Aborigines Gestern und Heute. Sabine Koch

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Название Aborigines Gestern und Heute
Автор произведения Sabine Koch
Жанр Книги о Путешествиях
Серия
Издательство Книги о Путешествиях
Год выпуска 0
isbn 9783944921372



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Ein grundlegendes Problem: gegensätzliche Rechtssysteme

       Unbequeme Wahrheiten

       Der lange Weg der Veränderung

       6.4 Aborigines und Kriminalität

       Ursachen für die hohe Straffälligkeit von Aborigines

       Circle Sentencing: eine Lösungsmöglichkeit?

       6.5 Rückkehr auf traditionelles Land: die Homeland-Bewegung als Lösung?

       Nachwort

       Positive Veränderungen

       Abhängig von Sozialhilfe

       Hat die Kultur der Aborigines eine Zukunft?

       Stichwortverzeichnis

       Quellenangaben

      Sie sitzen in alten, schmutzigen Kleidern mit glasigen Augen und zerzausten Haaren vor dem „bottle store“ und warten, dass es 14 Uhr wird und sie ihre Sozialhilfe in Alkohol umsetzen können. Sie schreien ihre verwahrlosten Kinder an, raufen und prügeln sich.

      Das sind sie also, die „edlen Wilden“, die auf den Hochglanzprospekten der Tourismusindustrie Didgeridoo spielen und im Schein der untergehenden Sonne den Regentanz aufführen, der australische Dollars in die Kassen spült.

      Der Gegensatz dieser beiden Welten wird den Touristen auf der gesamten Reise durch Australien begleiten. Er wird kaum mit Aborigines in Kontakt kommen und wenig von ihnen selbst erfahren. Fremden gegenüber verschließen sie sich, Fragen gehen sie aus dem Weg. Die Antworten geben Weiße: „Die Aborigines sind faul, sie zerstören die Häuser, die sie von der Regierung zur Verfügung gestellt bekommen, und versaufen ihre Sozialhilfe, die wir Weißen mit unseren Steuergeldern finanzieren.“ Diese pauschalisierten Vorurteile helfen aber nicht weiter – sie lösen weder den Konflikt noch geben sie eine Erklärung.

      Die australischen Aborigine-Kulturzentren romantisieren das Leben der Ureinwohner. Kein Wunder: Kulturzentren werden an touristischen Orten errichtet und ins touristische Marketingkonzept eingebunden. Hier geht es um Geld, hier werden die Vorurteile der Touristen bedient und man präsentiert eine heile Hochglanzwelt. Hier will sich niemand mit Problemen und Konflikten belasten.

      Ein Blick in den Reiseführer liefert allenfalls historische Daten und kratzt ein wenig an der Oberfläche. Die Seitenzahl ist begrenzt, der Tourist möchte zu den Sehenswürdigkeiten geführt werden, zu edlen Restaurants oder billigen Unterkünften. Für die Bewohner des Landes ist kein Platz vorhanden.

      Auf unserer 18-monatigen Reise durch Australien haben wir uns mit diesen Gegensätzen beschäftigt und Antworten gesucht. Haben mit Betrunkenen und Ältesten gesprochen, mit Polizisten, mit Künstlern und Politikern. Haben Gerichtsverhandlungen besucht, das traditionelle Land der Aborigines bereist, ihre Autos repariert und mit ihnen gegessen. Aufschlussreich waren auch viele Gespräche mit Weißen, die in den abgelegenen Communities im Outback mit den Aborigines arbeiten und leben. Oft tun sie dies aus sozialem Engagement.

      Besonders beeindruckte uns Dave Price, der in Alice Springs zusammen mit seiner Frau Bess Schulungen für Organisationen und Unternehmen gibt, die mit Aborigines arbeiten und/​oder leben. Bess ist eine Aborigine aus dem Stamm der Warlpiri und Mitglied im Parlament des Northern Territory.

      Dave und Bess Price gaben die Idee und ermutigten uns zu diesem Buch. Ihnen gilt unser besonderer Dank.

       Sabine & Burkhard Koch

      Aborigines in Halls Creek

       1. Wer sind Aborigines?

      Der Begriff „aborigine“ kommt aus dem Lateinischen („ab origine“: von Beginn an), in der englischen Sprache ist es die generelle Bezeichnung für Ureinwohner. Demnach sind beispielsweise die Ureinwohner Kanadas oder der USA auch Aborigines. In Australien setzte sich „Aborigine“ als Bezeichnung für die dort lebenden Ureinwohner seit 1803 durch. Heute benutzt man den Begriff „Aboriginal“ und unterscheidet zwischen diesen und den „Torres Strait Islanders“ (siehe unten).

      Menschen in Billiluna

       Hinweis: Im deutschen Sprachgebrauch sind mit dem Begriff „Aborigines“ in der Regel alle Ureinwohner Australiens gemeint. In diesem Buch verwenden wir der Einfachheit halber die Begriffe Aborigine oder indigen anstelle der Namen von Volksgruppen. Wenn nicht anders erwähnt, sind die „Torres Strait Islanders“ darin eingeschlossen.

      Die gesetzliche Definition eines Aborigine ist durch drei Kriterien festgelegt:

      1. indigene Abstammung

      2. Identität, das heißt Identifikation von sich selbst als Aborigine

      3. Akzeptanz in einer „Aboriginal Community

      Nachkommen von gemischten Paaren (ein Elternteil europäischer Abstammung) fühlen sich überwiegend als Aborigines. Der Begriff „Mischling“ ist bei den Aborigines nicht gebräuchlich. Die Nachfahren aus gemischten Familien bekennen sich in den letzten Jahren mehr und mehr als Aborigines (vermutlich nicht zuletzt deshalb, um an den besonderen Sozialleistungen für Aborigines teilzuhaben).

       „whitefellas“ und „blackfellas“

      Die Aborigines selbst bezeichnen sich oft nach ihren jeweiligen Volksgruppen, beispielsweise die Koori in New South Wales oder die Noongar in Western Australia.

      “How do you call yourself?”, fragte Dave Price einmal einen Aborigine. Dessen Antwort war: “We call us ‘blackfella’, but the whitefella said to us we are now ‘indigenous’.

      Die Aborigines sind kein einheitliches Volk. Es gibt viele verschiedene „Sprachgruppen“ und Stämme mit unterschiedlichen Sitten und Gebräuchen. Die Bewohner der Küstengebiete entwickelten im Laufe der Zeit andere Überlebensstrategien als die Wüstenbewohner. Vermutlich gab es bei der Ankunft der ersten Briten im Jahr 1788 etwa 250 Aborigine-Sprachen mit unterschiedlichen Dialekten innerhalb der Sprachgruppen (die einzelnen Schätzungen gehen weit auseinander).

      Jeder Stamm hat seine eigene Sprache, die nur teilweise den Sprachen der benachbarten Stämme ähnelt. Sprachwissenschaftler