Название | Mostkost |
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Автор произведения | Klaus Ranzenberger |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783702580834 |
Aber zurück zum Wochenmarkt. Der Onkel verstaut gerade ein Packerl mit Fleisch- und Wurstwaren – ein bisserl was hat ihm die Tante dann doch aufgetragen – in seiner ledernen Tasche, als er von der anderen Seite der Marktgasse jemanden seinen Namen rufen hört. Er muss zweimal hinschauen und sein Gedächtnis durchforsten, bis er den Rufer einordnen kann. Wie heißt der noch einmal? Maislinger oder so. Nein, Haslinger, genau. Wie auch immer, dieser Haslinger betreibt, wie es aussieht, auch einen Stand. Wohl aber zum ersten Mal, denn der Onkel Franz kann sich nicht erinnern, ihn in der Vergangenheit hier schon gesehen zu haben. Und Marktstand ist für das, was der Mann da aufgebaut hat, auch ein übertriebener Ausdruck. Haben die anderen Anbieter meist professionelle Verkaufswägen, so handelt es sich bei dem Gebilde, auf das der Onkel jetzt zugeht, um nicht viel mehr als einen ramponierten Stehtisch mit Sonnenschirm, an dessen Front ein abenteuerlich zusammengenageltes Ensemble aus hölzernen Obstkisten angebunden ist. Na, ein stärkerer Wind darf da nicht aufkommen, denkt sich der Onkel Franz, als er den Haslinger jetzt begrüßt.
Eine Begrüßung, die von seiner Seite nicht sonderlich herzlich ausfällt, er kennt den Kleinbauern ja kaum. Ein kleines Sacherl, kann sich der Onkel erinnern, hat der am Stadtrand, dort wo die Supermärkte die letzten Jahrzehnte aus dem Boden geschossen sind. Eingezwickt zwischen Baumarkt und Lebensmittel-Discounter haben sich dort noch zwei, drei kleine Ortsbauern gehalten. Ein bisserl Grün inmitten der Betonklötze und Asphaltflächen. Trotz der nur flüchtigen Bekanntschaft beginnt der Haslinger nun beinahe freundschaftlich auf den Onkel Franz einzureden.
„Musst schon entschuldigen, Franz, dass ich dich da über die Straße anruf, aber ich hab mir gedacht, so ein Feinspitz wie du, der darf auf gar keinen Fall bei meinem Standl vorbeigehn.“
Die Art, wie der ihm fast Fremde da mit ihm redet, ist dem Onkel eine Spur zu vertraulich, sowas mag er nicht. Aber naja, denkt er sich, der will halt was verkaufen. Damit liegt er richtig. Der Haslinger plappert munter weiter, dabei hält er ihm eine dunkelgrüne Glasflasche vor die Nase.
„Wo ich doch so ein Spitzen-Produkt für dich hab, schau her!“
Auf dem, wie es ausschaut, selbstgemachten Etikett steht „Innviertler Kürbiskernöl“, darunter ein wie von Kinderhand gezeichnetes, lachendes Kürbisgesicht.
„Aus eigenem Anbau, händisch höchstpersönlich kaltgepresst, allererste Qualität. Wieviel darf ich dir einpacken?“
„Ja, na, eh keines, eigentlich.“
„Was, nicht? Aha. Wieso?“
„Naja, weil ich nicht wüsst, wofür.“
„Aha drum, achso. Na, aber da kann ich dir helfen: Auf’n Rindfleischsalat, in die Suppe, auf die Sulz oder d’ Essigwurscht zum Beispiel.“
Der Onkel Franz ist entsetzt.
„Auf mei Essigwurscht? Ja, nie und nimmer! Ich bin doch kein Steirer!“
„Da muss man jetzt kein Steirer sein, drum steht ja auch ,Innviertler Kürbiskernöl‘ droben. Und am besten fragst du deine Frau, die kennt sich aus beim Kochen und die wird mein Produkt schon zu schätzen wissen.“ Der Haslinger klingt jetzt fast ein bisserl beleidigt. „Schau, da hast eine Probe, die gibst ihr. Wirst schon sehen, das schmeckt dir schon.“
Mit diesen Worten drückt er dem Onkel ein Flascherl in die Hand, ähnlich denen, wie man sie von den kleinen Magenbittern an der Supermarktkassa kennt. Und tatsächlich ist es auch so eines, unter dem selbstgemachten schaut noch ein wenig das originale Jägermeister-Etikett hervor. Der Onkel steckt es mit einem gebrummelten „Dank’schön“ in seine Tasche und wendet sich zum Gehen. Dabei schüttelt er noch immer konsternierend den Kopf.
