Indianische Heilpflanzen. Felix R. Paturi

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Название Indianische Heilpflanzen
Автор произведения Felix R. Paturi
Жанр Социология
Серия
Издательство Социология
Год выпуска 0
isbn 9783946433484



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nicht seelisch verursacht sind. Allen voran Infektionen im Zuge von Epidemien, Mangelerkrankungen und Verletzungen bei Unfällen.

       Zum einen sind diese jedoch im Vergleich zu Herz-Kreislauf-Leiden, Magen-Darm-Beschwerden, Krebs, Steinleiden an Nieren, Blase und Gallenblase, asthmatischem oder epileptischem Geschehen, Schilddrüsenfehlfunktionen und vielen anderen »Zivilisationskrankheiten« deutlich in der Minderheit. Zum anderen betrachten viele indianische Heiler auch solche Leiden weitgehend als seelisch verursacht.

       Es lässt sich nicht leugnen, dass stressgeplagte und deshalb nervöse oder auch depressive Menschen, Menschen in Angst oder voller Hass, eine erheblich größere Unfallbereitschaft zeigen als ausgeglichene, harmonische Menschen, deren intakte Instinkte sie zuverlässig vor drohenden Gefahren warnen.

       Mangelerkrankungen, wie sie z.B. bei Unterernährung auftreten, sind in den weitaus meisten Fällen ebenfalls selbst verschuldet. Sie sind die unmittelbaren Folgen einer unnatürlichen Ernährungsweise, und diese wiederum basiert entweder auf verloren gegangenen natürlichen Instinkten, d. h. auf einer gestörten seelischen Harmonie, oder auf Versorgungsengpässen in den Ballungszentren der Dritten Welt, die künstlich geschaffene, menschenunwürdige Lebensräume sind.

       Ähnliches gilt meist auch für grassierende Seuchen. Sie breiten sich vor allem dort aus, wo unnatürlich viele Menschen unter psychisch belastenden Verhältnissen auf engstem Raum zusammenleben müssen. Diese Art der Not und Armut geht meist auch mit mangelhaften hygienischen Umständen einher, die das Auftreten von Seuchen natürlich noch fördern.

       Aber auch unerträglicher Luxus und übermäßiger beruflicher Erfolg begünstigen das Auftreten von Seuchen. Bevor die weißen Eroberer nach Amerika kamen, waren Seuchen unter der dort angestammten Bevölkerung völlig unbekannt.

      Von dem Indianerschamanen und Heiler Rolling Thunder, der ein rasanter Autofahrer war, wird berichtet, dass er vor unübersichtlichen Kurven immer dann scharf abbremste, wenn hinter der Straßenbiegung etwa ein Tier auf der Straße saß. Er wusste das einfach.

      Nicht jeder ist allein seines Glückes Schmied

      Nach indianischer Auffassung stehen Körper und Seele in einem wechselseitigen Verhältnis zueinander. Dennoch ist nicht jeder allein für sein Glück und seine Gesundheit verantwortlich. Der Mensch steht auch immer in einem Zusammenhang mit anderen Menschen.

      Der moderne Indianermediziner Mad Bear sagt: »Das Prinzip von Ursache und Wirkung gilt überall, und es muss immer jemand die Auswirkungen der Machenschaften anderer tragen. Wenn jemand einen destruktiven Gedanken oder Wunsch hegt, muss jemand anderer (oder müssen viele andere) darunter leiden. Wenn dieser sich verweigert, fällt der destruktive Gedanke auf den Urheber zurück.

      Natürlich bekommt im Endeffekt jeder das, was er verdient, jeder muss für sein eigenes Verschulden bezahlen. Aber, wie es eben auch mit Geld geht, geht es zunächst einmal herum und erfasst viele Leute, und es kann ganz schön vertraut werden. Der Zweck der guten Medizin ist es, alles einfacher zu machen. Es gibt keinen Grund, gegnerische Kräfte zu erzeugen - es erzeugt nur wieder negative Energie und Gefühle.«

      Der indianische Heiler begegnet einer Krankheit, die er als Harmoniestörung im vernetzten Ganzen aus Seele, Geist und Körper versteht, denn auch nicht mit Flickwerk am Detail. Dementsprechend hat er einen völlig anderen Medizinbegriff als europäisch orientierte Menschen.

       Unsere Ärzte und Pharmazeuten verstehen Medizin als Agens, als Wirkstoff, der gezielt chemische Veränderungen im Organismus auslöst. Diese Veränderungen sind geeignet, körperliche Krankheitssymptome zu beheben oder wenigstens zu lindern. Die seelischen Ursachen werden dabei nicht berücksichtigt. Selbst dort, wo die Medizin neuerdings auch diese Faktoren erkannt hat und als solche akzeptiert, ist das kaum jemals anders. Ein europäischer Arzt, der weiß, dass Stress den Kreislauf schädigt, versucht, seine Patienten nicht etwa dadurch zu heilen, dass er ihnen hilft, den Stress loszuwerden, sondern indem er ihnen z.B. Betablocker verschreibt. Betablocker bewirken lediglich, dass die durch den Stress ausgelösten Botenstoffe nicht mehr in vollem Umfang aktiv werden können. Die Krankheitsursachen hat er damit keinesfalls beseitigt.

