Der mondhelle Pfad. Petra Wagner

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Название Der mondhelle Pfad
Автор произведения Petra Wagner
Жанр Историческая литература
Серия
Издательство Историческая литература
Год выпуска 0
isbn 9783867779579



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Sie berichten von den göttlichen Pharaonen, die prächtigen Statuen gleichen. Auch ich bereiste dieses reiche Land und kann dir daher mit Gewissheit verkünden: Keine ihrer Königinnen wird je die üppige Farbenpracht erreichen, der ich in eben diesem Augenblick gewahr werde.“

      Loranthus verbeugte sich sehr tief, drehte sich um und ging. Er sah ihr nicht noch einmal ins Gesicht. Egal, wie sie es verzogen hätte, er hätte sich das Lachen nicht verkneifen können. Höflich und mit besonders strahlendem Lächeln fragte er einen Mann am Ofen, ob er helfen könne. Der gab ihm genauso erfreut eine Schale und schickte ihn zum Lehm holen an die Werra. Nach einem kurzen Seitenblick aus günstiger Entfernung war er sicher, dass er es weitaus besser getroffen hatte als Silvanus.

      „Hanibu! Lew! Kommt mal aus dem Zelt!“

      Viviane winkte ungeduldig, reichte ihr Fernrohr an Hanibu weiter und zeigte die Richtung.

      Lew sah durch sein eigenes.

      „Ach, Furia legt schon wieder ihre Schlingen aus. Bei allen Göttern! Kein gut gebauter Mann ist vor ihr sicher. Das habe ich selbst gesehen, als ich bei ihrem Vater war. Zum Glück stehe ich über ihr. Aber nachts habe ich dennoch zur Sicherheit einen Keil unter meine Tür geschoben.“

      „Und?“

      „Ich praktiziere diese äußerst simple Methode zum Selbstschutz schon länger. Furia weiß das. Sie hat es nur einmal probiert, und das ist schon ein paar Jahre her.“

      „Und?“

      Lew verzog das Gesicht, als müsse er wirklich bittere Medizin schlucken.

      „Du solltest gehen, Viviane. Ihr wolltet euch doch gleich am See treffen.“

      Viviane machte keinerlei Anstalten, sich zu erheben, im Gegenteil. Sie lehnte sich zurück und betrachtete Lew mit einem abschätzenden, eindeutig lauernden, Blick. Lew tat wiederum so, als bemerke er es nicht und beobachtete weiter höchst konzentriert die Szene im Lager.

      Viviane verzog das Gesicht zu einem süffisanten Lächeln.

      „Der Genießer schweigt?“

      „Pfh!“, machte Lew und setzte endlich das Fernrohr ab. Ganz langsam drehte er sich um und schnaubte: „Genießer? Ts! Das ist eindeutig das falsche Wort. Wer Furia in die Hände fällt, kommt sich vor wie ein Apfel in der Saftpresse. Und da habe ich noch Glück gehabt.“

      „Wieso. War bei der Saftpresse die Schraube locker?“

      „Nein, so kann man das nicht sagen. Ich war sozusagen der Probedurchgang.“

      „Probe …? Ach! Du warst der Erste!“ Viviane kicherte und nickte anerkennend. „Wenn ich auch nichts an Furia schätze, aber was Männer angeht, hat sie einen guten Geschmack.“

      Lew kniff die Augen zu und schüttelte den Kopf. Ihm blieb zum Glück jedes weitere Wort erspart, weil Hanibu den Hügel hinab deutete.

      „Großmutter Dana kommt.“

      „Gut“, nutze Lew den Themenwechsel. „Sie bringt uns was zu essen.“

      „Morgen komme ich wieder vorbei und erzähle euch die neuesten Neuigkeiten.“

      „Nur keine Eile, Viviane. Wir beobachten hier oben alles und jeden ganz genau.“

      Großmutter Dana schnaufte die letzten Schritte herauf und ließ sich neben Viviane fallen.

      „Bei Artio! Ausgerechnet hier oben musstest du das Zelt aufschlagen, Viviane. Weiter unten hätte auch gereicht.“

      „Gewiss, Großmutter Dana, weiter unten müsste Hanibu das Wasser nicht so weit schleppen. Aber sie sind ja sparsam und baden im selben Wasser. Eigentlich ist es nur wegen der Sicht. Lew will den Clan von seinem Vater im Auge behalten. Wir wollen schließlich herausbekommen, wer ihn damals als Baby in ein Cerrag gelegt hat, denn es ist schon höchst seltsam, dass nie jemand nach ihm gesucht hat. Das müssen wir vorsichtig angehen und alle genau beobachten.“

      „Vorsicht und Verschwiegenheit ist wichtig, das macht ihr ganz richtig. Aber es kann nur jemand gewesen sein, der nach deiner Geburt an dich herangekommen ist, Lew. Also behaltet die Zelte der Burgbewohner besonders im Auge. König Justinius und dein leiblicher Vater, Alban, halten dicht?“

      Lew nickte stolz.

