Gesammelte Werke von Xenophon. Xenophon

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Название Gesammelte Werke von Xenophon
Автор произведения Xenophon
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 4064066498634



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drei Märschen über eine mit tiefem Schnee bedeckte Ebene fünfzehn Parasangen zurück. Der dritte Marsch war mühselig, denn ein Nordwind, unter dessen Hauche Alles erfror und erstarrte, wehete ihnen entgegen. Da machte einer von den Wahrsagern den Vorschlag, dem Winde zu opfern: es geschah, und Jeder glaubte nun deutlich zu fühlen, daß sich das Schneidende des Windes verloren habe. Der Schnee war eine Klafter tief, so daß auch vieles Zugvieh, mehrere Sklaven und an dreißig Soldaten umkamen. Die ganze Nacht wurde Feuer unterhalten, denn man fand an dem Lagerplatze viel Holz, nur denen, welche zuletzt einrückten, blieb davon nichts mehr übrig: wenn sie also zu den Feuern derer, die früher angekommen waren, wollten zugelassen werden, so mußten sie ihnen dafür Weizen oder andere Eßwaaren mittheilen. So halfen sie einander aus mit dem, was Jeder hatte. Wo das Feuer brannte, entstanden durch den geschmolzenen Schnee tiefe Gruben bis an den Boden, und so konnte man die Tiefe des Schnees messen.

      Von hier aus marschirten sie den ganzen folgenden Tag durch Schnee, und eine Menge Leute fiel vor Hunger um. Xenophon, der den Nachzug führte, wußte sich, wenn er die Umgefallenen antraf, ihre Krankheit nicht zu erklären. Als ihm aber Jemand, der darin Erfahrung hatte, versicherte, daß sie vom Heißhunger litten und aufstehen würden, sobald man ihnen zu essen gäbe, so ging er zu den Proviantwagen und gab ihnen die Eßwaaren, die er vorfand, oder schickte sie durch Leute, die ihnen beispringen konnten. Sobald sie etwas genossen hatten, standen sie auf und marschirten mit. Gegen Abend erreichte Chirisophus einen Flecken und traf vor demselben Weiber und Mädchen des Ortes an, die bei einem Brunnen Wasser holten. Auf die Frage derselben, wer sie wären, antwortete der Dolmetscher auf persisch, sie kämen vom Könige und wollten zum Satrapen: die Frauenzimmer erwiederten, der wäre nicht hier, sondern eine Parasange davon. Da es schon spät war, so gingen sie mit den Wasserträgerinnen hinein, zu dem Befehlshaber des Orts. Chirisophus nun und alle Truppen, die dazu gelangen konnten, nahmen dort ihr Nachtquartier: die übrigen Soldaten aber, die nicht so weit gekommen waren, brachten die Nacht ohne Speise und Feuerung unterwegs zu, und Einige von ihnen kamen ums Leben. Auch hatte sich eine Anzahl Feinde zusammengezogen, die dem Heere nachfolgten und das abgemattete Vieh raubten, worüber es unter ihnen selbst zu blutigen Händeln kam. Manche Soldaten blieben liegen, weil sie durch den Schnee das Gesicht verloren hatten, andere, weil ihnen bei der Kälte die Zehen abgefroren waren. Ein Hilfsmittel für die Augen gegen den Schnee war es, wenn man auf dem Marsche etwas Schwarzes über sie deckte, und für die Füße, wenn man sich unaufhörliche Bewegung machte und die Nacht über barfuß war. Wer aber beschuhet schlief, dem drückten sich die Riemen in den Fuß ein und die Schuhe waren wie angeschmiedet. Die Schuhe gehörten zu der Art, die man Karbatmä43 nennt und wurden, nachdem die alten Schuhe verbraucht waren, aus frischer Ochsenhaut verfertigt. Bei solchen Drangsalen also blieben verschiedene Soldaten zurück, und da sie eine Stelle erblickten, welche schwarz schien, weil kein Schnee darauf lag, so vermutheten sie, er sei geschmolzen; und dies war wirklich der Fall, denn es befand sich nahe dabei in einer Bergschlucht eine dampfende Quelle. Hierher wendeten sie sich von der Straße ab und äußerten den Entschluß, nicht weiter zu marschiren. Als Xenophon, der den Nachzug führte, dies erfuhr, bat er sie, nicht zurückzubleiben und wendete, um sie zu bewegen, alle möglichen Kunstgriffe an. Er stellte ihnen vor, der Feind folge in großer Anzahl und brach endlich in Zorn aus. Allein sie erwiederten, er möchte sie niederhauen, denn sie könnten nicht weiter. Nun hielt er für das Beste, dem nachsetzenden Feinde, wo möglich, einen Schrecken einzujagen, damit er nicht über die Müden herfiele. Es war finster und die Feinde rückten mit großem Getümmel an, denn sie waren über ihre Beute in Zwist gerathen. Alle Soldaten des Nachzuges, welche gesund waren, machten sich nun auf und liefen auf die Feinde los. Die Müden aber erhoben ein Geschrei, so stark sie nur konnten, und schlugen dabei mit den Lanzen auf die Schilde. Die Feinde erschraken, eilten durch den Schnee in das Gehölz zurück, und man hörte keinen Laut mehr von ihnen.

