Kopflos in Dresden. Victoria Krebs

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Название Kopflos in Dresden
Автор произведения Victoria Krebs
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783948916008



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Linda:Kann ich mir vorstellen.

       Moritz:Aber langsam fällt mir die Decke auf den Kopf.

       Linda:Du musst dich ablenken. Das hilft.

       Moritz:Bin gerade dabei :)

       Linda:Was machst du so in deiner Freizeit?

       Moritz:Momentan nicht so viel. Kino manchmal.

       Linda:Was war denn der letzte Film, den du dir angesehen hast?

       Moritz:Weiß nicht mehr genau. Irgendeine Komödie.

      Linda Hansmann schaute auf die Uhr in ihrem Handy. Die fünf Minuten waren vorbei. Jetzt musste sie Schluss machen, wenn sie nicht gleich die erste Regel brechen wollte.

       Linda:Ich muss wieder.

       Moritz:Ja, okay, vielleicht später noch mal?

       Linda:Heute nicht mehr. Hab noch was vor nach Dienstschluss.

       Moritz:Kein Problem. Dann vielleicht morgen oder übermorgen, wenn du magst.

       Linda:Okay, hab noch einen schönen Tag.

       Moritz:Du auch. Tschüss :)

       Linda:Tschüss.

      Linda sah sich noch einmal das Bild von Moritz an. Na ja, eigentlich nicht so ganz ihr Typ. Sah irgendwie durchschnittlich aus, aber zumindest sympathisch. Und er hatte ein sehr freundliches, offenes Lächeln. Aber so viel konnte man ohnehin nicht auf diese Fotos geben.

      In der Regel bearbeiteten Männer ihre Fotos zwar nicht so stark wie die meisten Frauen, die ihre Augen vergrößerten, das Gesicht schmaler machten und einen starken Weichzeichnungsfaktor wählten. Aber auch bei der männlichen Klientel, das hatte die Erfahrung Linda gelehrt, täuschte ein Foto mit der richtigen Beleuchtung und aus einer schmeichelhaften Perspektive heraus über so manchen Makel hinweg. Oftmals hatte sie die Männer auf Anhieb gar nicht erkannt, wenn es zu einem Treffen gekommen war.

      Aber für heute war sie zufrieden. Sie hatte sich an ihre neue Regel gehalten. Sehr gut, lobte sie sich selbst. Mal sehen, wie sich der neue Kontakt entwickelte.

      Sie wollte gerade die Toilettenkabine verlassen, als sie erneut das Ping hörte, das eine neue Nachricht signalisierte.

      Nanu, doch nicht etwa dieser Moritz schon wieder?

      Sie holte das Smartphone hervor. Nein, ein anderer Nutzer. Neugierig betrachtete sie sein Foto. Der sah richtig gut aus. Dunkle, kurzgeschnittene Haare, blaue Augen und ein strahlendes Lächeln. Linda sah schnell auf die Uhr. Es blieb noch ein bisschen Zeit, bis sie in die Kantine wollte. Außer einem trockenen Hörnchen heute Morgen hatte sie nichts mehr zu sich genommen und ihr Magen knurrte bereits lautstark.

       Markus:Hallo, schöne Frau.

      Na ja, nicht besonders originell, fand sie, aber dieser Markus sieht einfach zu gut aus.

       Linda:Hallo, schöner Mann.

       Markus:Danke, Linda, dass du gleich antwortest. Ich musste dir einfach schreiben. Du siehst klasse aus.

       Linda:Danke, du siehst aber auch nicht gerade schlecht aus :)

       Markus:Ja, okay, aber das Äußere ist doch nicht alles. Hast du Zeit, um ein bisschen zu chatten?

       Linda:Vielleicht später. Muss wieder an die Arbeit.

       Markus:Wann wäre es dir denn recht?

       Linda:Heute Abend?

      Mist, dachte sie, das war zu schnell. Hastig fügte sie hinzu:

       Linda:Aber nur zehn Minuten, so gegen neunzehn Uhr. Hab später noch was vor.

       Markus:Das kann ich mir denken. Eine attraktive Frau hat immer was vor. Also bis heute Abend um sieben.

       Linda:Gut, bis dann.

      Puh, das war ja noch mal gut gegangen. So hatte sie gerade noch die Kurve gekriegt, auch wenn sie sehr gern mit ihm weitergechattet hätte. Optisch ein Wahnsinnstyp.

