Der Kaiser schickt Soldaten aus. Janko Ferk

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Название Der Kaiser schickt Soldaten aus
Автор произведения Janko Ferk
Жанр Историческая литература
Серия
Издательство Историческая литература
Год выпуска 0
isbn 9783990402528



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      Eine Angehörige des Uradels, deren Familie zu den ältesten in Böhmen gehörte und die ihren Stammbaum bis in das zwölfte Jahrhundert zurückverfolgen konnte. Freilich konnte niemand ahnen, dass Sophie später Fürstin und dann Herzogin werden sollte. Sophies Eltern waren der böhmische Diplomat Bohuslaw Graf Chotek von Chotkow und Wognin und seine Ehefrau Wilhelmine, eine geborene Gräfin Kinsky von Wchinitz und Tettau. Das Ehepaar hatte einen Sohn und sieben Töchter. Die fünftgeborene Sophie erhielt, wie alle ihre Geschwister, von Hauslehrern eine exzellente Erziehung.

      Ihren künftigen Ehemann lernte sie auf einem Ball in Prag kennen, wo sich Franz Ferdinand und Sophie ineinander verliebten. Die Beziehung wurde jahrelang geheim gehalten. Schließlich erlangte Franz Ferdinand vom Kaiser die Einwilligung zu dieser – im Sinn der Habsburgischen Hausgesetze – nicht standesgemäßen Ehe.

      Am fünfundzwanzigsten Juli achtzehnhundertvierundneunzig wird in Obljaj bei Bosansko Grahovo in Bosnien Gavrilo Princip geboren.

      Gavrilo Princip, der seinen Vornamen nach dem Erzengel Gabriel erhielt, war eines von neun Kindern des Postbediensteten und Nebenerwerbskeuschlers Petar Princip und seiner Ehefrau Nana. Sechs seiner Geschwister starben bereits im Kindesalter. Die Familie bewohnte ein steinaltes Haus ohne Fenster. Das einzige Licht kam durch ein Loch im Dach, durch das auch der Rauch seinen Weg vom offenen Feuer ins Freie fand.

      Er besaß die im Jahr neunzehnhundertzehn definierte bosnisch-herzegowinische Landeszugehörigkeit, und zwar aufgrund der „Allerhöchsten Entschließung vom siebzehnten Februar neunzehnhundertzehn betreffend die Einführung von verfassungsmäßigen Einrichtungen“, die im Gesetz- und Verordnungsblatt für Bosnien und die Herzegowina mit der Nummer neunzehn aus dem Jahr neunzehnhundertzehn geregelt wurde.

      Gavrilo Princip wurde erst mit neun Jahren in die drei Kilometer von seinem Elternhaus entfernte Schule geschickt, wo er den Unterrichtsstoff angeblich „wie ein Schwamm aufsaugte“. Beim Bücherlesen sei er unersättlich gewesen. Später besuchte er die Handelsschule in Tuzla und anschließend das Gymnasium in Sarajevo. Er wurde Mitglied der nationalen Schüler- und Studentenbewegung „Mlada Bosna“, auf Deutsch „Junges Bosnien“, die für die Unabhängigkeit Bosniens kämpfte.

      Im Mai neunzehnhundertzwölf verließ er Bosnien, um in Belgrad seine Ausbildung fortzusetzen. Gavrilo Princip musste in der serbischen Hauptstadt arbeiten, um sich seine Ausbildung zu finanzieren. Er wurde Hilfsarbeiter und pflasterte Straßen. Während seiner Belgrader Zeit war der nationale Aufschwung des Serbischen spürbar, was den jungen Bosnier begeisterte.

      Im Oktober neunzehnhundertzwölf reiste er mit einem Freund nach Prokuplje, um sich als Freiwilliger bei den Tschetniks, den Freischärlermilizen, zu melden. Der Kommandant der in Prokuplje ansässigen Tschetnik-Truppen war Major Vojin Tankosić, ein Mitglied der serbischen Geheimorganisation „Schwarze Hand“, auf Serbisch „Crna ruka“. Der Kommandant lehnte Princip für den Dienst bei den Tschetniks ab. Der Zurückgewiesene reiste schwer beleidigt ab.

      In der Folge schloss er am einundzwanzigsten August neunzehnhundertdreizehn die sechste Klasse des Gymnasiums mit ausgezeichnetem Erfolg ab.

      Damals ahnte niemand, dass Gavrilo Princip gleichsam zum Synonym für „Attentäter“ werden würde.

      Keiner hätte gedacht, dass im später geteilten Bosnien einst in sechs Orten des serbischen Landesteils Straßen nach ihm benannt würden. Ulica Gavrila Principa.

      Das Schloss Mayerling befand sich seit dem Jahr fünfzehnhundertfünfzig im Besitz des Stifts Heiligenkreuz und wurde achtzehnhundertsechsundachtzig von Kronprinz Rudolf, dem einzigen Sohn Kaiser Franz Josephs und seiner Ehefrau Kaiserin Elisabeth, erworben und zu einem Jagdschloss umgebaut.

      In der Nacht zum dreißigsten Jänner achtzehnhundertneunundachtzig starben hier gemeinsam der Thronfolger der österreichisch-ungarischen Monarchie sowie seine siebzehnjährige Geliebte Mary Freiin von Vetsera.

