er schon längst wieder eine Freundin.

      „Warum Lady Liberty?“, frage ich schließlich nur um mich von seinem Körper und seiner Nähe abzulenken.

      „Du hast es gesehen“, stellt er trocken fest. „Es ist so klein gestochen, dass es bisher kaum jemanden aufgefallen ist.“

      „Mir sofort. Du hast nicht viele vollschwarze Tattoos. Und hinter dem linken Ohr hattest du bisher gar keins. Man muss schon schlecht gucken können, wenn man es nicht sieht.“ Wieder nickt Vince nur. Eine Macke, die mich schon oft der Verzweiflung nah gebracht hat. Mein Freund ist nicht unbedingt für seine großen Rede bekannt. Allerdings