„Kürbiskernöl. Auf d’ Essigwurscht. Ja geht’s noch!?“
Aber das hört der Haslinger schon nicht mehr, er hat längst gemerkt, dass hier kein Geschäft zu machen ist und sich seinem nächsten Opfer, einer jungen Mutter mit Kinderwagen, zugewandt.
Nachdem der Onkel Franz noch ein wenig die Marktstände inspiziert, den einen oder anderen Bekannten gegrüßt und beim Bäcker seines Vertrauens noch einen Laib Bauernbrot erworben hat, begibt er sich wie abgemacht – es geht auf elf Uhr zu – zum Gastgarten des Bürgerbräu. Auch wie immer. Jour fixe mit seinem alten Spezi, dem Albert. Mit dem hat er sich vor seiner Pensionierung eine Werkbank geteilt und nun, im Ruhestand trifft man sich nach wie vor regelmäßig. Am Dienstags-Stammtisch beim Egger-Wirt ebenso wie am Mittwochvormittag auf ein Marktbier.
Der Onkel lässt sich auf dem Stuhl nieder, den ihm der Albert mit seinem Plastiksackerl reserviert hat und begrüßt seinen Freund.
„Aha, hast’ auch ein bisserl was eingekauft, ha?“ fragt er ihn und deutet auf das Sackerl, das der Albert nun wieder neben sich auf den Boden gestellt hat.
„Jaja, Apotheke. War ja heut schon beim Doktor und der hat mir allerhand verschrieben.“
„Beim Doktor, aha. Bist krank? Sag schon, red. Ist es was Schlimmes?“, will der Onkel Franz leicht besorgt wissen.
„Aber geh, nein, eh nix. Mehr so allgemein, verstehst?“
„Allgemein, aha. Und da brauchst’ ein ganzes Sackerl voll Tabletten, oder was?“
Das ist jetzt ein Stichwort für den Albert. Er nimmt eine Medikamentenpackung nach der anderen heraus und legt sie aufeinander vor sich auf den Tisch. So entsteht ein ansehnlicher Turm, der beinahe sein Bierglas überragt. Dazu kommentiert er. „Schau her, das ist gegen den leichten Bluthochdruck, den der Doktor bei mir g’messen hat. Die sind gegen’s Cholesterin, das da ist leicht blutverdünnend, kann auch nicht schaden, meint er, und dann noch Calcium, Magnesium, Kapseln vom Knoblauch und vom Arzneikürbis, für d’ Prostata, verstehst? Sodala, und da haben wir noch einen Magenschoner.“
Jetzt ist der Onkel ernsthaft in Sorge um den Freund. Der verschweigt mir was, denkt er, bei so viel Tabletten muss was Ernsthaftes vorliegen. Und das sagt er ihm auch. Dass er rausrücken soll mit der Wahrheit, wie heißt sie, die Krankheit, wie schlimm ist es wirklich?
„Aber geh, alles in Ordnung, wirklich“, beruhigt ihn der Albert.
„Das sind alles ganz übliche Wirkstoffe, die man halt in unserem Alter so braucht. Hast du ja sicher auch, oder?“
„Ja, genau, soweit kommt’s noch.“
„Wieso? Verschreibt dir der Doktor was anderes?“
„Da müsst ich erst einmal zu einem Doktor gehen. ’S letzte Mal war ich, glaub ich, vor gut fünfzehn Jahr, wie ich mir den großen Zeh gebrochen hab. Weißt eh, da wo ich beim Zwetschkenbrocken von der Leiter g’fallen bin.“
„Was? Seither nimmer? Franzl, das ist unverantwortlich!“
„Ach so, unverantwortlich“, der Onkel nimmt einen Schluck Bier, „wem gegenüber?“
Damit ist das Thema für ihn erledigt, weshalb er auch sagt: „So, Albert, du packst jetzt deine Zuckerl wieder weg, dann stoßen wir mal an und reden über was G’scheites. Zum Beispiel darüber.“
Und weil ihm grad nichts Besseres einfällt, um das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken, holt er das kleine Probeflascherl vom Haslinger aus seiner Tasche und stellt es auf den Tisch.
„Sag einmal, Franzl, spinnst jetzt? Du kannst dir doch