      „Garantiert. Auf meinen Vater ist Verlass. Er will sich selbst unauffällig umhören. König Justinius hilft ihm natürlich und ist absolut verschwiegen. Er hat es nicht einmal seinem Weib erzählt. Viviane hat das überprüft.

      „Wirklich? Wie hast du das denn angestellt, Viviane?!“

      Viviane kramte ein winziges Fläschchen aus Tannenholz aus ihrer Gürteltasche.

      Großmutter Dana roch daran.

      „Kamille. Sehr wohlriechend. Eine Mischung?“

      „Ganz recht. Selbst konzentriert und mit Honig versetzt. Fällt in Met gar nicht auf. Wenn die Gerste für das Korma geerntet ist, habe ich auch eine Mischung mit rauchigem Geschmack parat. Schon nach einem Dutzend Minuten …“

      Großmutter Dana schnitt ihr mit einer herrischen Geste das Wort ab, schnupperte noch einmal intensiv an dem Fläschchen und gluckste verschlagen: „ … bekommt man Bauchkrämpfe. Ja, da ist es wirklich recht heilsam, wenn zufällig eine Ärztin mit einem Gegenmittel in der Nähe ist, weil sie sich zufällig und abseits mit König Justinius unterhält.“

      Viviane winkte ab.

      „Er hat nur versucht, mir Arion abzukaufen. Ich musste ja hinauszögern und wir haben gehandelt und gehandelt und …

      „Gehandelt“, vervollständigte Dana gelangweilt und drehte den Zeigefinger, als wolle sie Vivianes Rede schneller ablaufen lassen. Viviane verstand den offensichtlichen Wink auch sogleich.

      „Jedenfalls habe ich ihn so lange zappeln lassen, bis sein Weib zum Abort gerannt ist, und in dem Augenblick hat er mir ganz zufällig ein gutes Angebot gemacht.“

      „Was?! Du hast deinen Arion verkauft?“

      „Nein, das darf ich doch gar nicht! Arion darf alle Stuten decken, die König Justinius aufbringen kann, und ich bekomme noch was dazu.“

      Lew klopfte Viviane freundschaftlich auf die Schulter und feixte.

      „Unsere Ärztin bekommt in letzter Zeit sehr viel extra. In ihrem Behandlungszelt geht es zu wie in einem Taubenschlag. Die Leute kommen mit vollen Händen und gehen leer wieder raus. Man könnte meinen, du würdest dich für deine Dienste entlohnen lassen!“

      Viviane verdrehte die Augen.

      „Nun übertreibe nicht, Lew! Das sind doch meistens nur arme Bauern, die sich bei mir bedanken wollen, weil ich ihnen das Leben gerettet habe, damals nach der Schlacht. Der eine bringt leuchtend grüne Wolle, der andere eine schön geschnitzte Schatulle, der dritte ein besonders weiches Schaffell …“

      Lew tätschelte ihr aus prophylaktischen Gründen schon mal versöhnlich die Schulter und redete weiter: „ … der vierte einen Kamm aus Perlmutt, der fünfte eine Kette aus Bernstein, der sechste einen Armreifen mit eingefassten Korallen, der siebte einen Gürtel mit einer Schnalle aus purem Eisen, der achte eine Kütze, damit du alles reinlegen kannst …“

      Viviane plusterte sich auf, doch Lew hob feixend den Zeigefinger.

      „Hochkönig Eryrrix war auch schon da. Der hat dir sein Geschenk leider nicht vor dem Zelteingang gezeigt.“

      Jetzt war es an Viviane, zu grinsen.

      „Er hat dir noch gewunken, bevor er zu mir ins Zelt gekommen ist. Ein erfahrener Mann, unser Hochkönig Eryrrix.“

      „Mach dich nur lustig, Viviane. Aber danke für die beiden Kätzchen. Eines schwarz, eines weiß, wenn das kein Omen ist! Von wem hast du sie bekommen?“

      Viviane drehte sich zu dem kleinen Körbchen, in dem zwei flauschige Fellknäuel dicht aneinander geschmiegt