Die schönsten Märchen aus Zentralafrika. Andreas Model

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Название Die schönsten Märchen aus Zentralafrika
Автор произведения Andreas Model
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742737786



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Alte herbei und stach mit einem kleinen Messer einer nach der anderen die Augen aus.

      Der Hund aber, mit dem sie das Gleiche vorhatte, knurrte sie böse an: "Rr-rr-rr!" Da ließ sie von ihm ab und entfernte sich, um die wilden Tiere zusammenzurufen. Mit ihnen wollte sie sich dann über die Mädchen hermachen und sie auffressen.

      Kaum war die Alte fort, bereitete der Hund Bambusmark zu, man nennt es Eyengenge, und das jammerte, als es fertig war, genauso wie die Mädchen. Nun formte der Hund daraus Augen, setzte sie den Mädchen ein, und sie konnten wieder sehen. "Jetzt müssen wir sofort fliehen", trieb der Hund die Mädchen zur Eile an, "wenn die Alte wiederkommt, will sie euch töten!"

      Schnell verließen sie das Haus und fanden glücklicherweise auch bald auf den Weg zurück, so dass sie nach Hause zurückkehren konnten.

      Als die wilden Tiere kamen und die Mädchen nicht mehr fanden, forderten sie von der Alten die versprochene Beute. "Sie sind entwischt", antwortete ihnen die Alte. Da wurden die Tiere zornig und sprachen: "Du hast uns belogen, nun werden wir dich fressen!" Die Alte schlüpfte in ihr Haus. Sie schnitt sich einen Arm ab und reichte ihn den Tieren hinaus. Doch kaum hatten die Tiere ihn gefressen, wollten sie mehr haben. Nun schnitt sich die Frau ein Bein ab und gab es den Bestien. aber sie riefen: "Wir wollen mehr!" Da reichte sie ihnen die Brüste heraus, und als sie wieder mehr verlangten, die Ohren. und weil auch das nicht genug war, schnitt sie sich die Nase ab. Aber nun riefen die Tiere: "Von diesen Einzelstücken werden wir niemals satt, wir wollen dich ganz!" Darauf töteten sie die Alte und fraßen sie mit Haut und Haar.

      Der Junge und das Zaubervögelchen

      Ein Junge hatte im Wald Vogelschlingen gelegt. Eines Tages, als er nach den Schlingen sah, hatte sich darin ein sehr hübscher kleiner Vogel gefangen. Dieser Vogel aber sprach: "Töte mich nicht!" Der Junge trug ihn nach Hause, und dort forderte der Vogel: "Ruf alle Leute zusammen!" Der Junge tat es. Als alle da waren, bat der Vogel, dass man mit ihm zum Fluss gehen solle. Am Fluss angelangt, begann er ein Lied zu singen: "Ngelikeli, ich rufe dich an, das Wasser möge sich teilen." Während er so sang, teilte sich wirklich das Wasser des Flusses, der obere Teil stand, und der untere Teil floss ab. Die Leute konnten nun Fische holen, soviel sie wollten, sie brauchten sie nur aufzusammeln. Und so oft von nun an das Fleisch knapp wurde, half der Vogel den Leuten beim Fischen.

      Als der Herrscher des Ortes von der Sache vernahm, übertrug er dem Jungen die Hälfte seiner Herrschaft, und sie regierten beide. Auf diese Weise hat der Vogel dem Jungen zu seinem Glück verholfen.

      Der kluge Enkel

      Ein Junge bat einmal seine Großmutter um ein Messer, weil er Ruten schneiden wollte, aber die Großmutter gab ihm keins. Da nahm der Junge eine Scherbe und schnitt sich damit Ruten. Zu Hause überzog er sie mit einer klebrigen Masse und stellte sie dann im Gras auf. Bald war ein Vogel daran kleben geblieben. Der Junge brachte ihn nach Hause und bereitete ihn zu. Die Großmutter aber nahm sich den Vogel und aß ihn einfach auf. Da sprach der Junge zu ihr: "Als ich dich um ein Messer bat, hast du mir keins gegeben. Wie kannst du da jetzt meinen Vogel essen? Du musst ihn mir bezahlen!" Da schenkte die Großmutter dem Jungen ein Messer.

      Mit seinem Messer begab sich der Junge auf eine Reise. Unterwegs traf er Männer, die dabei waren, ein Flüsschen zu stauen. Sie hatten aber nur stumpfe Pflöcke. "Warum wollt ihr das Wasser mit diesen stumpfen Pflöcken stauen. Nehmt mein Messer und spitzt sie an." Die Leute ließen sich das Messer geben, spitzten die Pflöcke an, aber nach einer Weile zerbrach es. Da sagte der Junge: "Ihr habt mein Messer zerbrochen und müsst es mir nun bezahlen." Da schenkten ihm die Männer Trinkwasser, und der Junge setzte seinen Weg fort.

      Bald darauf traf er andere, die sammelten essbare Früchte. Sie waren schrecklich durstig, hatten aber kein Wasser dabei. Der Junge bot ihnen an: "Ihr dürft ein wenig von meinem Wasser trinken." Aber die Männer tranken alles, was er hatte. Da forderte der Junge: "Nun bezahlt mir das Wasser!" Und er erhielt als Entschädigung etwas von ihren Früchten.

