Die gesammelten Schriften von Viola M. Frymann, DO. Viola M Frymann

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Название Die gesammelten Schriften von Viola M. Frymann, DO
Автор произведения Viola M Frymann
Жанр Медицина
Серия
Издательство Медицина
Год выпуска 0
isbn 9783941523494



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Lungenatmung und das Zwerchfell, die sehr schnell auf den Sauerstoffbedarf des Körpers reagieren sowie auf den relativ unveränderten Zyklus des Primären Respiratorischen Mechanismus.

      Perzeption ist unser Ziel: Wie kann sie entwickelt werden?

      1 Da wir danach streben, uns die Wahrnehmungen der Finger bewusst zu machen, ist es wichtig, alle anderen Faktoren so weit wie möglich zu eliminieren, die eine solche Wahrnehmung beeinträchtigen können, etwa die Kleidung. Palpieren sie Gewebe wann immer möglich direkt. An und für sich sollte es uns lächerlich erscheinen, einen Patienten mit wollenen Handschuhen zu palpieren, dennoch ist es eine übliche Praxis, den Körper durch mehrere Lagen an Kleidung hindurch zu palpieren. Die Wahrnehmung wird sich verbessern, wenn die Finger Kontakt mit der Haut aufnehmen oder wenn sich nur eine Lage dünner Baumwolle dazwischen befindet.

      2 Kultivieren Sie die Kunst der Entspannung. Entspannung impliziert a) die Vermeidung aller unnötigen Anstrengungen, b) das Justieren der benötigten Impulse im richtigen Moment und c) einen Gewichts-Release, respektive das Aufheben der Unterstützung der Extremitäten um Gewichtsmanifestationen besser zu spüren, wo und wann immer es nötig ist. Die Kunst der Entspannung ist von vorrangiger Bedeutung. Spannungen blockieren die Wahrnehmung.

      3 Lassen Sie uns den Anwendungssinn entwickeln. Damit meine ich, sich der notwendigen Menge an Gewichts-Release bewusst zu sein, um Kontakt mit der gewünschten, zu untersuchenden Ebene aufzunehmen. Sie müssen sich langsam bis zu diesem Punkt „durchfühlen”, an dem Sie auf die Gewebeebene eingestimmt sind, an der sie in diesem Moment interessiert sind. An diesem Punkt haben Sie Kontakt mit dem Gewebe oder den inneren Flüssigkeitsspannungen – oder Sie sind mit der inneren Bewegung in Einklang. Durch Ihre Propriozeption können Sie den Gewebewiderstand erfassen. Es handelt sich nicht bloß um einen Kontaktsinn, einen Berührungssinn. Es ist ein Gefühl, das sich vorrangig von der Muskelarbeit ableitet. Das ist Propriozeption im eigentlichen Sinn.

      Solange Sie nicht auf der selbstkritischen Beurteilung jeglicher palpatorischer Erfahrung beharren, werden Sie keine wahre praktische Fähigkeit in der nicht schneidenden operativen Behandlung entwickeln. Ohne die Übung dieser Beurteilung wird es zu einer lediglich zufälligen Leistung. Eine kurze Redewendung fasst das alles zusammen und bringt es auf den Punkt: die Entwicklung der Finger, die fühlen, sehen, denken und wissen. Denn die Finger sind lediglich Verlängerungen der sensorischen Neurone im Gyrus postcentralis des Gehirns, mit nur ein oder zwei dazwischen geschalteten Umschaltstationen.

       Praktische Übungen:

      1 Palpieren Sie mit verbundenen Augen unterschiedliche Knochen.

      2 Sind die Augen des Studenten verbunden, bringt der Dozent eine Hand des Studenten mit verschiedenen Objekten in Berührung. Der Student wird dann nicht nur die Natur des Materials, aus dem das jeweilige Objekt besteht, identifizieren, sondern auch alle Eigenschaften beschreiben, die es von allen anderen unterscheidet – Modellierton, Knöpfe, tote Knochen, eine Puppe.

      3 Arbeit in Zweier-Gruppen. Nehmen Sie sich viel Zeit. Analysieren Sie jede ausgeführte Bewegung, jede erhaltene Antwort. Nehmen Sie sich dazu einen kleinen Ausschnitt des Körpers vor und gehen Sie auf Entdeckungsreise, indem Sie alle Ebenen der Gewebe palpieren.

      Notieren Sie Ihre Beobachtungen auf einem Blatt Papier, ohne dass Sie sich mit Ihrem Übungspartner austauschen. Jeder sollte für sich arbeiten. Es ist weitaus wichtiger, selbst zu schauen und zu finden, was da ist, als etwas zu erwarten und zu finden, was da sein sollte. Der Dozent wird sich anschließend die Körperregion und die schriftlichen Aufzeichnungen ansehen. Eventuell wird er Ihre Aufmerksamkeit auf etwas lenken, das übersehen wurde. Wenn noch Zeit bleibt, untersuchen Sie eine zweite, unterschiedliche Region und verfahren Sie auf gleiche Weise.

