Название | Zusammen aufwachen |
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Автор произведения | Wilfried Reuter |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783942085335 |
Von außen ist das oft kaum wahrnehmbar. Manche Menschen leben ein scheinbar geselliges Leben, fühlen sich aber einsam. Mir selbst ging es oft bei geselligen Anlässen mit verordneter Fröhlichkeit so, zum Beispiel an Silvester.
Fluchtmanöver und Ersatzbefriedigungen
Wenn du dich einsam erlebst, entwickelst du eventuell bestimmte Strategien, um deine Einsamkeit nicht zu spüren, kleine oder große Fluchten oder Ersatzbefriedigungen.
Manche Menschen versuchen, ihrer Einsamkeit durch Konsum zu entfliehen. Der Mechanismus wird in der Werbung sogar bewusst eingesetzt: Kauf das Produkt, und du erlebst Verbindung! Werbung für Alkohol zeichnet oft Bilder von Menschen, die gemeinsam fröhlich sind. Und eine Versicherung wirbt damit, »eine starke Gemeinschaft« zu sein.
Eine alleinerziehende Mutter erzählte mir von ihrer Essstörung: Den ganzen Tag über kann sie sich sehr zurückhalten, aber abends gibt es dann plötzlich kein Halten mehr, da stopft sie sich mit Chips und Süßigkeiten voll. Sie beginnt damit immer genau dann, wenn ihre Tochter ins Bett gegangen ist und sie alleine im Wohnzimmer sitzt. »Dann ist es immer so still in der Wohnung«, sagte sie.
Nicht wenige Menschen versuchen, ihre Einsamkeit zu übertünchen, indem sie sich viel Arbeit aufbürden. Effizient sein und Leistung bringen als Strategie, sich nicht selbst zu spüren. Im Urlaub suchen sich solche Menschen dann spektakuläre Ziele und atemberaubende Aktivitäten. Sie halten ihre Abenteuerreisen für erfüllend und merken gar nicht, dass sie damit vor allem ihre Einsamkeit erträglich machen wollen.
Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen: Alkohol, Medikamente und Drogen, laute Musik, abends immer verabredet, an jedem Wochenende unterwegs, immer auf der Suche nach sexuellen Erlebnissen, rastloses Hoffen auf die nächste SMS oder »Gefällt mir«-Klicks bei Facebook.
Doch die innere Bedürftigkeit, die innere Leere, Innere Leere lässt sich nicht mit äußeren Dingen füllen.lässt sich nie mit äußeren Dingen füllen. Die Sehnsucht nach Verbindung befriedigst du nicht durch oberflächliche Kontakte. Und Betäubung hilft dir, wenn überhaupt, nur kurz.
Einsamkeit bewusst erleben
Der Buddha rät uns, schwierigen Gefühlen nicht auszuweichen, sondern sie bewusst zu spüren und zu akzeptieren. Nur so können wir einen heilsamen Umgang damit finden und uns weiterentwickeln.
Normalerweise gehen wir davon aus, etwas tun zu müssen, um unsere Situation möglichst schnell zu verbessern. Diese Überzeugung ist uns in Fleisch und Blut übergegangen. Also ergreifen wir eine Maßnahme nach der anderen gegen die Situation, wie sie jetzt gerade ist. Ich nenne diesen Geisteszustand den Tunmodus. Er entspringt dem Verstandesbewusstsein.
Der Tunmodus alleine vermag das Problem aber nicht zu lösen. Nur wenn du deine Aufmerksamkeit nach innen richtest, kannst du klar sehen, was in dir vorgeht und wonach du dich eigentlich sehnst. Schalte also um vom Tunmodus in den Seinsmodus.
Achtsamkeit entwickeln
Es ist wichtig, Gedanken und Gefühle der Einsamkeit so früh wie möglich wahrzunehmen und zu beobachten, damit sie dich nicht vereinnahmen können. Einsamkeit kann wie ein Sog wirken, die Lage erscheint dir dann immer aussichtsloser.
Ein guter Anfang kann sein, Tagebuch zu führen. Damit wendest du dich in liebevoller Absicht dir selbst zu, bringst dein Innerstes nach außen und lernst, in dir selbst gewissermaßen zu lesen wie in einem Buch. Das hilft dir, dich nicht in deinen Gefühlen zu verstricken, dich nicht mit ihnen zu »identifizieren«, sondern sie als ein vergängliches Geschehen zu betrachten, auf das du nicht festgelegt bist.
