Gesammelte Werke von Xenophon. Xenophon

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Название Gesammelte Werke von Xenophon
Автор произведения Xenophon
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 4064066498634



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Beschwerlichkeiten auszuruhen, und da wir doch am Meere sind, die noch übrige Reise zu Schiffe zu machen, und ausgestreckt wie Ulysses im Schlafe nach Griechenland zu kommen.« Auf diese Rede äußerten die Soldaten durch lautes Murmeln ihren Beifall. Noch ein Anderer gab eben diesen Rath, und so alle Anwesenden. Jetzt stand Chirisophus auf und sprach: »Soldaten, Anaxibius ist ein Freund von mir, Admiral ist er aber auch gerade. Wollt ihr mich nun an ihn absenden, so hoffe ich mit dreirudrigen Schiffen und andern Fahrzeugen zu eurer Abfahrt zurückzukommen. Bleibt also, da ihr zu Schiffe abgehen wollt, so lange hier, bis ich wieder komme; dies soll aber bald geschehen.« Die Soldaten waren hierüber froh und stimmten für seine baldige Abreise.

      Nach ihm stand Xenophon auf und sprach: »Chirisophus reise also ab, um Fahrzeuge zu besorgen, wir aber bleiben. Was wir nun, meinem Bedünken nach, während unsers hiesigen Aufenthalts in unserer Lage zu thun haben, will ich jetzt sagen: zuvörderst müssen wir uns aus den feindlichen Gegenden mit Lebensmitteln versorgen, und haben auch nicht einmal, Wenige von uns ausgenommen, Geld zum Einkauf, und das Land umher ist feindlich. Wir laufen also Gefahr, viele Leute zu verlieren, wenn wir sorglos und unbehutsam nach Lebensmitteln ausgehen. Wir müssen daher, wie ich glaube, aus combinirten Streifzügen uns Lebensmittel holen und nicht aufs Gerathewohl herumschweifen, damit wir diesem Bedürfnisse abhelfen, ohne unser Leben in Gefahr zu setzen.« – Dies wurde beschlossen. – »Hört weiter: Einige von euch werden wol auf Beute ausgehen: ich halte es dafür für rathsam, daß wer diese Absicht hat, uns meldet, daß und wohin er gehen will, damit wir die Anzahl der Abwesenden und Bleibenden wissen, und im Nothfall gemeinschaftlich handeln können; ferner, damit wir, falls sich die Gelegenheit darbietet, Einigen beizustehen, den Ort kennen, wohin wir zum Beistande eilen müssen und im Stande sind, Unerfahrene, die etwas unternehmen wollen, mit gutem Rath zu unterstützen, indem wir die Stärke des Feindes, den sie angreifen wollen, zu erfahren suchen.« – Man willigte ein. – »Ueberlegt auch dies: die Feinde haben Gelegenheit, Beute von uns zu machen, und zu verdenken ist es ihnen nicht, wenn sie uns nachstellen, denn wir sind im Besitz ihres Eigenthums, und ihre Stellung bedroht die unsere. Ich halte es daher für nöthig, um das Lager herum Wachen auszustellen, denn wenn wir abwechselnd wachen und den Feind beobachten, so wird er uns nicht leicht berücken können. Weiter, da wir nicht sicher wissen, ob auch Chirisophus mit einer hinlänglichen Anzahl Fahrzeuge zurückkommen wird, – denn in diesem Falle wäre mein Vorschlag überflüssig – so müssen wir uns, meinem Bedünken nach, Mühe geben, auch aus dieser Gegend Schiffe zusammenzubringen. Sind wir nun bei seiner Rückkunft in dieser Hinsicht schon versorgt, so haben wir desto mehr Fahrzeuge zur Reise, und bringt er selbst keine mit, so können wir uns doch derer bedienen, die wir dann schon haben. Ich sehe hier oft Schiffe vorbeisegeln. Wenn wir uns nun von den Trapezuntiern Kriegsschiffe ausbitten, und mit diesen so viel Fahrzeuge aufbringen und durch Wegnahme der Steuerruder in Verwahrung halten, bis wir eine hinlängliche Anzahl beisammen haben, so können wir dann auf jeden Fall die Abreise unserm Wunsche gemäß bewerkstelligen.« – Auch dies erhielt Beifall. – »Ueberlegt endlich, ob es nicht billig ist, die Mannschaft der aufgebrachten Schiffe auf gemeine Kosten so lange, als sie unseretwegen warten muß, zu verpflegen und ihr die Ueberfahrt zu bezahlen, damit sie für ihre uns geleisteten Dienste doch einigen Vortheil hat.« – Man willigte ein. – »Wenn es uns aber nicht möglich ist, eine hinlängliche Anzahl Fahrzeuge zusammenzubringen, so müssen wir, meinem Bedünken nach, den Seestädten anbefehlen, die Wege, die der Beschreibung nach sehr schlecht sind, zu verbessern. Sie werden dies thun, theils aus Furcht, theils auch um unser bald los zu werden.«

