Was Christen mögen .... Jonathan Acuff

Читать онлайн.
Название Was Christen mögen ...
Автор произведения Jonathan Acuff
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783865065506



Скачать книгу

du Radio hörst oder dir im Fernsehen So You Think You Can Dance anschaust und sich plötzlich dein Freund zu dir herüberlehnt und flüstert: »Die Typen sind Christen.« Oder der Rolling Stone »outet« sie in einer Plattenrezension und stellt ihnen im Interview neun theologische Fragen und nur eine, die sich auf das Album bezieht.

      Wir wissen alle, dass es diese Bands gibt, aber was gehört dazu, zu so einer Band zu werden? Angenommen, du bist ein hoffnungsvoller Musiker mit einem tiefen Glauben und möchtest dich in aller Stille der Bewegung der christlichen Untergrundbands anschließen – was machst du? Folgende Möglichkeiten hast du, um dich heimlich um Aufnahme zu bewerben:

       Gebt euch einen Namen, der sehnsüchtig, aber nicht fromm klingt.

      Ich liebe den Bandnamen »Demon Hunter«, aber er lässt keinen Zweifel daran, dass es sich um eine christliche Band handelt. Genauso gut könntet ihr eure Band »Satan Groin Kickers« nennen. Viel zu offensichtlich. Probiert es lieber mit etwas Gemäßigterem. »Staind« wäre ein Supername, wenn er nicht schon belegt wäre. Meinen die damit »staind« im Sinne von irreparabel kaputt? Oder meinen sie »staind« im Sinne von »durch das Blut Jesu bedeckt«? So etwas solltet ihr euch ausdenken. Es sollte sich melancholisch, aber möglicherweise auch erbaulich anhören, wenn man es durch den Filter der Gnade betrachtet. Und nebenbei, ich bin ziemlich sicher, dass Bands wie »Staind« der Grund dafür sind, dass in unseren Gemeindenamen in letzter Zeit so viele zusätzliche »E’s« auftauchen, wie zum Beispiel Crosspointe, Lifepointe, Truthpointe usw. Vielleicht haben wir mit den Bands ein paar Verstärker gegen ihre »E’s« getauscht.

       Lernt, wie man die Frage: »Seid ihr eine christliche Band?« beantwortet.

      Irgendwann wird das zur Sprache kommen, und dann müsst ihr vorbereitet sein. Wenn einer fragt, sagt ihr: »Nein, wir sind keine christliche Band. Wir sind eine Band aus Christen.« Ich finde diese Antwort klasse, weil sie auch außerhalb der Musikszene überall verwendbar ist. »Seid ihr eine christliche Frisbeemannschaft? Nein, wir sind eine Frisbeemannschaft aus Christen.« Siehst du? Ist das nicht super? Die zirkuläre Logik dieser Antwort wird die Leute lange genug verblüffen, dass ihr leise verduften könnt. Klappt das nicht, sagt ihnen einfach, ihr wäret keine Band, sondern eine Gilde. Dann werden die denken, ihr zitiert aus dem Herrn der Ringe, und dann könnt ihr für den Rest des Abends über Neuseeland reden. Wo es unglaublich schön sein soll, wie ich höre.

       Schreibt Lieder über eure Freundinnen und über Gott.

      All eure Texte sollten so flexibel auslegbar sein, dass die Leute im Publikum sich einreden können, dass ihr über Gott singt, wenn sie das wollen. Oder sie können sich einreden, dass ihr über eure Freundinnen singt, wenn sie das wollen. Zum Beispiel: »Deine Liebe hat in meinem Innern unbekannte Räume aufgetan./​Ohne dich in meinem Leben wüsst’ ich nicht, was fang ich an.« Netter Zaubertrick, oder? Vielleicht hat eine Freundin das Leben des Sängers verändert … oder vielleicht war es Gott. Schwer zu sagen, besonders, wenn ihr die ganzen Pronomen streicht. Trickreich. (Übrigens, wenn ihr diese Textzeilen verwenden möchtet, nur zu. Sie gehören euch, ganz umsonst. Bewahrt sie irgendwo an einem sicheren Ort auf.) Ehe ihr euch verseht, werden eure Fans zueinander sagen: »Ich liebe diesen Song. Er erinnert mich an ein Mädchen, mit dem ich auf der Highschool befreundet war, und gleichzeitig an meine lebensverändernde Beziehung zum Herrn.«

      Verbale Kanarienvögel fliegen lassen

      Komm näher, ich verrate dir ein kleines Geheimnis. Manchmal, wenn wir mit anderen Christen zusammen sind, lassen wir Bemerkungen fallen, um herauszufinden, ob sie uns für etwas verurteilen, worauf wir insgeheim stehen. Wir sagen dann: »Also, so ein Typ, den ich kenne, war neulich in diesem neuen Club und sagte, es wäre der absolute Wahnsinn.« Dann halten wir inne und beobachten die Reaktion der anderen. Wenn sie sagen: »Tanzen ist Sünde. Ich hasse Clubs, und Gott hasst sie ebenso«, dann stimmen wir ihnen sofort zu: »Amen! Gott möchte sie zerschmettern. Wahrscheinlich mit Schwefel, vermute ich.« Sagen sie dagegen: »Lass uns da auch mal hineinschauen«, so antworten wir: »Ich habe auch gehört, dass der Laden gut sein soll. Wir sollten gelegentlich mal hingehen.«