      Sie zog die Schultern hoch und atmete vernehmlich aus. Jetzt fing das schon wieder an. Ihr Körper reagierte sofort. In ihrem Bauch flatterte es bereits, und sie wünschte sich sehnlichst, dass es schon sieben Uhr wäre.

      Zu Hause würde sie es sich erst mal mit einem Glas Wein auf dem Sofa gemütlich machen, eine Zigarette rauchen und ganz entspannt darauf warten, dass Markus sich meldete. Sogleich fiel ihr der beidseitig beschriebene Zettel ein, den sie sich als deutliche Mahnung auf den Wohnzimmertisch gelegt hatte. Die wichtigsten Punkte waren zweimal dick mit Rotstift unterstrichen. Nein, nein, sie würde sich daran halten. Diesmal wollte und musste sie schlauer sein.

      Nachdem sie in der Kantine noch schnell etwas gegessen hatte, ging sie an ihren Arbeitsplatz zurück, wo Marion Kärcher bereits wie eine fette Henne auf sie wartete und hoffte, dass sie ihr die Neuigkeiten brühwarm übermitteln würde.

      Da kannst du aber lange warten, dachte Linda grimmig. Sollte sie sich doch zu Tode langweiligen und an ihrer eigenen Neugier ersticken.

      Wenn es doch bloß schon fünf Uhr wäre. Die Zeit wollte heute aber auch gar nicht vergehen. Voller Vorfreude dachte sie an den Chat, der heute Abend noch auf sie wartete. Nach weiteren schier endlosen vier Stunden stand sie endlich auf und verabschiedete sich von ihrer Kollegin, die sie mürrisch durch ihre Brillengläser beäugte und nur lapidar wissen ließ, dass sie auch bald Schluss machen würde.

      Mir doch egal, dachte Linda, kannst hier auch übernachten und Pluspunkte bei deiner Chefin sammeln – oder noch besser, tot vom Stuhl fallen und dich als hässlicher Fettfleck auf dem Boden verteilen.

      Aber schon war sie mit ihren Gedanken woanders und dachte daran, dass sie noch einkaufen musste. Im Kühlschrank herrschte absolute Leere und Wein war auch keiner mehr da.

      Kapitel 6

      Wie spät ist es eigentlich?, fragte sich Kommissarin Wagenried und schaute auf ihre Armbanduhr. Die zeigte bereits halb vier. Bis jetzt waren sie noch nicht weitergekommen. Es standen mehrere Untersuchungsergebnisse aus, unter anderem die Auswertung der Spuren an der Vase selbst. Ob was gefunden worden war? Daran glaubte Maria nicht – so viel Glück würden sie kaum haben. Auch wenn sie aus Erfahrung wusste, dass selbst der vorsichtigste Täter Spuren hinterließ.

      Mindestens zwölf Stunden würde es dauern, bis die KTU, die kriminaltechnische Untersuchung, die drei derzeit wichtigsten Fragen geklärt hatte: Handelte es sich bei dem Fleck auf dem Boden um das Blut der Toten? Befanden sich Blutspuren des Opfers auf der Leiter aus dem Großen Garten, sodass man darauf schließen konnte, dass auch der Täter sie benutzt hatte? Möglich war ja ebenso, dass er seine eigene Leiter mitgebracht hatte. Dann wäre er doch aber von nächtlichen Besuchern im Park dabei beobachtet worden. Ein Mann mit einer Leiter und einer Tüte, in der er einen abgetrennten Kopf transportierte, hätte doch auffallen müssen. Und wie war der Leichnam auf den Ast gekommen?

      Die Identität der Ermordeten stand auch noch nicht fest. Keine Vermisstenanzeige, keine Kleidung, keine Handtasche, nichts, rein gar nichts. Aber wieso wurde die Frau nicht vermisst? Sie hatte doch bestimmt irgendwo gearbeitet. Warum fiel niemandem auf, dass sie nicht zur Arbeit erschienen war? Freunde würden wahrscheinlich erst nach einigen Tagen bemerken, dass sie telefonisch nicht mehr erreichbar war. Und wenn sie in einem dieser anonymen Hochhäuser wohnte, in denen die Mieter ständig wechselten und sich nicht umeinander kümmerten, würde den Nachbarn ihre Abwesenheit vielleicht überhaupt nicht auffallen.

      Hatte sie ihre Wohnung verlassen oder war sie innerhalb ihrer eigenen vier Wände ermordet worden? Vielleicht hatte sie den Täter gekannt und ihn selbst hereingelassen? War es also doch eine Beziehungstat? Sie musste sich gewehrt