      Die Soldaten verwarfen diese Maßregel mit Geschrei. Da nun Xenophon ihre Unbesonnenheit sah, ließ er zwar hierüber nicht stimmen, aber er vermochte die Seestädte die Wege freiwillig auszubessern und brauchte dabei den Beweggrund, daß die Griechen um so eher abmarschiren würden, wenn die Straßen gebahnt wären. Die Griechen erhielten von den Trapezuntiern ein Schiff mit fünfzig Rudern und übertrugen den Oberbefehl darüber dem aus einer lacedämonischen Provinzialstadt gebürtigen Dexippus. Allein statt Fahrzeuge aufzubringen, entfloh dieser mit dem Schiffe aus dem Pontus. Doch in der Folge erhielt er die verdiente Strafe: denn da er sich beim Seuthes in Thrazien unbesonnener Weise in gewisse Händel mischte, verlor er durch den Lacedämonier Nikandros das Leben. Auch erhielten sie ein Schiff von dreißig Rudern und übergaben es dem Oberbefehl des Atheniensers Polykrates, der alle Schiffe, die er aufbrachte, der Armee zuführte. Die Waaren derselben wurden herausgenommen und zu ihrer Sicherheit Wachen hinzugestellt. Die Schiffe brauchte man zur Fahrt. Während dem gingen die Griechen auf Beute aus: manche waren dabei glücklich, andre wieder nicht. Kleänet, der seine und eine andre Compagnie in eine gefährliche Gegend geführt hatte, büßte mit vielen seiner Leute das Leben ein.

      2.

       Inhaltsverzeichnis

      Da die Lebensmittel nicht mehr so in der Nähe zu erhalten waren, daß die Soldaten noch am nämlichen Tage zur Armee hätten zurückkehren können, so nahm Xenophon Wegweiser von den Trapezuntiern und führte die Hälfte des Heeres gegen die Driler, die andre aber ließ er zur Bewachung des Lagers zurück. Denn die Kolchier hatten sich, da sie aus ihren Wohnungen vertrieben waren, in großer Anzahl zusammengezogen und lauerten auf den Bergen. In die Gegenden aber, aus denen man sich leichter mit Lebensmitteln hätte versorgen können, wollten die Trapezuntier nicht hinführen, weil sie mit den Einwohnern in Freundschaft lebten. Zu den Drilern hingegen, der kriegerischen Völkerschaft am Pontus, die eine bergige und unwegsame Gegend bewohnte, zeigten sie sehr gern den Weg, weil sie von ihnen feindlich behandelt wurden. Als nun die Griechen dieses Bergland erstiegen hatten, steckten die Driler alle Plätze, die sie nicht für haltbar hielten, in Brand und zogen davon: man fand daher hier nichts als Schweine und Ochsen und einiges andre Vieh, was dem Feuer entflohen war.

      In einem Platz aber, der ihre Hauptstadt hieß, hatten sich Alle zusammengezogen. Er war mit einem sehr tiefen Hohlwege umgeben, und die Zugänge waren schwierig. Die Peltasten, die den Hopliten um fünf oder sechs Stadien vorgeeilt waren, gingen über den Hohlweg, und da sie viele Schafe und andere Gegenstände von Werth erblickten, so griffen sie den Ort an. Auch folgten ihnen viele Lanzenträger, die auf Proviant ausgingen, sodaß über zweitausend Mann den Hohlweg passirten. Da ihr Angriff aber nicht hinreichte, den Platz zu erobern, – denn er war mit einem breiten Graben und einem mit Pallisaden und vielen hölzernen Thürmen besetzten Walle umzogen – so schickten sie sich schon zum Abzuge an, als der Feind sie im Rücken angriff. Bei der Unmöglichkeit also, sich zurückzuziehen, indem man von hier aus in den Hohlweg nur einzeln herabsteigen konnte, schickten sie zum Xenophon, der die Hopliten anführte. Der Abgeordnete meldete: der Platz, vor dem sie ständen, sei mit vielen Gütern angefüllt, allein sie könnten ihn, weil er fest sei, nicht einnehmen; eben so wenig aber könnten sie sich zurückziehen, denn der Feind beunruhige den an und für sich schon schwierigen Rückzug durch Ausfälle.

      Aus diese Nachricht rückte Xenophon an den Hohlweg, ließ die Hopliten halten und ging mit den Hauptleuten hinüber, um zu sehen, ob es rathsamer sei, die vorgerückten Truppen wieder herüber zu führen, oder, im Vertrauen auf die Eroberung, auch die Hopliten nachrücken zu lassen. Der Rückzug schien nicht ohne großen Verlust bewerkstelligt werden zu können; die Einnahme des Orts hingegen hielten die Hauptleute für möglich, und Xenophon stimmte ihnen in Vertrauen auf die Opfer, bei: denn die Opferpriester hatten ein Gefecht angekündigt, das einen glücklichen Ausgang nehmen würde. Er schickte also die Hauptleute ab, um die Hopliten herüber zu holen, ließ die Peltasten sich zurückziehen und untersagte ihnen, auf den Feind zu werfen oder zu schießen. Als die Hopliten ankamen, forderte Xenophon die Hauptleute auf, jeder von ihnen möchte seine Compagnie in eine Fassung setzen, bei der er sich von ihrer Bravour das Meiste verspräche: denn die Hauptleute, welche die ganze Zeit über um den Preis der Tapferkeit wetteiferten, standen einander nahe. Es geschah. Hierauf gab er Befehl, die Peltasten sollten sämmtlich die Hand am Riemen des Wurfspießes vorrücken, um auf das gegebene Zeichen sogleich abzuwerfen; die Bogenschützen sollten den Pfeil auf die Sehne legen, um aufs Commando zum Schusse fertig zu sein; die Gymneten sollten ihre Taschen mit Steinen gefüllt haben, und zugleich schickte er taugliche Personen ab, um diese Befehle bekannt zu machen. Nachdem nun Alles angeordnet war, die Hauptleute, die Unterhauptleute, und die sich ihnen gleich schätzten,