Danke Duke!. Jürgen Ruhr

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Название Danke Duke!
Автор произведения Jürgen Ruhr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752930207



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      „Ach nichts. An die schöne Zeit, die wir miteinander haben. Das gemeinsame Frühstück, die vie...“

      „Ja ja“, knurrte Martin. „An was du schon wieder denkst. Hier, das ist wichtig.“ Er klopfte mit dem Handrücken gegen die Zeitung und traf dabei seine Kaffeetasse, die scheppernd umfiel. Hellbrauner Kaffee - wegen der vielen Milch - ergoss sich über den Tisch. Rasch sprang ich auf und holte den Lappen aus der Spüle.

      „Kannst du denn nicht einmal in Ruhe sitzenbleiben und mit mir reden?“, fragte der Göttergatte und seufzte vernehmlich. Ich sah ein, dass er es nicht leicht hatte und kroch auf dem Boden herum, um den herabtropfenden Kaffee aufzuwischen.

      „Jetzt setz dich endlich an den Tisch, Birgit. Ich habe dir etwas mitzuteilen. Weißt du, was hier in der Zeitung steht?“

      Ich setzte mich wie befohlen. Nein, was in der Zeitung stand, wusste ich nicht und es interessierte mich auch eigentlich recht wenig.

      „Das hier ist die Seite mit den Veranstaltungstipps“, erklärte Martin und klopfte wieder gegen die Zeitung. Gut, dass die Tasse jetzt außerhalb seiner Reichweite stand. Andererseits war sie aber leer, so konnte nicht mehr viel passieren. „Veranstaltungstipps“, wiederholte er, so als hätte er die Lösung einer noch nie dagewesenen Formel gefunden.

      „Ja, Veranstaltungstipps“, echote ich, um überhaupt etwas zu sagen.

      „Unterbrich mich nicht. Wo war ich stehengeblieben?“

      „Veranstaltungstipps.“

      „Ach so. Ja. Hier steht etwas, das auch dich interessieren dürfte. Wir werden heute bei dem herrlichen Wetter den Tag in der Stadt genießen.“

      Ich warf einen kurzen Blick aus dem Fenster auf die grauen Wolken am Himmel. Ein Wunder, wenn es nicht regnen würde.

      „Willst du denn gar nicht wissen, was hier steht, Birgit?“

      ‚Nein, eigentlich nicht‘, dachte ich, nickte aber lediglich.

      „Heute ist Tag der offenen Tür und dort gehen wir hin.“ Martin hob stolz die Zeitung in die Höhe und schaffte es, mit einem Zipfel in die Marmelade zu geraten. Hastig wischte er die klebrige Masse mit der Handfläche ab.

      Nun gibt es ja viele offene Türen und kaum eine Institution lässt eine Gelegenheit aus, sich zu präsentieren und vielleicht auch auf diese Art und Weise neue Mitglieder zu rekrutieren. Ich überlegte, was mir Spaß machen würde. Ob die Stadtbibliothek heute ihren ‚Tag der offenen Tür‘ hatte? Oder ein Museum? Wir waren lange nicht mehr in einem Museum gewesen. Wenn ich mich recht erinnerte, waren Martin und ich noch nie zusammen in einem Museum gewesen. Falls er das meinte, wäre es eine echte Premiere heute. Oder eher ein Handarbeitsgeschäft in der Innenstadt? Auch das würde mir gut gefallen.

      Aber vielleicht sollte ich bescheidener denken und so fragte ich vorsichtig: „Wo ist denn ‚Tag der offenen Tür‘? Am Flugplatz? Pferderennbahn? Wo willst du hingehen Martin?“

      Mein Mann sah mich grinsend an. „Da kommst du nie drauf, Birgit. Einmal darfst du noch raten, die zwei waren schon falsch.“

      Wie ich diese Ratespielchen hasste. „Die öffentlichen Toiletten in der Innenstadt?“ Oh, dieses Scheiß-Teufelchen, das mich immer wieder verleitete, solche Dinge zu sagen ...

      „Wie kommst du denn darauf, Birgit? Die sind doch immer offen, wozu sollte eine öffentliche Toilette denn einen Tag der offenen Tür veranstalten?“

      „Das war ein Scherz. Außerdem würde keine Toilette solch einen Tag veranstalten, sondern der Betreiber.“

      Mein Mann sah mich an, als wäre ich eine Außerirdische. Oder jemand, der in die Klapse gehört. „Ein Scherz? Damit macht man keine Scherze. Eine öffentliche Toilette ist eine wichtige Einrichtung, die den Menschen, gerade alten Menschen, ein Stück Freiheit gibt. Aber gut, du darfst noch einmal raten. Nur rate wohl, Birgit.“

      Ich riss mich zusammen und fragte kleinlaut: „Der Zoo vielleicht?“

      „So ein Quatsch. Die lassen keinen umsonst rein. Warum auch?“ Martin stöhnte leise, doch laut genug, dass ich es hören konnte. „Dann werde ich es dir sagen. Hier steht es schwarz auf weiß: Der Modellbahnclub veranstaltet heute seinen Tag der offenen Tür. Ist das nicht großartig, Birgit?“

