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Автор произведения | Dietrich Schindler |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783942001380 |
Stell dir einen Zirkuselefanten vor. Schon in sehr jungem Alter wird er an einen Pfahl im Boden gekettet. So sehr das kleine Geschöpf es auch versucht, es ist der Macht des Pfahls und der Kette nicht gewachsen. Je älter der Elefant wird, desto stärker wird er. Doch obwohl er nun physisch leicht in der Lage wäre, sich aus der Beengung durch den Pfahl zu befreien, schafft er es trotzdem nicht, denn er ist domestiziert worden. Er wurde dazu abgerichtet zu glauben, dass die Kette und der Pfahl für immer sein Leben beherrschen werden. Und genau das tritt ein.
Auch uns wurde eingetrichtert, dass es nur einen Weg gibt, Gemeinde zu gründen, und dass dieser Weg darin besteht, sie zu organisieren, anstatt von Gott zu erwarten, dass er sie mit seinem Geist erfüllt. Wir sind zu einem Elefanten geworden, der an einen Pfahl gekettet ist und nicht begreifen kann, dass Gott einen besseren Weg haben könnte.
3 Uns fehlen Vorbilder für bekehrungsbasierte Gemeindegründung
Hast du jemals eine Gemeinde erlebt, die mit Neubekehrten gegründet wurde, oder warst du sogar Teil von einer? Die meisten von uns haben Derartiges weder von außen beobachtet, noch waren wir Teil einer solchen bekehrungsbasierten Gemeindegründung. In Deutschland sehen wir erste Hoffnungsschimmer.
Der Startschuss für die Freie evangelische Gemeinde im norddeutschen Lüneburg war eine Welle von Bekehrungen. Vor etwa dreißig Jahren fand in der Stadt eine Zeltevangelisation statt. Der Heilige Geist wirkte auf mächtige Weise. Die Ernte war so überwältigend, dass der hauptamtliche Evangelist seinen Dienst aufgab und zum Gemeindegründer wurde. Die Gemeinde gedieh und gründete eine Tochtergemeinde, behielt dabei aber weiterhin ihren Fokus auf Evangelisation.
Durch Gottes überwältigende Gnade sahen meine Frau Jan und ich, wie vor unseren Augen dasselbe in der Gemeinde geschah, die wir in Mannheim gegründet hatten. In sieben Jahren verzeichnete diese evangelische Freikirche eine Bekehrungsrate von sechzig Prozent! Evangelisation war immer der Ruf in unseren Gebeten, das Wort auf unseren Lippen, das Schuhwerk unserer Füße und die Richtung unserer Schritte. Und der Herr segnete uns reichlich.
In Berlin haben Marcus Rose und seine Organisation „Hoffnung Deutschland“ hunderte auf Bekehrung basierende Hausgemeinden gegründet – die meisten von ihnen in städtischen Gebieten, die in ihrer Demografie Berlin ähneln. Marcus und seine Mitarbeitenden gehen in Bars und Nachtclubs, erzählen den Gästen das Evangelium und erleben immer wieder, wie einige von ihnen zum Glauben an Christus kommen.
Was sie als nächstes tun, ist brillant. Statt die von neuem geborenen Menschen aus ihrem Kontext (Bars und Clubs) herauszureißen und sie an einen anderen Ort zu verpflanzen, lassen Marcus und seine Freunde sie dort, wo sie sie ursprünglich angetroffen haben. Neue Hausgemeinden werden in einer durch und durch säkularen Umgebung geboren und die Leute, die zum Glauben kommen, werden begleitet, damit sie in diesen Kontexten in Christus wachsen können. Mittlerweile finden sich in vielen ihrer neugegründeten Gemeinden mehr Menschen, die noch keine Christen sind, als Nachfolger Jesu.
Kürzlich wurde in Stockerau (Österreich), einer Kleinstadt mit 15.000 Einwohnern, mit Hilfe eines Kurses namens MyLife-Workshop eine neue Gemeinde gegründet. Der Kurs wurde in einer Lokalzeitung beworben. Zur großen Überraschung der Handvoll Christen, die für ihn warben, meldeten sich völlig Fremde aus Stockerau an, die gar keine Christen waren. Diese Menschen kamen zum Glauben und eine Kleingruppe wurde gegründet. Die Keimzelle wuchs und eine neue Gemeinde wurde geboren.
Wohin wenden wir uns normalerweise, um eine Vorstellung von bekehrungsbasierter Gemeindegründung zu gewinnen? Wir reisen nach Afrika, Asien und Südamerika. Wir steigen ins Flugzeug, tauchen in andere Kulturen ein und sehen uns viele Orte auf anderen Kontinenten an, an denen sich Gottes Wirken auf großartige Weise manifestiert. Und genau darin liegt das Problem. Es scheint so, als müssten wir uns außerhalb unseres Kontinents begeben, um Zeuge einer bedeutenden Bewegung von Gottes Geist zu werden.
