Fünf Wochen im Ballon. Jules Verne

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Название Fünf Wochen im Ballon
Автор произведения Jules Verne
Жанр Научная фантастика
Серия
Издательство Научная фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783868209570



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      »120 Pfund«, notierte der Doktor.

      »He, He!«, schmunzelte Joe mit Genugtuung. Warum lächelte er? Wahrscheinlich hätte er selbst den Grund nicht anzugeben gewusst.

      »Jetzt ist die Reihe an mir«, bemerkte der Doktor und schrieb gleich darauf 135 Pfund als Gewicht seiner eigenen Person auf. Wir drei wiegen zusammen nicht mehr als 400 Pfund.«

      »Wenn es für Ihre Expedition erforderlich wäre, Herr Doktor, so könnte ich wohl um zwanzig Pfund abmagern, indem ich mich etwas knapper hielte.«

      »Das ist unnötig, mein Junge«, antwortete Fergusson. »Du kannst essen, so viel du willst; und hier hast du eine halbe Krone, um dich nach Herzenslust zu delektieren.«

      SIEBTES KAPITEL

       Geometrische Einzelheiten. – Berechnung der Tragfähigkeit des Ballons. – Das doppelte Luftschiff. – Die Hülle. – Die Gondel. – Der geheimnisvolle Apparat. – Lebensmittel. – Eine Zugabe.

      D

      oktor Fergusson hatte sich schon seit geraumer Zeit mit den näheren Details seiner Expedition beschäftigt, und selbstverständlich war der Ballon, dies wunderbare Fahrzeug, das ihn durch die Luft führen sollte, der Hauptgegenstand seiner Sorge. Zunächst beschloss er, das Luftschiff mit Wasserstoffgas zu füllen, damit er ihm keine zu großen Dimensionen zu geben brauche. Die Erzeugung dieses Gases bereitet keine Schwierigkeit, es ist 14,5 Mal leichter als die Luft und hat bei aerostatischen Versuchen die befriedigendsten Ergebnisse geliefert. Nach sehr genauen Berechnungen fand der Doktor, dass die zur Reise und Ausrüstung unentbehrlichen Gegenstände ein Gewicht von viertausend Pfund haben würden. Man musste also herausbekommen, wie groß die auftreibende Kraft sei, welche dieses Gewicht zu heben vermochte, und wie hoch sich demgemäß ihre Tragfähigkeit belaufe. Ein Gewicht von viertausend Pfund ist gleichzusetzen mit einer Luftverdrängung von 44.847 Kubikfuß, was darauf hinausläuft, dass 44.847 Kubikfuß Luft etwa viertausend Pfund wiegen.

      Wenn man dem Ballon einen Inhalt von 44.847 Kubikfuß gibt und ihn statt mit Luft mit Wasserstoffgas füllt, das, 14,5 mal leichter, nur 276 Pfund wiegt, so bleibt eine Gleichgewichtsdifferenz über, welche einem Gewicht von 3.724 Pfund gleichzusetzen ist. Diese Differenz zwischen dem Gewicht des in dem Ballon enthaltenen Gases und dem Gewicht der atmosphärischen Luft macht die auftreibende Kraft des Luftschiffes aus. Wenn man jedoch in den Ballon die erwähnten 44.847 Kubikfuß Gas einfüllte, so würde er voll sein; nun darf dies aber nicht geschehen, denn in dem Maße, wie der Ballon in die weniger dichten Luftschichten steigt, strebt das eingeschlossene Gas danach, sich auszudehnen, und würde alsbald die Hülle zum Platzen bringen. Man füllt also die Ballons gewöhnlich nur zu zwei Dritteln auf. Aber der Doktor beschloss, infolge eines gewissen, ihm allein bekannten Projektes, sein Luftschiff nur zur Hälfte zu füllen, und da er ja 44.847 Kubikfuß Wasserstoff mit sich nehmen musste, seinem Ballon eine etwa doppelte Tragfähigkeit zu geben. Er ließ ihn in der länglichen Form anfertigen, der man, wie bekannt, den Vorzug gibt. Der horizontale Durchmesser betrug 50, der vertikale 75 Fuß; er erhielt demgemäß ein Sphäroid, dessen Inhalt sich in runden Zahlen auf 90.000 Kubikfuß belief.

      Wenn Doktor Fergusson zwei Ballons hätte verwenden können, so wären die Chancen des Gelingens für ihn gestiegen. Man kann sich tatsächlich, in dem Fall, dass ein Ballon in der Luft zerplatzen sollte, mithilfe des andern durch Abwerfen von Ballast oben halten. Aber die Handhabung zweier Luftschiffe wird sehr schwierig, wenn es darauf ankommt, ihnen eine gleiche Steigungskraft zu verleihen.