      Modellbahnclub? Wen interessierte denn so etwas? Nicht einmal Martin zeigte Interesse an Modelleisenbahnen, Modellautos oder was auch immer. Na gut, an Fotomodellen schon und je weniger Kleidung die trugen, desto freudiger begaffte er sie. Doch die hatten ja nichts mit einem Modellbahnclub zu tun. „Seit wann interessierst du dich für Modelleisenbahnen?“ Einmal lief im Fernsehen ein Bericht über eine ziemlich große Modelleisenbahn in Hamburg. Das war wirklich interessant, doch Martin schaltete schon nach fünf Minuten um. „So ein Kinderkram“, gab er gelangweilt von sich und betrachtete wohlwollend die halbnackten Frauen und Männer, die sich um einen Pool herumräkelten und bewiesen, dass es immer noch eine Steigerung von noch dümmer gab: nämlich noch noch dümmer.

      „Das wird schon sehr interessant werden“, verkündete der plötzlich modellbahnbegeisterte Gatte und klopfte wieder auf die Zeitung. „Hier steht, dass es Grillwurst und Kotelett, sowie Freibier gibt.“

      Wenigstens wusste ich jetzt, woher der Wind wehte.

      Mein Ehegatte verschwand wieder hinter der Zeitung, grunzte hin und wieder zufrieden und bediente sich an Brötchen und Kaffee. Ich versuchte, mich seelisch auf einen öden Sonntag vorzubereiten. Modelleisenbahn. Na ja, es hätte auch schlimmer kommen können. Aber was war schlimmer, als mit einem Haufen Erwachsener, die nie ihrer Kindheit entkommen waren, im Keller zu stehen und irgendwelchen Modellbahnzügen dabei zuzusehen, wie sie im Kreis fuhren? Ich überlegte angestrengt, was für mich noch schlimmer sein könnte, doch mir fiel beim besten Willen nichts ein.

      „Wir können zu Fuß dorthin gehen“, verkündete Martin, der jetzt die Zeitung ordentlich zusammenfaltete und sie auf den Tisch legte. „Es ist gar nicht weit.“

      Erneut warf ich einen Blick aus dem Fenster. „Meinst du nicht, wir sollten uns das noch einmal überlegen?“, schlug ich vorsichtig vor. Die Wolken hatten sich vermehrt und sahen dunkel und bedrohlich aus. „Es wird bestimmt Regen geben.“

      „Ach, Birgit“, stöhnte mein Mann. „Dann nehmen wir halt einen Schirm mit. Die Veranstaltung wird ohnehin im Gebäude sein. Weißt du was?“

      Natürlich wusste ich nicht was, warum auch. Aber da war das kleine Teufelchen, das mich jetzt lächeln ließ. „Ja natürlich weiß ich was: Wir bleiben hier zu Hause und machen es uns gemütlich. Und zum Mittagessen bestellen wir uns etwas ins Haus, dann brauche ich noch nicht einmal zu kochen.“

      „Birgit, Birgit“, rügte mich mein Liebster mit erhobenem Zeigefinger. „Wie kannst du nur so langweilig sein. Und kochen musst du ohnehin nicht, wenn es dort Grillwürste und so gibt. Nein, was ich meinte, ist: Ich werde meinen Fotoapparat mitnehmen.“

      ‚Oh mein Gott‘, wollte ich aufstöhnen und mir wurde flau im Magen. Wenn Martin sagte, dass er ‚seinen Fotoapparat‘ mitnehmen wollte, dann bedeutete das nichts anderes, als dass er seine Möchtegern-Profi-Fotografier-Ausrüstung zu diesem dämlichen Modellzeugs mitschleppen würde. Vor einiger Zeit lief im Fernsehen ein Bericht über Fotografen, ihre Ausrüstung und preisgekrönte Bilder, die mein guter Ehemann leider zufällig eingeschaltet hatte. Und diesmal blieb er der Sendung auch treu, weil Szenen gezeigt wurden, in denen Fotos für Unterwäsche gemacht wurden. Damenunterwäsche wohlgemerkt. Einen Tag später erwarb Martin alles, was er seiner Meinung nach - und der des Verkäufers - für die Ausübung einer fotografischen Tätigkeit benötigte. Da war eine übergroße, digitale Spiegelreflexkamera, mehrere Objektive, drei Blitzlichtgeräte, Fernauslöser und und und. Er hatte den ganzen Mist einmal mit in den Zoo genommen, danach landete die Ausrüstung im Schrank.

      Und nun wollte er alles zu diesem Modellbahnclub mitnehmen! Ich erinnerte mich noch genau an dem Tag im Zoo, als ich die schwere Tasche mit dem Zubehör den lieben langen Tag schleppen ‚durfte‘. Und die Fotos, die er mir später stolz