      Das ist so ähnlich wie bei den Bergarbeitern früher. Die nahmen immer einen Kanarienvogel mit hinunter in den Schacht. Wenn der Vogel einging, stimmte etwas mit der Luftqualität nicht. Was wir machen, ist sozusagen ein verbaler Kanarienvogel. Wenn den dann jemand erschlägt, können wir immer noch einen frommen Anschein erwecken und sagen: »Ja, dieser Vogel taugte sowieso nichts.«

      Auf Straßenpredigern herumhacken

      Uns verbindet eine Art Hassliebe mit dem Straßenprediger, der in aller Welt durch die Städte zieht, sich auf den Bürgersteig stellt und Sack und Asche predigt. Liebe, weil wir es lieben, ihn als Predigtbeispiel dafür zu verwenden, wie man Gott und Gemeinde und Evangelium nicht machen sollte. Und Hass, weil wir es hassen, mit ihm in einen Topf geworfen zu werden, wenn jemand sagt: »Ich mag das Christentum nicht. Da wird immer nur geschimpft und verurteilt.« Es stimmt schon, um ein echter, beglaubigter Straßenprediger zu sein, muss man hitzig sein und ein Schild mit lauter Großbuchstaben und unzähligen Ausrufezeichen umhängen haben, auf dem mindestens einmal der Satan oder die Hölle erwähnt wird.

      Das Problem dabei ist nur, dass diese Sack-und-Asche-Botschaft, die die Straßenprediger verkünden – die Botschaft: »Bringt euer Leben in Ordnung, es wird jetzt ernst«– sich just genauso anhört wie die erste Predigt, die Jesus hielt. In Matthäus 4,17 heißt es: »Seit der Zeit fing Jesus an zu predigen: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!« Der Rest seiner Botschaft wird in dem Vers nicht weiter ausgeführt. Man hat das Gefühl, als wäre das die ganze Predigt gewesen, so, als hätte sie auf einem Schild gestanden: TUT BUSSE!!!! DENN DAS HIMMELREICH IST NAHE HERBEIGEKOMMEN!!!!!

      Wasserfälle und Schmetterlinge als Gelegenheit nutzen, um Evolutionisten den Stinkefinger zu zeigen

      Egal, wie du im Einzelnen über die Erschaffung der Erde denkst – ob Gott das in sechs buchstäblichen Tagen erledigt hat; ob »Tage« in seiner Zeitrechnung etwas anderes bedeuten; ob er Prozesse in Gang setzte, die im Lauf der Zeit nach seinem Plan gewachsen sind und sich verändert haben usw. – das christliche Gesetz verlangt in jedem Fall von dir, dass du immer dann, wenn du vor einem umwerfenden Naturschauspiel stehst, sarkastisch ausrufst: »Und das soll alles durch Zufall entstanden sein!«

      Ob es sich nun um eine majestätische Bergkette, ein perfekt funktionierendes ozeanisches Ökosystem in einem Gezeitenbecken oder die Geburt eines Kindes handelt, du musst alle Umstehenden wissen lassen, dass Gott das erschaffen hat. Und je dicker du aufträgst, desto besser. Natürlich könntest du auch einfach sagen: »Ich persönlich glaube, dass Gott das erschaffen hat«– aber wo bleibt denn da der Spaß an der Sache?

      Da ist es doch viel besser, zu sagen: »Und das soll alles durch Zufall entstanden sein?« Auf diese Weise bedankst du dich nicht nur öffentlich bei Gott, sondern kannst gleichzeitig auch noch sagen: »Wie blöd muss man wohl sein, um an die Evolution und den Urknall und eine Million anderer Ideen zu glauben?« Was natürlich ganz auf der »Nächstenliebe-durch-Sarkasmus«-Linie Jesu liegt. Ich glaube, das steht im Markus-Evangelium. Ich würde ja nachschlagen, aber vor meinem Bürofenster geht gerade die Sonne auf, und ihre zarten Lichtstrahlen kitzeln die dicht belaubten Bäume, die da stehen, als hielten sie Wache für den heraufziehenden Morgen. Und das soll alles durch Zufall entstanden sein!

      Etwas enttäuscht sein, wenn jemand geheuchelte Großzügigkeit annimmt

      Christen finden es nett, zu anderen Leuten zu sagen: »Bitte lass mich wissen, wenn ich irgendetwas für dich tun kann. Egal, was es ist.« Besonders, wenn die betreffende Person kürzlich etwas Tragisches erlebt hat oder im Begriff steht, sich in ein großes Abenteuer zu stürzen, bei dem sie voraussichtlich die Hilfe anderer brauchen wird. Es ist ein gutes Gefühl, jemandem so einen Blankoscheck für Unterstützung auszustellen. Außerdem wird von uns als Christen ja wohl erwartet, dass wir so etwas sagen. Ich weiß nicht genau, wie es in der Bibel formuliert ist, aber ich bin sicher, im Neuen Testament steht irgendwo etwas ganz Ähnliches. Nur – was ist, wenn jemand den Bluff auffliegen lässt? Was ist, wenn du gerade dabei bist, dieses herrlich warme Gefühl fiktiver Hilfsbereitschaft