      Beim Weitergehen beobachtete der Junge Vögel, die an Früchten herumpickten, und er sprach zu ihnen: "Warum gebt ihr euch mit diesen halb vermoderten zufrieden, nehmt lieber ein paar von meinen." Da stürzten sich die Vögel auf die Früchte des Jungen und hatten in kurzer Zeit alle verzehrt. "Ich habe euch erlaubt, ein paar Früchte zu essen, nicht alle! Nun bezahlt sie mir! Daraufhin holten die Vögel für den Jungen neue Früchte vom Baum und gaben sie ihm.

      Der Junge lief weiter, bis er zu einem Hügel kam. Dort legte er sich nieder. Da kamen Jäger von der Jagd und waren sehr hungrig. Der Junge überließ ihnen einen Teil seiner Früchte, aber die Jäger aßen alle auf. "Jetzt bezahlt mir die Früchte", forderte der Junge, und so erhielt er einen Schenkel von dem Schwein, das die Jäger erlegt hatten.

      Auf seinem Weg begegnete der Junge nun einer alten Frau, die am Feuer saß und Salz trocknete. Der Junge legte die Schweinekeule zum Braten ins Feuer. Aber kaum war sie gebraten, aß die Alte sie auf. "Du hast mein Fleisch genommen", schimpfte der Junge, "bezahl es mir!" Die alte Frau gab ihm von ihrem Salz als Ersatz für den Verlust.

      Nun begegnete der Junge dem Wind, der dürre Blätter vor sich her trieb. "Du könntest ein wenig von meinem Salz verstreuen", schlug der Junge dem Wind vor. Der ließ sich nicht lange bitten, und hui hatte er alles Salz weggeblasen. "Ich hatte gesagt: 'ein wenig', aber du hast alles fort geblasen", tadelte der Junge. "Bezahl jetzt!" Da rief der Wind einen anderen Wind herbei und gab ihn dem Jungen.

      Die Frau des Häuptlings war dabei, Durrha zu reinigen, als der Junge mit seinem Wind vorbeikam und sie fragte: "Warum bläst du als Häuptlingsfrau die Hülsen selbst weg? Nimm doch meinen Wind zu Hilfe." Im Nu blies der Wind Staub und Hülsen davon - und war ebenfalls verschwunden. "So war das nicht gemeint", sagte da der Junge. "Bezahl mir den Wind!" Von der Frau des Häuptlings bekam der Junge reichlich Durrha als Entschädigung und setzte seinen Weg fort.

      Da traf er Tauben, die dabei waren, alle möglichen Samen aufzupicken, und redete sie an: "Begnügt euch doch nicht mit dieser schäbigen Mahlzeit! Kostet von meiner Durrha." Den Tauben aber schmeckte es so gut, dass sie bald alle Durrha aufgepickt hatten, und als der Junge eine Bezahlung verlangte, gaben sie ihm eine Menge Ölsamen. Daraus presste der Junge Öl und ging weiter.

      Er kam in ein Dorf, in dem eine Frau gestorben war, und weil sie kein Öl hatten, rieben die Leute den Kopf der Toten mit Speichel ein. Der Junge bot ihnen Öl an, aber die Leute brauchten den gesamten Vorrat des Jungen auf. Als der Junge nun anderes Öl verlangte, luden sie ihm die Tote auf.

      Der Junge wanderte mit dem Leichnam bis zum Rand eines anderen Dorfes. Dort lehnte er die Tote an einen Baum dicht neben einem Graben und begab sich in das Dorf. Die Bewohner waren beim Spiel. Da gab der Junge einem Mädchen den Auftrag: "Geh und ruf meine Frau. Sie wartet draußen an der Straße. Ihr Name ist Mawum." Das Mädchen rief die Frau, die an dem Baum lehnte: "Mawum! Mawum!" und schüttelte sie, weil sie keine Antwort gab. Da fiel die Tote in den Graben. Erschrocken eilte das Mädchen zu dem Jungen und berichtete: "Deine Frau ist in den Graben gefallen!" - "Oh, warum hast du das getan!" klagte der Junge. "Jetzt muss dein Vater sie mir bezahlen!" Der Vater bot seine Tochter als Gegengabe an. Der Junge war zufrieden und kehrte mit einer Frau zu seiner Großmutter zurück.

      Der Mann Gottes als Meisterdieb

      Ein Mann Gottes kam einst in die Stadt der Diebe, und die Diebe verlangten, dass er gleich ihnen stehlen sollte. Aber der Mann Gottes weigerte sich entschieden. Nun drohten sie, ihn zu töten. Da fügte er sich und willigte ein, mit ihnen zu stehlen. Er begann wie die anderen, doch er verstand sich aufs Stehlen ziemlich schlecht. Darum mochten ihn die Diebe nicht und achteten ihn gering.

      In dieser Lage betete er zu Gott: "Herr, der du mächtiger bist als alle Menschen, soll ich rechtschaffen leben, so lass mein Leben beendet sein. Willst du aber, dass ich am Leben bleibe, so hilf mir, dass ich es tun kann, wie diese Leute hier."

      Gott beschloss, ihm zu helfen, und der Mann stahl nun wie alle anderen in der Stadt. Eines Tages