Denkmuster identifizieren
Selbstbeobachtung hilft dir, Denkmuster zu identifizieren, die dich blockieren. Viele Menschen sind fixiert auf ein Selbstbild, das sie in der Einsamkeit festhält und glauben lässt, an ihrer Situation nichts verändern zu können. Es bringt ständig negative Gedanken hervor: »Ich bin nicht liebenswert«, »Für mich wird sich nie jemand interessieren.« Oder: »Wenn ich einen Menschen an mich heranlasse, wird es wieder so schmerzhaft werden wie beim letzten Mal.« Vielleicht stempelst du dich ab, indem du denkst: »Ich bin kein geselliger Mensch.« Vielleicht verurteilst du dich: »Warum sollte auch jemand an einem Menschen wie mir Interesse haben?« Vorsicht ist immer auch bei Gedanken geboten, die mit »Ich sollte« oder »Ich müsste« beginnen (»Ich sollte längst jemanden gefunden haben.«) Damit setzt du dich selbst unter Druck.
Solche Muster des Denkens und Empfindens sind durch frühere Erfahrungen entstanden. Schenkst du den Gedanken Glauben, werden sie leicht zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung, denn du verschanzt dich dann in deiner Haltung des Mangels, die von Angst geprägt ist und auf andere Menschen wenig anziehend wirkt. Negative Gedankenmuster sind nie hilfreich, sondern blockieren deine Fähigkeit, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten – eine Fähigkeit, die in jedem Menschen als Potenzial vorhanden ist!
Trügerisch sind auch Gedanken, die nach dem Schema »Alles oder nichts« funktionieren. »Diese Frau oder keine!« – »Heute oder nie!« – »Niemand will mit mir tanzen.« Wie könnte man Hoffnungslosigkeit wirkungsvoller vorprogrammieren? Alles-oder-nichts-Gedanken postulieren einen Idealzustand, den es nicht gibt, oder sie geben alles verloren. Sie entwerten alle Möglichkeiten, die du ohne diese Gedanken hättest.
»Warum hast du nie geheiratet?«, wurde Mullah Nasruddin, eine Art Eulenspiegel der türkischen Volksliteratur, von einem Freund gefragt. »Oh, ich habe es mir sehr gewünscht«, antwortete Mullah Nasruddin. »Deswegen habe ich mich auf die Suche nach der perfekten Frau gemacht. In Damaskus fand ich eine schöne Frau, die gütig und spirituell war, aber sonst wenig wusste. In Isfahan traf ich eine Frau, die spirituell wie weltlich sehr gebildet war, aber wir verstanden uns nicht. In Kairo schließlich fand ich nach langer Suche eine perfekte Frau. Sie war spirituell, anmutig und wunderschön!« – »Warum hast du sie dann nicht geheiratet?«, fragte der Freund. »Sie suchte den perfekten Mann.«
Erwartungshaltungen entschärfen
Erwartungshaltungen verhindern Verbindung. »Mach mich glücklich!«, »Sei mein Ein und Alles!«, »Erlöse mich von meinem Leid!« – mit Erwartungen blockieren Verbindung. solchen Forderungen setzt du dich und potenzielle Partner unter Druck, schlägst sie geradezu in die Flucht. Kommt trotzdem eine Verbindung zustande, bewertest du jede Situation nach diesem überzogenen Maßstab – im Alltag, im Urlaub, im Bett. Damit überforderst du den anderen und blockierst die Bindung, bevor sie überhaupt wachsen kann.
Zugleich wirst du vermutlich an der Beziehung zweifeln, wenn der andere Mensch deinen Bedürfnissen nicht zu hundert Prozent genügt – was ganz sicher irgendwann der Fall sein wird. Früher oder später lassen dich überhöhte Erwartungen dann den Glauben an Beziehungen verlieren. Sie sind ein Grundstein der Einsamkeit.
Dich selbst befragen
Wenn es dir schwerfällt, mit anderen in Kontakt zu treten, kann dir eine Methode aus der Gewaltfreien Kommunikation des amerikanischen Psychologen Marshall Rosenberg helfen, den Gründen auf die Schliche zu kommen: der Selbstdialog.5
Nimm an, du befindest dich auf einer Party, aber du fühlst dich nicht wohl. Vielleicht hast du den Eindruck, dass du nicht richtig dazu gehörst, und fragst dich, was die anderen wohl von dir halten. Dies ist der Zeitpunkt, um mit dir in Dialog zu treten! Wende dich dem Teil deiner Persönlichkeit zu, der gerade dein Verhalten steuert, und frage ihn: »Was tust du gerade?« Die Antwort könnte lauten: »Ich habe mich in eine Ecke zurückgezogen.« Oder: »Ich rede laut und viel.« Oder: »Ich reiße die ganze Zeit Witze.« – »Ich halte mich an meinem Glas fest.« – »Ich rauche schon wieder so viel.« Und so weiter.
Nun kannst du diese Fragen stellen: »Was