      Rudolf tötete zunächst Mary und schließlich sich selbst mit einem Kopfschuss. Die österreichisch-ungarische Monarchie und Kaiser Franz Joseph standen ohne Thronfolger da. Doch der Erzherzöge gab es genug. Die starben nicht wegen eines Kopfschusses aus. Die wuchsen nach. Die waren nicht umzubringen.

      Franz Joseph ließ das Jagdschloss noch im Jahr der Tat umbauen. Rudolfs Schlafzimmer wurde abgerissen und an dessen Stelle dem Gebäude eine Kirche angefügt. Der Altar befindet sich genau an jener Stelle, an der Rudolfs Bett stand. Das Schloss wurde sozusagen in „antijosephinischer Tradition“ in ein Kloster umgewandelt und dem Orden der Karmelitinnen übergeben, die für das Seelenheil des Kaisersohns beten sollten.

      Rudolfs ausdrücklicher Wunsch war es, dass er gemeinsam mit Mary auf dem Friedhof im benachbarten Stift Heiligenkreuz bestattet werde. Naturgemäß hat sich das Kaiserhaus dem letzten Willen widersetzt, wie es sich auch anderen Wünschen kaum aufgeschlossen gezeigt hat. Rudolf wurde in der Kapuzinergruft beigesetzt, neben ihm fanden später auch seine Eltern Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth ihre letzte Ruhe. Mary wurde in Heiligenkreuz beerdigt.

      Franz Joseph der Erste, von Gottes Gnaden Kaiser von Österreich, Apostolischer König von Ungarn und Böhmen, von Dalmatien, Kroatien, Slawonien, Galizien, Lodomerien und Illyrien; König von Jerusalem et cetera; Erzherzog von Österreich; Großherzog von Toskana und Krakau; Herzog von Lothringen, von Salzburg, Steyer, Kärnten, Krain und der Bukowina; Großfürst von Siebenbürgen, Markgraf von Mähren; Herzog von Ober- und Niederschlesien, von Modena, Parma, Piacenza und Guastalla, von Auschwitz und Zator, von Teschen, Friaul, Ragusa und Zara; Gefürsteter Graf von Habsburg und Tirol, von Kyburg, Görz und Gradisca; Fürst von Trient und Brixen; Markgraf von Ober- und Niederlausitz und in Istrien; Graf von Hohenems, Feldkirch, Bregenz, Sonnenberg et cetera; Herr von Triest, von Cattaro und auf der Windischen Mark; Großwojwode der Wojwodschaft Serbien et cetera et cetera, war nun, wie gesagt, ohne einen Nachfolger am Thron. Die Monarchie brauchte aber einen und es war Franz Ferdinand, der nach seinem Vater Karl Ludwig, der als zweitältester Bruder des Kaisers bis zu seinem Tod im Jahr achtzehnhundertsechsundneunzig offizieller Thronfolger war, von Gott und den Hausgesetzen dafür vorgesehen war.

      Dessen ungeachtet brauchte der Kaiser lang, bis er bereit war, Franz Ferdinand offiziell zum Thronfolger zu ernennen, weshalb dieser schon einmal fast verzweifelt die eine oder andere Bemerkung von sich geben konnte. „Ich werde nie offiziell erfahren, ob ich der Thronfolger bin oder nicht. Es ist geradeso, als ob ich schuld wäre an der Dummheit von Mayerling.“

      An Franz Josephs Diktum, solange er lebe, regiere er und niemand anderer, wird es nicht gelegen haben, sondern schlicht und einfach daran, dass er sich für seinen Neffen zeitlebens nicht erwärmen konnte.

      Franz Ferdinand war, und das war das Wichtigste, Habsburger, Katholik sowie Offizier, und als Este-Universalerbe, auch ohne genügende Italienischkenntnisse, ein sehr reicher junger Mann. Er hatte umfangreichen Grundbesitz und viel Geld geerbt. Es war ihm möglich, im Jahr achtzehnhundertsiebenundachtzig das große Schloss Konopischt mit Grundbesitz rund fünfzig Kilometer südlich von Prag zu kaufen und auch ein Barockhaus in Chlumetz. Beide ließ er großartig aus- und umbauen, womit sich Franz Ferdinand zum Luxus-Erzherzog entwickelte.

      Der Sankt-Veits-Tag wird nach dem Julianischen Kalender am fünfzehnten und nach dem Gregorianischen am achtundzwanzigsten Juni gefeiert.

      Noch fünfhundert Jahre nach der großen Schlacht, und auch später, war den Serben zum Feiern zumute. Sie sind eines der wenigen europäischen Völker, die nicht ihren ruhmvollen Sieg, sondern ihre glorreiche Niederlage bejubeln. Und wie.

      Zum ersten Mal wurde der junge serbische Staat mit seiner stolzen Nation am achtundzwanzigsten Juni achtzehnhundertneunundachtzig inszeniert und zelebriert. Drei Jahre später wurde der Tag in den Feiertagskalender der serbisch-orthodoxen Kirche aufgenommen.

      Der achtundzwanzigste Juni wurde in den folgenden Jahren und Jahrzehnten immer wieder benützt.