      Xenophon und seine Gefährten marschirten nun, nachdem sie den Kranken versprochen hatten, am folgenden Tage einige Leute zu ihnen zu schicken, vorwärts, und stießen, noch nicht vier Stadien weiter hin, auf Soldaten, die sich eingehüllt hatten, und ohne ausgestellte Wache im Schnee ruhten. Man weckte sie auf: sie sagten aber, die vorderen Truppen hätten Halt gemacht. Xenophon marschirte vorbei und schickte die kräftigsten Peltasten voraus, um sich nach der Ursache des Stillstandes umzusehen. Diese brachten die Nachricht, das ganze Heer raste auf die nämliche Art. Nun hielten auch Xenophon's Truppen an und brachten daselbst, nachdem, so gut es sich thun ließ, Posten ausgestellt waren, ohne Essen und Feuerung die Nacht zu. Gegen Morgen aber schickte Xenophon die jüngste Mannschaft zu den Müden zurück mit dem Befehl, sie zum Aufbruch zu nöthigen. Während dem kamen Leute vom Chirisophus aus dem Dorfe, um Nachricht einzuziehen, wie es mit dem Nachzuge stünde. Sie waren hier sehr willkommen, und man überlieferte ihnen die Müden, um sie ins Lager zu bringen. Nach einem Marsche von noch nicht zwanzig Stadien traf man in dem Dorfe ein, wo Chirisophus rastete. Nach der Vereinigung wurde für gut befunden, die Truppen in die Dörfer zu vertheilen. Chirisophus blieb da, wo er war, die Andern aber loseten um die Dörfer, die sie sahen, und marschirten dann in die ihnen zugefallenen Ortschaften. Der Hauptmann Polykrates, aus Athen, hielt jetzt um die Erlaubniß an, vorauszumarschiren, wählte dann eine Anzahl leichter Truppen aus und eilte an ihrer Spitze in das Dorf, das dem Xenophon zugefallen war. Hier fand er alle Einwohner des Orts mit ihrem Schulzen, außerdem siebzehn Füllen, die zum Tribut für den König bestimmt waren, und die erst seit neun Tagen verheirathete Tochter des Schulzen. Ihr Mann war auf die Hasenjagd gegangen, und man traf ihn in keiner dieser Ortschaften an. Die Wohnungen waren unter der Erde, am Eingange enge, gleich einer Brunnen-Mündung, unten aber weit. Die Eingänge für das Vieh waren gegraben, die Menschen aber stiegen auf Leitern hinab. In den Wohnungen aber traf man Ziegen, Schafe, Rinder, Federvieh mit ihren Jungen an. Alles Vieh wurde unten gefüttert. Auch fand man Weizen, Gerste, Hülsenfrüchte und Gerstenbier in großen Trinkgeschirren. In diesen Gefäßen, worin die Gerste bis an den Rand ging, standen knotenlose Rohrhalme, theils größere, theils kleinere. Wer nun dürstete, nahm sie in den Mund und sog. Ohne Zumischung von Wasser war es ein sehr starkes und für den, der es gewohnt war, liebliches Getränk. Xenophon zog den Schulzen dieses Dorfes zur Tafel und hieß ihn guten Muths sein, denn seine Kinder sollten ihm nicht genommen werden, und man würde ihn beim Abmarsch zur Belohnung das Haus mit Lebensmitteln anfüllen, wenn es sich zeigen sollte, daß er den Griechen bis zu ihrer Ankunft bei einer anderen Nation irgend einen nützlichen Dienst erwiesen habe. Der Mann versprach dies, und um seinen guten Willen zu beweisen, zeigte er die Stellen an, wo Wein vergraben war. So brachten nun die Soldaten, mit Quartier und allen Lebensmitteln überflüssig versorgt, diese Nacht zu, hatten den Schulzen in sicherer Verwahrung und seine Kinder vor Augen. Am folgenden Tage begab sich Xenophon mit letzterem zum Chirisophus. Wo ihm ein Dorf aufstieß, kehrte er zu den darin cantonirenden Soldaten ein und traf sie überall im Wohlleben und bei frohem Muthe, und nirgends ließ man sie weg, ohne ihnen ein Frühstück vorzusetzen. Da traf man keinen Tisch an, der nicht mit Lamm-, Ziegen-, Schweine- und Kalbfleisch, mit Geflügel und vielem Weizen- und Gerstenbrode besetzt war. Wenn Jemand einem Andern zutrinken wollte und es recht gut mit ihm meinte, so zog er ihn zu der Kanne, über die er sich bücken und gleich einem Rinde schlürfen mußte. Auch dem Schulzen erlaubten sie, was ihm gefiele, zu nehmen. Allein er machte davon keinen andern Gebrauch, als daß er jedes Mal, wenn er einen Verwandten erblickte, ihn zu sich nahm. Als sie beim Chirisophus ankamen, fanden sie auch hier die Soldaten in ihren Quartieren am Tische mit Heukränzen geschmückt und von armenischen Knaben in Nationaltracht bedient. Den letzteren gab man, gleich Stummen, durch Zeichen zu verstehen, was man forderte. Nach ihrer gegenseitigen Bewillkommnung fragten Chirisophus und Xenophon den Schulzen gemeinschaftlich durch den Dolmetscher, der persisch sprach, wie das Land hieße? »Armenien,« sagte er. »Für wen,« fuhren sie fort, »werden diese Pferde gezogen?« »Für den König,« versetzte er, »zum Tribut.« Das nächste Land, erzählte er weiter, gehöre den Chalyben, und er beschrieb den Weg dahin. Hierauf brachte ihn Xenophon wieder zu den Seinigen zurück und schenkte ihm ein schon etwas altes Beutepferd, um es zu füttern und zum Opfer zu schlachten, – denn er hatte gehört, daß dies Thier der Sonne heilig war, – aus Furcht, es möchte sonst draufgehn, weil es von dem Ritte sehr abgemattet war. Für sich nahm er eins von den jungen Pferden und vertheilte die übrigen unter die Heerführer und Hauptleute. Die hiesigen Pferde waren zwar kleiner als die persischen, aber bei weitem rascher. Hierauf gab auch der Schulze die Anweisung, den Pferden und dem Zugvieh Säckchen um die Füße zu binden, wenn