Fünf Wochen im Ballon. Jules Verne

Читать онлайн.
Название Fünf Wochen im Ballon
Автор произведения Jules Verne
Жанр Научная фантастика
Серия
Издательство Научная фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783868209570



Скачать книгу

gefunden hatte, zu ersetzen), von Chartum auf, gelangte mit Gummi und Elfenbein handelnd nach Belenia bis über den 4. Grad hinaus und kehrte krank nach Chartum zurück, wo er im Jahre 1857 starb.

      Weder Dr. Peney, Chef des Medizinalwesens in Ägypten, welcher auf einem kleinen Dampfboot einen Grad unterhalb Gondokoro erreichte und nach seiner Rückkehr vor Erschöpfung in Chartum starb, noch der Venetianer Miani, der, um die unterhalb Gondokoros gelegenen Katarakte biegend, den zweiten Parallelkreis erreichte, noch auch der Malteser Kaufmann Andrea Debono, welcher seine Exkursion an dem Nil noch weiter fortsetzte, konnten über diese bisher unüberschrittene Grenze hinauskommen.

      Im Jahre 1859 begab sich Herr Guillaume Lejean im Auftrage der französischen Regierung über das Rote Meer nach Chartum und schiffte sich mit einundzwanzig Mann Schiffsvolk und zwanzig Soldaten auf dem Nil ein; aber er konnte nicht über Gondokoro hinauskommen und hatte die größten Gefahren inmitten der aufrührerischen Negerhorden zu bestehen. Die von Herrn d‘Escayrac von Lauture geleitete Expedition suchte gleichfalls vergeblich, an die berüchtigten Quellen zu gelangen.

      Aber vor diesem verhängnisvollen Ziel machten die Reisenden noch immer halt; vor langer Zeit hatten die Abgesandten Neros den 9. Breitengrad erreicht, man kam also in 18 Jahrhunderten nur um 5 oder 7 Grade, d. h. um 300 bis 360 geographische Meilen, weiter.

      Mehrere Reisende versuchten, zu den Nilquellen zu gelangen, indem sie ihre Reise von einem Punkt an der Ostküste Afrikas antraten.

      In den Jahren 1768 bis 1772 reiste der Schotte Bruce von Massaua, dem Hafen Abessiniens, ab, durchquerte Tigre, besuchte die Ruinen von Axum, glaubte irrtümlich, die Nilquellen gefunden zu haben, und brachte kein nennenswertes Ergebnis von seiner Reise mit.

      Im Jahre 1844 gründete Doktor Krapf, Missionar der anglikanischen Kirche, eine Niederlassung in Mombasa an der Küste von Sansibar und entdeckte, in Gesellschaft des Geistlichen Rebmann, 300 Meilen weit von der Küste zwei Berge, den Kilimandscharo und den Kenia, welche die Herren von Heuglin und Thornton kürzlich teilweise erstiegen haben.

      Im Jahre 1845 stieg der Franzose Maizan in Bagamayo, gegenüber Sansibar, an Land und gelangte nach Dejela-Mhora, wo ihn ein Häuptling unter den grausamsten Martern hinrichten ließ.

      Im Monat August des Jahres 1859 erreichte der jugendliche Reisende Röscher aus Hamburg, der sich mit einer Karawane arabischer Kaufleute auf den Weg gemacht hatte, den Niassa-See, wo er im Schlaf ermordet wurde.

      Schließlich wurden im Jahre 1857 die Lieutenants Burton und Speke, beide Offiziere im bengalischen Heer, von der Geographischen Gesellschaft in London ausgesandt, um die großen Binnenseen zu erforschen. Am 17. Juni verließen sie Sansibar und drangen geraden Wegs nach Westen vor.

      Nach viermonatigen, unerhörten Leiden gelangten sie, ihres Gepäcks beraubt, ohne ihre Träger, die der Wut der Eingeborenen zum Opfer gefallen waren, in Kaseh, dem Zentralvereinigungspunkt der Kaufleute und Karawanen, an. Sie waren mitten im Mondland und sammelten wertvolle Informationen über die Sitten und Gebräuche, die Regierung, die Religion und die Fauna und Flora des dortigen Gebiets. Dann steuerten sie auf den ersten der großen Binnenseen, den Tanganyika, zu, der zwischen dem 3. und 8. Grad südlicher Breite liegt. Sie kamen dort am 14. Februar 1858 an und besuchten die verschiedenen, meist kannibalischen Völkerschaften, die seine Ufer bewohnen. Am 26. Mai traten sie den Rückweg an und zogen am 20. Juni wieder in Kaseh ein. Dort musste der vor Erschöpfung erkrankte Burton mehrere Monate liegen bleiben. Unterdessen machte Speke einen Abstecher von über dreihundert Meilen Richtung Norden an den Ukerewe-See, den er am 3. August bemerkte; es war ihm jedoch nur möglich, den Anfang desselben unter 2° 31‘ Breite zu besichtigen.

      Am 25. August war er nach Kaseh zurückgekehrt und schlug in Gemeinschaft mit Burton wieder den Weg nach Sansibar ein, wo sie im März des folgenden Jahres wieder eintrafen. Die beiden kühnen Reisenden kehrten nun nach England zurück, und die Geographische Gesellschaft in London erkannte ihnen den Jahrespreis zu.