      Im Anschluss daran versammelt jeder Dozent seine Studenten um sich und führt eine offene Diskussion mit allen Beteiligten über die verschiedenen Beobachtungen, damit eine Identifizierung des lebenden Gewebes im Vergleich zu anderen begutachteten Materialien möglich wird. Können Sie inzwischen lebende Gewebe von toten Geweben unterscheiden? Das Unterscheidungsmerkmal ist Bewegung.

      Teil III

      Bei den Palpations-Workshops wird die bewusste Förderung der Entwicklung unterscheidungsfähiger, palpatorischer Instrumente anhand lebloser Substanzen geübt; zunächst durch das Studium anatomischer Objekte ohne Zuhilfenahme der Augen, dann durch das Studium der gleichen anatomischen Objekte am lebenden Körper und schließlich durch das Erforschen der Qualitäten, die lebende Objekte von allem Anderen unterscheiden. Nachdem das lebende Gewebe untersucht ist, werden entsprechende Schlussfolgerungen gezogen. Zusätzlich zu Temperatur, Feuchtigkeit, Textur, Turgor, Spannung, strukturellen Beziehungen und Konturen kann festgestellt werden, dass Bewegung eine besondere und inhärente Eigenschaft eines jeden lebenden Gewebes ist.

      Nun wird die Bewegung detaillierter untersucht. Bewegung, ein Bewegungszustand, kann in zwei Hauptkategorien unterteilt werden.

      Die erste Kategorie ist die Bewegung eines Teils in Relation zum Raum, mit der eine Änderung der Beziehungen zu seinen benachbarten Teilen einhergeht. Das kann weiter in a) aktive und b) passive Bewegung unterteilt werden. Mit aktiver Bewegung ist die Bewegung eines Teils des Körpers in Relation zu einem anderen Teil durch bewusste Muskelaktivität gemeint: Es handelt sich um eine willkürliche Bewegung. Daher hängt sie ab von

      1 effizienter mechanischer Struktur der beteiligten Gelenke;

      2 effizienter Ausstattung mit Muskeln, die an den verschiedenen, zu bewegenden Regionen ansetzen;

      3 intakten, kommunizierenden Nervenbahnen zu und von unbewussten Arealen des Zentralen Nervensystems zu den Muskeln, die an der erforderlichen Bewegung beteiligt sind;

      4 intakten, kommunizierenden Nervenbahnen zu und von unbewussten Arealen des Zentralen Nervensystems, um nötige Kreislauf-, Lymph- und Tonusänderungen in den agonistischen und antagonistischen Muskeln, die mit dieser Handlung in Beziehung stehen, zu bewirken;

      5 intaktem Bewusstsein und intaktem Gehirn zur Erzeugung notwendiger Befehle, welche die gewünschte Bewegung hervorbringen.

      Diese gezielte, wohl durchdachte, aktive Muskelbewegung ist eine komplexe Lebensfunktion, an der viele physiologische Aktivitäten beteiligt sind.

      Passive Bewegung ist andererseits nichts weiter als die Bewegung eines Körperteils in Relation zum Raum durch eine äußere Krafteinwirkung. Damit das gesamte Spektrum zur Verfügung steht, bedarf es lediglich einer intakten Struktur der betroffenen Gelenke und die Absenz eines überhöhten Muskeltonus. Es sind weder Nervenbahnen noch irgendeine bewusste oder unbewusste Kommunikation mit dem Zentralen Nervensystem erforderlich. Passive Bewegung ist in der Tat lediglich für den Diagnostiker von gewissem Wert, hat aber kaum Bedeutung bei der Erfüllung der Lebensbedürfnisse.

      Die zweite Hauptklassifikation von Bewegung ist die innere, inhärente Bewegung, die Bewegung der Elektronen und Protonen innerhalb des Atoms, die Bewegung der Atome innerhalb des Moleküls, die Bewegung der Moleküle innerhalb der Zellen, die Bewegung der Zellen innerhalb der Gewebe, der Gewebe innerhalb der Organe, die Bewegung der Gestirne innerhalb des Universums und schließlich die Bewegung der Bestandteile innerhalb des großen Ganzen. Diese Bewegung ist keine bewusst ausgelöste Bewegung, die von Nervenimpulsen initiiert wird und mithin ohne sie ausgeführt wird. Es ist eine vollkommen unbewusste und bis jetzt unkontrollierbare Aktivität, die von innen generiert wird.