Es war, als habe Don Bosco sämtliche Schnapphähne der Karibik rekrutiert. Der Teufel mochte wissen, wie er das geschafft hatte – mit freundlichem Zureden bestimmt nicht, eher mit der Methode brutaler Preß-Kommandos. Und an Schiffen hatte er – bis hinunter zur Schaluppe – aufgeboten, was er zusammenraffen konnte, eine ungeheuerliche Piraten-Armada, mit der er über die Schlangen-Insel herfallen wollte, um endgültig über die Karibik zu herrschen. Aber drei Schiffe unter eisenharten Kämpfern stellten sich ihm in den Weg – die >>Isabella VIII.<< unter Philip Hasard Killigrew, der Schwarze Segler unter Thorfin Njal, dem Wikinger, und der Rote Drache unter Siri Tong, der Roten Korsarin. Bei den Caicos-Inseln begann eine erbarmungslose Schlacht…
Dan O'Flynn spazierte unverfroren und dreist in den Bugraum, wo die Meuterer hockten, tippte einem der Kerle auf die Schulter und knallte ihm die Faust unters Kinn, als der sich zu ihm umdrehte. Der Kerl flog quer durch den Raum, prallte gegen die Innenbordwand und rutschte an ihr auf die Planken. Die Buarcos und ihre Kumpane schrien auf, sprangen hoch und griffen zu den Waffen. Aber da waren bereits die Männer von Dan O'Flynns Entertrupp zur Stelle und kamen zur Sache. Sie «ließen die Wildsau los», wie sich Carberry ausdrückte. Dan O'Flynn geriet an die tobende Marcela Buarcos und verpaßte ihr ein paar Maulschellen, bevor sie ihm das Gesicht zerkratzen konnte. Sie taumelte auf Carberry zu, der darüber nicht sehr erbaut war…
Etwas Unfaßbares war geschehen. Der Hund von einem Giaur hatte es gewagt, den Harem zu betreten, und darum würde er des Todes sein. Ulad, der Eunuch und Haremswächter, riß den Krummsäbel hoch, um Hasard die Waffe aus der Hand zu schlagen. Aber der große, schwarzhaarige Riese mit den eisblauen Augen wich lachend aus und quittierte Ulads Versuche mit flirrenden Degenhieben, die den Eunuchen zu einem schrillen Quieken veranlaßten. Hasard trieb den Mann quer durch den mit Teppichen und Kissen ausgeschmückten Raum, und Ulad erkannte zu spät, daß er diesen Riesen unterschätzt hatte. Das ewige Grinsen, das er sonst zur Schau stellte, verschwand sehr schnell aus seinem Gesicht…
Dan O´Flynn mit seinen scharfen Augen erspähte das Etwas, das von den Wellen auf und ab gehoben wurde, als erster. Und dann sah auch Philip Hasard Killigrew dieses Etwas, das sich wenig später als ein Mensch entpuppte. Hasard legte sich einen eisernen Reif ums Herz. Er fühlte sich an seine Abenteuer erinnert, in denen Schiffbrüchige eine Rolle gespielt hatten. Er dachte auch an die Stunde, in denen ihm und seinen Männern ein ähnliches Schicksal widerfahren war. Wer immer der Unglückliche war, ihm mußte geholfen werden…
Easton Terry sprang auf und griff gleichzeitig nach dem Degen, der neben der Schatulle Grammonts gelegen hatte. Und dann stürmte er los, den Degen weit vorgereckt, um ihn Hasard wie einen Spieß in den Leib zu rennen. Hasard wich keinen Zoll zur Seite. Sein Degen flirrte hoch, klirrte gegen Terrys Waffe und lenkte sie an seiner Hüfte vorbei. Sie prallten gegeneinander. Terry riß blitzschnell das Knie hoch, doch Hasard war noch schneller – seine linke Faust zuckte vor und trieb Terry wieder zurück in die Kammer. Und dann verwandelte sich sein Degen in ein blitzendes Feuerwerk. Auf Easton Terrys rechter Wange sprang ein klaffender Schnitt auf…