      Doktor Fergusson merkte sorgfältig an, dass sie weder den 2. Grad südlicher Breite noch den 29. Grad östlicher Länge überschritten hatten. Es kam also darauf an, die Entdeckungsreisen Burtons und Spekes mit denen des Dr. Barth zu vereinigen, und dazu war es notwendig, eine Strecke von über zwölf Graden zu überschreiten.

      FÜNFTES KAPITEL

      Träume Kennedys. – Artikel und Pronomina in der Mehrzahl. – Dicks Insinuierungen. – Spaziergang auf der Karte von Afrika. – Was zwischen den beiden Spitzen des Zirkels bleibt.Gegenwärtige Expeditionen. – Speke und Grant. – Kropf, von Decken, von Heuglin.

      D

      oktor Fergusson betrieb die Vorbereitungen zur Abreise äußerst sorgfältig und leitete selbst, gewissen Angaben gemäß, über die er das absoluteste Schweigen hielt, den Bau seines Luftschiffes. Er hatte sich schon seit geraumer Zeit mit dem Studium der arabischen Sprache und verschiedener Mundarten der Mandingos beschäftigt und machte, infolge seiner vortrefflichen Anlagen zu einem Polyglotten, große Fortschritte.

      Inzwischen verließ ihn sein Freund, der Jäger, nicht; er blieb ihm so ängstlich zur Seite, als fürchte er, dass der Doktor sich einmal, ohne vorher etwas davon zu sagen, in die Lüfte erheben könne. Er hielt ihm, um ihn von seinem gefährlichen Vorhaben abzubringen, die überzeugendsten Reden, aber sie überzeugten Samuel Fergusson nicht; er erging sich in den gefühlvollsten, inständigsten, flehentlichsten Bitten, aber den Doktor vermochten sie nicht zu rühren. Dick merkte, wie ihm sein Freund förmlich zwischen den Fingern durchschlüpfte.

      Der arme Schotte war wirklich zu beklagen; er konnte nicht mehr ohne düstere Schreckensregungen zum azurblauen Himmelsgewölbe aufschauen; er hatte im Schlaf das Gefühl eines Schwindel erregenden Wiegens und Schaukeins, und jede Nacht kam es ihm vor, als stürze er jäh von unermesslichen Höhen herab.

      Wir müssen noch hinzufügen, dass er unter diesen schrecklichen Anfällen von Beklemmungen und Alpdrücken ein- oder zweimal aus dem Bett fiel, worauf es dann am anderen Morgen seine erste Sorge war, Fergusson eine große Beule zu zeigen, die er sich dabei am Kopfe zugezogen hatte.

      »Und doch«, fügte er hinzu, »bedenke – nur drei Fuß hoch und schon eine solche Beule! Nun bitte ich dich zu erwägen –!« Diese schwermutsvolle Andeutung machte auf unseren Doktor indessen keinen Eindruck.

      »Wir werden nicht fallen«, erwiderte er kurz.

      »Es wäre aber doch möglich ...«

      »Ich sage dir, wir werden nicht fallen!«

      Auf eine so entschiedene Meinungsäußerung blieb dann Kennedy nichts anderes übrig, als zu verstummen. –

      Was den guten Dick besonders beunruhigte und reizte, war der Umstand, dass Fergusson seit einiger Zeit einen unerträglichen Missbrauch mit der ersten Person Plural der Pronomina trieb: ›Wir werden an dem und dem bereit sein ..., wir werden dann und dann abreisen ..., wir werden da und da vorgehen ...‹, hieß es bei jeder Gelegenheit.

      Und ebenso machte er es mit dem Possessiv-Pronomen in der Einzahl wie in der Mehrzahl: ›Unser‹ Ballon ..., ›unser‹ Schiff ..., ›unsere‹ Entdeckungsreise ..., ›unsere‹ Vorbereitungen ..., ›unsere‹ Entdeckungen ..., ›unsere‹ Steigungen ... und dem armen Schotten schauderte dabei die Haut, obgleich er fest entschlossen war, nicht zu reisen.

      Eines Tages, als er sich herbeigelassen hatte, zuzugestehen, dass bei einem unverschämten Glück die Chancen für ein Gelingen des Unternehmens etwa wie eins zu tausend ständen, tat er so, als füge er sich den Wünschen des Doktors; begann aber, um die Reise weiter in die Ferne zu rücken, eine lange Reihe der mannigfachsten Ausflüchte. Er ließ sich darüber aus, ob die Expedition wirklich nützlich und zeitgemäß, ob diese Entdeckung der Nilquellen in der Tat notwendig sei? ... Ob man sich würde sagen können, dass man für das Glück der Menschheit gearbeitet habe? ... Und ob sich die Völkerstämme Afrikas, wenn sie der Zivilisation zugänglich gemacht wären, dadurch glücklicher fühlen würden? ... Ob man übrigens darüber ganz sicher sei, dass die Zivilisation nicht vielmehr dort, als in Europa angetroffen werde? ... Vielleicht ja. – Und ob man nicht noch