Название | Phrase unser |
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Автор произведения | Jan Feddersen |
Жанр | Религия: прочее |
Серия | |
Издательство | Религия: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783532600542 |
Am Ende dieses Kapitels über die Herkunft der kirchlichen Sprache noch ein kleiner Exkurs: Hatte womöglich auch die NS-Sprache als Gegenentwurf Einfluss auf die neue kirchliche Sprache einer neuen Generation, etwa ab den Sechzigerjahren – dass man also in Kirchenkreisen bewusst anders sprach als die Nationalsozialisten, zu denen ja gerade die NS-treuen evangelischen „Deutschen Christen“ eine allzu große Nähe hatten? Das ist umstritten. Der Historiker Paul Nolte hält das für möglich: „Da ist viel NS-Kompensatorisches zu finden. In den sozialen Bewegungen der Siebzigerjahre und bei den Grünen ist sogar noch mehr als bei den Achtundsechzigern sehr viel Wiedergutmachung für den NS-Schaden. Das Weiche, Rücksichtsvolle und Empathische dieser Haltung spielt eine Rolle.“ In der Sprache spiegele sich das.
Andere halten dagegen. Valentin Groebner sieht weniger die Nationalsozialisten als vielmehr die Achtundsechziger oder Altachtundsechziger am Werk. Er argumentiert ein wenig boshaft: „Die Nazisprache war ab den Fünfziger Jahren gesellschaftlich unmöglich geworden.“ Diese „hart-gefühlige Sprache“, wie Groebner sie beschreibt, war bereits weitgehend verschwunden – und er verweist auf die schon genannte Prägung der neuen kirchlichen Sprache als eine Gegenreaktion auf den betont aggressiven marxistischen Jargon von Objektivität und Härte, wie er in den Siebzigerjahren von den K-Gruppen gepflegt wurde. Denn: „Beide Gruppen, Theologen wie Marxisten, kamen ja zum großen Teil von den selben Schulen, Jesuiten- und Stifts-Internaten.“ Groebner gibt ein Beispiel: „Die evangelische Pastorin Antje Vollmer war auch Mitglied einer K-Gruppe.“ Man habe in dieser Zeit problemlos mehreren dieser Gruppen angehören können, sowohl im marxistischen wie im kirchlichen Milieu. „Dabei war die Hackordnung der Kämpfe im Großraumbüro der Weltrevolution kein Spaß. Die super sanfte kirchliche Sprache war eher eine Reaktion darauf.“
So ist die weiche kirchliche Sprache wohl eher kein bewusster Gegenentwurf zu der harten NS-Sprache, eher eine Reaktion auf die schroffe Sprache der Achtundsechziger-Bewegung. Die neue kirchliche Sprache schwamm in der Flut der größeren Transformation der bundesrepublikanischen Gesellschaft, hin zum Antiautoritären, hin zu einer friedlicheren und emanzipatorischen Gesellschaft, in der das Bewusstsein wuchs, dass Sprache Gewalt auslösen kann. „Die Absetzung von den Nationalsozialisten ist eher Begründungsschmuck“, meint Reiner Anselm.
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