Vier Schnapskruken hatte Thorfin Njal in Wurfbomben umfunktioniert – den Schnaps hatte er vorher mit Winge, Snorre und Saxe kräftig gelenzt. Und jetzt sollte es den Belagerern des Thorgeyr-Hofes an den Kragen gehen. Hinter der Hofmauer ging Thorfin Njal in Deckung, zündete die erste Kruke, wog sie in der Hand, bog sich zurück, seine Rechte mit der Kruke schwang nach hinten, sein ganzer riesiger Leib spannte sich wie eine Bogensehne, schnellte vor, sein rechter Arm peitschte nach vorn bis in Kopfhöhe und entließ das sprühende Wurfgeschoß. In einem mächtigen Bogen torkelte die Kruke durch die Luft, Funken spritzten nach allen Seiten, die Kruke senkte sich genau über den beiden Basaltbrocken, hinter denen die Kerle lauerten, fiel – und platzte plötzlich in einer grellen Explosion auseinander…
Der Schwarze Segler rauschte stolz wie ein aufgeplusterter Schwan durch die Bucht – auf die Felsen zu, hinter denen sich die Geschützstellungen der Piraten verbargen. Und dann erfolgte der erste Feuerbefehl. Eine volle Breitseite der Backbordkanonen raste auf die Stellungen Grammonts zu, und die zwölf großkalibrigen Geschosse, die mindestens Fünfundzwanzigpfündern entsprachen, schlugen mit ungeheurer Wucht in die Felsen. Ein fürchterliches Geschrei setzte ein. Dann geschahen mehrere Dinge gleichzeitig. Eine schwere Kanone polterte samt Lafette die Felswand hinunter. Zwei von Grammonts Kerlen wurden mit in die Tiefe gerissen…
Die Black Queen hatte nur noch eine einzige Chance in dieser fast ausweglosen Situation: Sie mußte den Großmast erreichen, an den die Rote Korsarin gefesselt war. Wenn sie diesem Weib das Messer an die Kehle setzte, konnte sie sich die Kerle, von denen die «Caribian Queen» geentert worden war, vielleicht noch vom Hals halten. Und darum schnellte sie los. Ihr Entermesser blitzte im fahlen Licht der Bordlaternen auf. Doch die Männer schienen mit dieser Reaktion gerechnet zu haben, denn ein grimmig dreinblickender Hüne stellte sich ihr in den Weg – Barba, der Rudergänger Siri-Tongs. Doch die Negerin war nicht zu bremsen. Rasend vor Wut und Haß schickte sie sich an, dem Hünen das Messer in den Bauch zu rennen…
Ein heiseres Kommando ertönte. Arne von Manteuffel und Jussuf kauerten bereits mit glimmenden Lunten unterhalb der Fenstersimse im oberen Stockwerk der Faktorei. Die Fenster standen offen. Schüsse krachten. Kugeln klatschten ins Mauerwerk oder rasten in den Raum, wo sie sich in die Deckenbalken oder in das Wandholz gruben. Die beiden Männer schleuderten zwei Flaschenbomben gleichzeitig hinunter. Der Rammstoß des Baumstammes traf noch die Tür. Die Mauern des Hauses erbebten, aber die Tür mit der inneren Balkensicherung hielt stand. Die Kerle wollten den Rammbock erneut ansetzen, doch in diesem Augenblick explodierten die beiden Flaschenbomben. Es klang wie ein Doppelschlag…
Sobald die «Isabella» auf Schußweite an den Zweimaster herangesegelt war, gab Hasard den Feuerbefehl für die vorderen Drehbrassen. Außerdem ließ er die Piratenschiffe mit Musketen- und Tromblonfeuer beharken. Doch das war nur der Auftakt zum ersten Schachzug. Während die Piraten darauf warteten, das die «Isabella» einen Durchbruch versuchte, ließ der Seewolf die Galeone plötzlich hart nach Backbord abfallen. Als sie den Zweimastern die Breitseite zudrehte, gab er den Feuerbefehl. Sekunden später brüllten die drei 17pfünder des Vordecks und die vier 25pfünder der Kuhl infernalisch auf. Pulverdampf zog über die Decks, die schweren Kanonen rumpelten auf ihren Holzrädern zurück…