Nichtsdestotrotz – was wir so schmerzlich vermissen, können wir erleben. Was hält deine Gemeinde und die Gemeinden in deiner Stadt davon ab, das nächste Vorbild für bekehrungsbasierte Gemeindegründung zu werden? Wir sollten selbst zu dem lebendigen Beispiel werden, das unsere Gesellschaft braucht. Wir müssen anderen zeigen, dass bekehrungsbasierte Gemeindegründung tatsächlich möglich ist – sogar dort, wo wir leben!
4 Unser Ansatz für Gemeindegründung ist eher pastoral, obwohl er missional sein sollte
Die meisten Menschen, die Gemeinden gründen, haben eine Hirtengabe. Sie werden nur gelegentlich missionarisch aktiv. Was wir aber brauchen, sind Personen mit einer Gabe der Mission, die von Zeit zu Zeit pastoral tätig werden. Kein Wunder: Das Phänomen, dass Pastorinnen und Pastoren oft auch als Gemeindegründer fungieren, ist nachvollziehbar. In den meisten Fällen werden wir von einer Professorenschaft ausgebildet, die eine ausgeprägte Gabe für das Lehren haben, denn Menschen mit einer apostolischen und evangelistischen Gabe wählen nur sehr selten pädagogische Berufe. Warum nicht? Weil Personen mit diesen Gaben meist nicht die Geduld haben, die es braucht, um zu unterrichten. Sie stehen lieber selbst an vorderster Linie, anstatt Arbeiten zu benoten und darüber zu sprechen, wie es ist, auf dem Missionsfeld zu sein.
Der pastorale Ansatz, der sich oftmals mit der theologischen Ausbildung verbindet, ist in unsere Vorstellung von Gemeindegründung eingesickert. Daher neigt eine Pastorin oder ein Pastor, die oder der Gemeinden gründet, möglicherweise dazu, einen großen Teil ihrer bzw. seiner Zeit am Schreibtisch zu verbringen. Denn so wurde es gelehrt: sich gut vorzubereiten, die Schafe zu weiden und das Studium des Wortes Gottes nicht zu vernachlässigen. Das Problem daran ist, dass dieser Ansatz – so nachvollziehbar er auch sein mag – oft dazu führt, dass wir uns auf die Erlösten konzentrieren, statt die Verlorenen zu suchen.
5 Unser mangelnder Glaube an das, was Gott tun will, hält uns davon ab, bekehrungsbasierte Gemeindegründung zu erleben
Das ist möglicherweise die schwerwiegendste der fünf Ursachen, warum wir keine Gemeindegründungen aufgrund von Bekehrungen erleben: Wir strecken uns gar nicht danach aus! Wir suchen nicht danach, weil wir nicht von Gott erwarten, dass er es tut. Doch der Herr liebt großen, beharrlichen, kühnen Glauben.
Was ist der Unterschied zwischen großem und kleinem Glauben?
Großer Glaube bedeutet, auch dann mit Gottes Eingreifen zu rechnen, wenn es um das geht, was jenseits unserer menschlichen Möglichkeiten und unserer Fähigkeit liegt. Kleinglaube dagegen lässt uns Gott nur für das vertrauen, was wir gewöhnlich durch menschliche Anstrengung selbst bewerkstelligen können, und reduziert Gemeindegründung auf das, was wir zu tun vermögen. Wenn wir die Sache selbst erledigen können, gibt es wenig Grund für viel Glauben. Großer Glaube zeigt sich darin, dass wir offensiv beten und Gott schon für die Wunder der Wiedergeburt danken, bevor sie geschehen. Kleinglaube dagegen offenbart sich im defensiven Gebet: „Herr, beschütze uns, sei mit uns, bewahre uns, heile uns, hilf uns …“.
Wenn wir an die bahnbrechende Bewegung der Reformation im sechzehnten Jahrhundert denken, haben wir Martin Luther vor Augen. Was viele nicht wissen, ist, dass Luther sich auf die geistigen Fähigkeiten seines jüngeren Freundes Philip Melanchton stützte. Auf die Frage, wie er sich den Apostel Paulus vorstelle, antwortete Luther einmal: „Ich glaube, er war ein dünner Hering wie Melanchton.“ Dennoch wusste Luther, dass er ohne Melanchton an seiner Seite das Werk Christi nicht vorantreiben konnte.
Im Juni 1540 wurde Melanchton durch ein Fieber außer Gefecht gesetzt und er lag sterbend in Weimar. Luther eilte zu seinem Bett. Die Ärzte hatten Melanchton dem drohenden Tod überlassen. Luther war entsetzt. Als er seinen Freund in seinem Elend sah, fiel Luther eine Stunde lang betend auf die Knie und erklärte Gott, dass Melanchton nicht sterben könne, weil er ihn brauche. Gott erhörte Luthers inständiges Gebet und heilte Melanchton, sodass er sogar länger lebte als Luther selbst. So sieht großer Glaube aus – selbst im Angesicht einer drohenden Katastrophe.
Ich denke, du stimmst mir zu, dass sich Kleinglaube in vielen Gebeten äußert, die sich mehr um uns drehen als um Gott und seine Möglichkeiten.
Bei der Gemeindegründung verhält es sich wie mit der Schöpfung. Gott hat unsere Welt zweimal erschaffen.