Название | Johann Stoffel (1899-1970) |
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Автор произведения | Jürg Simonett |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783039199723 |
Der Verlag Hier und Jetzt wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2016–2020 unterstützt.
Mit weiteren Beiträgen haben das Buchprojekt unterstützt:
Gemeinde Vals
Graubündner Kantonalbank, Beitragsfonds
Kulturförderung Kanton Graubünden / SWISSLOS
Stadt Chur, Kulturförderung
Stiftung Lienhard-Hunger
Valser Fonds
Eine Publikation des Instituts für Kulturforschung Graubünden (www.kulturforschung.ch). Der Text entstand im Rahmen eines Forschungsprojekts des Instituts für Kulturforschung Graubünden.
Dieses Buch ist nach den aktuellen Rechtschreibregeln verfasst. Quellenzitate werden jedoch in originaler Schreibweise wiedergegeben. Hinzufügungen sind in [eckigen Klammern] eingeschlossen, Auslassungen mit […] gekennzeichnet.
Umschlagbild:
Johann Stoffel, elegant gekleidet. StAGR III 23 d 2 (Stoffel, Johann, Dossier 1929).
Lektorat:
Andri Perl, Chur
Stephanie Mohler, Hier und Jetzt
Gestaltung und Satz:
Simone Farner, Naima Schalcher, Zürich
Bildbearbeitung:
Benjamin Roffler, Hier und Jetzt
ISBN Druckausgabe 978-3-03919-523-7
ISBN E-Book 978-3-03919-972-3
E-Book-Herstellung und Auslieferung:
Brockhaus Commission, Kornwestheim
© 2020 Hier und Jetzt, Verlag für Kultur und Geschichte GmbH, Zürich, Schweiz
Für Patrizia
Inhalt
Reglement für die kantonale Strafanstalt Sennhof
Einleitung
Ende Februar 1931 steht ein besonderer Angeklagter vor dem Bündner Kantonsgericht in Chur: Johann Stoffel von Vals. Das öffentliche Interesse ist weit über den Kanton hinaus gross. Ausführlich über Stoffels Taten berichten die drei Churer Tageszeitungen, und in ihrer Berichterstattung schwingt ein gehöriges Stück Faszination für den Angeklagten mit. Die Neue Bündner Zeitung behauptet sogar: «Stoffel hatte eine bessere Presse als mancher Politiker vor einer Wahl.»1
Wer war dieser Stoffel? Erwähnt man heute den Bündner Ein- und Ausbrecherkönig, reagieren die allerwenigsten. Auch unter Historikerinnen und Historikern weiss man kaum von Johann Stoffels Existenz. Das ist bedauerlich, denn Stoffel war schweizweit berüchtigt und bot Stoff für Legenden. Es soll hier erstmals Licht auf Stoffel und seinen Wandel vom populären Ein- und Ausbrecher zum geachteten Schneidermeister geworfen werden. Weil Stoffels Leben beispielhaft in die gesellschaftlichen Phänomene jener Zeit eingebettet werden kann, leistet das Buch einen spannenden Beitrag zur jüngeren Bündner und zur Schweizer Sozialgeschichte.
Die ersten Begegnungen des Schreibenden mit dem Stoff waren zufällig. Sie ergaben sich meist bei der Beschäftigung mit einem anderen Thema, bei welchem Stoffel nur nebenbei in einem halben Satz oder einer Anmerkung aufschien. Bei der später zielgerichteten Suche redeten aber zahlreiche historische Zeugnisse zum Historiker. Die Fülle an Quellen ist so ergiebig, dass diese hier im Zentrum stehen sollen. Das Buch will keine rein chronologische Biografie sein, sondern eine Collage des Quellenmaterials. Diese Collage orientiert sich thematisch an den verschiedenen Rollen der historischen Figur Johann Stoffel.
Wie kam es so weit, dass ein chronischer Dieb und Gesetzesbrecher es zu grosser Popularität brachte? Wie war Stoffel überhaupt zum weitherum bekannten Dieb geworden, samt seinen – je nach Standpunkt – «Delikten» oder «Streichen»? Und haben wir es gar mit einem Bündner Robin Hood, einem Social Bandit zu tun? Wie reagierte die gedemütigte Staatsmacht? Wie schaffte es Stoffel schliesslich, einer angesehenen bürgerlichen Tätigkeit nachzugehen? Trifft für einmal also das Etikett der erfolgreichen Resozialisierung wirklich zu?
Heute leben nur noch ganz wenige Zeitgenossinnen und Zeitgenossen, die aus erster Hand berichten können. Immerhin lassen sich mit Interviews noch einige weitere Informationen beibringen, wenn auch nur aus zweiter und dritter Hand. Eine auch nur bescheidene Literatur existiert hingegen nicht. Besser steht es um einschlägige Zeitungs- und Zeitschriftenartikel aus den 1920er- und 1930er-Jahren. Ertragreich ist das Archivmaterial, weitaus am meisten davon findet sich im Staatsarchiv Graubünden in Chur. Häufig stehen die Quellen in Zusammenhang mit dem grossen Prozess von 1931 und stammen vom Kantons-Verhöramt (der späteren Staatsanwaltschaft). Interessante Hinweise liefern auch das Stadtarchiv Zürich und das Staatsarchiv des Kantons Zürich, hielt Stoffel sich doch privat und «beruflich» häufig in dieser Stadt auf. Von zentraler Bedeutung ist sein von ihm eigenhändig verfasster Lebenslauf, den er wenige Tage vor dem Prozessbeginn für seinen Verteidiger erstellte.2 Sehr dienlich zur Illustration sind auch die zeitgenössischen Fotos aus dem Staatsarchiv Graubünden und aus dem Familienbesitz.
Um gleich zu Beginn Orientierung in einer nicht immer übersichtlichen Ereignisgeschichte zu schaffen, wird