      Nach reiflicher Überlegung vereinigte Fergusson infolge eines sinnreichen Gedankens die Vorteile zweier Ballons, ohne deren Nachteile mit in Kauf zu nehmen: Er konstruierte zwei von ungleicher Größe und schloss sie ineinander ein. Sein äußerer Ballon, dem er die oben angeführten Dimensionen gab, enthielt einen kleineren von gleicher Gestalt, der nur 45 Fuß im horizontalen und 68 Fuß im vertikalen Durchmesser hatte. Der Inhalt dieses inneren Ballons betrug also nur 67.000 Kubikfuß; er sollte in dem ihn umgebenden Fluidum schwimmen; eine Klappe öffnete sich von einem Ballon nach dem anderen, und man konnte dadurch nach Bedarf eine Verbindung unter ihnen herstellen. Diese Einrichtung bot den Vorteil, dass, wenn man, um zu fallen, Gas entweichen lassen wollte, zuerst dasjenige des großen Ballons abgelassen wurde. Selbst wenn man ihn ganz geleert hätte, wäre der kleine unangetastet geblieben. Man konnte sich dann der äußeren Hülle wie eines lästigen Gewichts entledigen, und das zweite Luftschiff, nunmehr allein, diente dem Wind nicht in gleicher Weise zum Spielball wie die halbentleerten Ballons. Sodann hatte beim Eintreten eines etwaigen Unfalls, z. B. eines in den äußeren Ballon gekommenen Risses, der andere den Vorzug, unversehrt geblieben zu sein.

      Die beiden Luftschiffe wurden aus Lyoner Köperseide, die mit Guttapercha überzogen war, konstruiert. Diese gummiharzige Substanz erfreut sich einer absoluten Undurchlässigkeit, sie wird von den Säuren und Gasen durchaus nicht angegriffen. Der Taffet wurde am oberen Pol des Globus‘, wo die stärkste Spannung ist, doppelt aufgelegt. Diese Hülle war imstande, das Fluidum über eine unbeschränkte Zeit zurückzuhalten. Sie wog ein halbes Pfund auf neun Quadratfuß. Da jedoch die Oberfläche des äußeren Ballons ungefähr 11.600 Quadratfuß betrug, wog seine Hülle 650 Pfund. Die Hülle des zweiten Ballons, welche 9.200 Quadratfuß Oberfläche hatte, wog nur 560 Pfund. Die Stricke, welche die Gondel tragen sollten, waren aus Hanf von größtmöglicher Festigkeit gedreht, und die beiden Ventile bildeten, gerade wie das Steuer eines Schiffes, den Gegenstand der minutiösesten Sorgfalt. Die Gondel, welche kreisförmig war und fünfzehn Fuß im Durchmesser hatte, wurde aus Korbweide gefertigt, mit einem leichten Eisenbeschlag verstärkt und am unteren Teil mit elastischen Sprungfedern versehen, welche die Bestimmung hatten, etwaige Stöße abzuschwächen. Ihr Gewicht betrug, mit Einschluss der Stricke, nicht über 280 Pfund.

      Außerdem ließ der Doktor vier Kästen von zwei Linien dickem Blech konstruieren, und diese untereinander mit Röhren verbinden, welche wiederum mit Hähnen versehen waren. Er setzte damit ein Schlangenrohr von ungefähr zwei Zoll Durchmesser in Verbindung, welches letztere in zwei ungleich lange, gerade Enden auslief, deren größtes 25 Fuß maß, während das kürzere nur eine Höhe von 15 Fuß hatte. Die Blechkästen wurden dergestalt in die Gondel eingepasst, dass sie einen möglichst geringen Raum einnahmen; das Schlangenrohr, welches erst später eingefügt werden sollte, wurde besonders verpackt, und ebenso eine sehr starke Bunsensche elektrische Batterie. Dieser Apparat war so sinnvoll zusammengestellt, dass er nicht mehr als 700 Pfund wog, sogar 25 Gallonen Wasser, die in einem besonderen Kasten waren, mit inbegriffen.

      Die für die Reise bestimmten Instrumente bestanden aus zwei Barometern, zwei Bussolen, einem Sextanten, zwei Chronometern, einem künstlichen Horizont und einem Altazimut, um entfernte und unerreichbare Gegenstände mehr hervortreten zu lassen. Die Sternwarte in Greenwich hatte sich dem Doktor zur Verfügung gestellt. Dieser hatte übrigens nicht die Absicht, physikalische Experimente zu machen. Er wollte nur über die Richtung im Klaren sein und die Lage der hauptsächlichen Flüsse, Berge und Städte bestimmen können. Er versah sich mit drei eisernen, genau erprobten Ankern sowie mit einer leichten, widerstandsfähigen, etwa fünfzig Fuß langen seidenen Leiter.

      Fergusson berechnete auch das genaue Gewicht seiner Lebensmittel; diese bestanden aus Tee, Kaffee, Zwieback, gesalzenem Fleisch und Pemmikan, einem Gericht aus getrocknetem Fleisch, welches bei sehr geringem Umfang viele nährende Bestandteile enthält. Als Getränk stellte er, außer einem genügenden Vorrat Branntwein, zwei Wasserkisten auf, die jede 22 Gallonen[3] fassten.

      Der Verbrauch dieser verschiedenen Nahrungsmittel sollte allmählich das von dem Luftschiff getragene Gewicht verringern, denn das Gleichgewicht eines Ballons in der Atmosphäre ist bekanntlich äußerst empfindlich. Der Verlust eines ganz unbedeutenden Gewichts genügt, um eine sehr merkliche Änderung der Stellung hervorzubringen.

      Der Doktor vergaß weder ein Zelt, das einen Teil der Gondel schützen sollte, noch die Decken, welche das ganze Reisebettzeug ausmachten, noch auch die Flinten oder den Kugel- und Pulvervorrat des Jägers.

      Hier eine Übersicht seiner verschiedenen Berechnungen:

Fergusson 135 Pfund