      Auch bei der modernen Apparatemedizin lässt sich beobachten, dass Körper, Seele und Geist nicht als Ganzes begriffen werden. Sie nimmt auf die seelische Komponente kaum Rücksicht. Einzig und allein die Homöopathie zielt in der westlichen Medizin darauf ab, gestörte Regelkreise als ganze wieder zu harmonisieren und damit den Körper nicht symptomatisch zu kurieren, sondern ihn zur Selbstheilung anzuregen.

      Grundzüge der Homöopathie

      Die Indianer arbeiteten schon jahrhundertelang homöopathisch, bevor der deutsche Arzt Samuel Hahnemann im 19. Jahrhundert die Homöopathie für Europa entdeckte.

       In diesem Zusammenhang ist es interessant zu wissen, wie Hahnemann zur Homöopathie fand. Er wusste, dass der Chinarindentee, mit dem indianische Heiler erfolgreich die Malaria bekämpften und auch Abertausenden weißen Siedlern geholfen hatten, große Heilkräfte besitzt. Bei Selbstexperimenten mit diesem Tee als Gesunder bekam Hahnemann Fieber und infektionsähnliche Symptome. Er schloss daraus verallgemeinernd: »Jedes wirksame Arzneimittel erregt im menschlichen Körper eine Art von eigener Krankheit. Man ahme die Natur nach, welche zuweilen eine chronische Krankheit durch eine andere hinzukommende heilt und wende in der zu heilenden (vorzüglich chronischen Krankheit) dasjenige Arzneimittel an, welches eine andere, möglichst ähnliche, künstliche Krankheit zu erregen imstande ist, und jene wird geheilt werden: Similia similibus (Ähnliches mit Ähnlichem).«

      Sich mit der Disharmonie auseinander setzen

      Hahnemann hatte damit im Prinzip Recht, aber wie alle europäischen Ärzte dachte auch er zu sehr krankheitsspezifisch. Ein indianischer Heiler würde dieses Wirkungsprinzip vermutlich so erklären: Ich führe dem Körper eine Medizin zu, die Leib und Seele dazu anregt, sich selbst mit der Art seiner Disharmonie auseinander zu setzen, weil sie ähnliche Disharmonien bewirkt. Dann kann sich der Körper selbst heilen.

       Hahnemann, der behauptete, das homöopathische Präparat als solches würde die Krankheit beheben, irrte damit. Seine Lehre wurde auf diese Weise für die Schulmediziner angreifbar, und sie stehen der Homöopathie seitdem grundsätzlich skeptisch gegenüber. Nein, das Homöopathikum ist keine Medizin im chemotherapeutischen Sinn, und kein Indianer wird das je behaupten. Es gibt »lediglich« dem Gesamtsystem aus Seele, Geist und Körper entscheidende Anregungen zur Selbstheilung.

       Die Indianer wussten lange vor Hahnemann um das Prinzip des »Similia similibus«, der konträren Wirkungsweise, die ein und dasselbe Heilmittel haben kann. Sie wussten, dass z.B. die Datura (Stechapfel) einen gesunden Menschen in den Wahnsinn treiben, einen Geisteskranken aber heilen kann. Sie wussten, dass die Wurzel des Ipecacuanha-Strauchs bei Gesunden heftige Durchfälle erregt, schwer an Ruhr erkrankte Patienten aber genesen lässt.

      Es kommt nicht von ungefähr, dass die Einführung der Homöopathie durch Hahnemann in Europa in der Alten Welt ein spontanes lebhaftes Interesse an indianischen Heilpflanzen nach sich zog.

      Indianische Medizin und das Unbegreifliche

      Generell ist der indianische Medizinbegriff nicht identisch mit der chemotherapeutischen Auffassung von einem Medikament. Aber auch das homöopathische Konzept beschreibt nur einen verschwindend kleinen Teil dessen, was ein Indianer unter Medizin versteht. Als Medizin bezeichnet er nämlich nicht primär ein Heilmittel, sondern ganz generell das Wunderbare, das Rätselhafte, das Unbegreifliche.

       Das steht in krassem Widerspruch zum europäischen Medizinbegriff, denn der weiße Arzt will wissen, wie ein Chemotherapeutikum wirkt, bevor er es seinen Patienten verordnet. Beim direkten Beeinflussen chemischer Prozesse im Körper ist das auch möglich.

       Richtete man hingegen sein Augenmerk auf das Wiederherbeiführen außer Tritt geratener Harmonien, dann lassen sich derart simple Kausalzusammenhänge klinisch kaum entschlüsseln. Ein solches Wirken von Medizin bleibt geheimnisvoll.