Название | Explorer ENTHYMESIS |
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Автор произведения | Matthias Falke |
Жанр | Научная фантастика |
Серия | |
Издательство | Научная фантастика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783943795325 |
»Abschirmung bei 237%. Belastungsgrenze«, röhrte es rot über Jennifer, die sich in ihren Anzug zappelte.
»Achtung. Zusammenbruch des Lokalen Systems. Externe Evakuierung in fünf Sekunden, vier ...«
Die Außenmembran war rußig angelaufen. Ich konnte erkennen, wie die Sonde in einem platinweißen Feuerball zerbarst, der gleich darauf von einem rostroten Rauchpilz eingeschluckt wurde. Der Boden bebte. Der Lärm war sowieso ohrenbetäubend. Ich packte Jennifer bei der Gurgel und rastete ihren Helm ein.
»Schnapp dir von den Geräten, was du tragen kannst. Zumindest den Scanner!«
Die Welt um uns herum war ein einziges Wühlen violetter Flammen. An der Kuppel zeigten sich brandige Blasen. Die Schleuse war längst zu schleimigem Getropfe verschmort.
»Anzüge auf volle Hermetik. Abschirmung maximale Leistung!«
»Zusammenbruch des Lokalen Systems. Externe Evakuierung ...« –
Dann zerschälte sich das wabige Dach über uns, dessen Mikrometer-Folie sofort von weißlichem Züngeln verascht wurde. Jennifer stand da wie ein Schulmädchen, die beiden großen Scanner wie einen Ranzen unter den Arm geklemmt.
»Stabilisatoren!«, schrie ich noch, dann warf es uns auf den Boden, der sich kochend wand.
Jennifer hockte auf ihrem Tornister, den sie irgendwie herausgebracht hatte und in dem die beiden Scanner und ein paar kleinere Geräte steckten, alles was wir vor der Explosion hatten retten können. Im Radius von fünfhundert Schritt war der Boden zu glasigem Obsidian zerschmolzen, mittendrin ein kreisrunder Fleck, der mich an das Zeltlager erinnerte – Ich war acht oder neun, und wir waren irgendwo in den Rockies, als unser Dreimann-Kuppelzelt Feuer gefangen hatte ... – Ich stocherte in den zusammengebackenen Aufbauten und Elementen herum, aber es war vollkommen ausgeschlossen, etwas davon auszubauen, geschweige denn zum Funktionieren zu bringen. Das Kabel, das schräg über den rauchenden Trichter lief und an dem die nackte Glasfaser herausgebrannt war, glühte noch und leitete mich zu der Stelle, an der der Maser gestanden hatte. Dort drehte sich ein zerfetztes Ende, von giftigen Dämpfen umwabert. Ich kehrte zu Jennifer zurück, die schweigend auf ihrer Aluminium-Kiste thronte. Das silbrige Weiß ihres Anzugs war von schwarzen, öligen Schlieren verschmiert. Immer noch konnte ich mir nicht vorstellen, wie wir die Explosion überlebt hatten.
»Wie fühlst du dich?«
»Prächtig ...«
»Im Ernst ...«
»Ich glaube, es ist besser, wenn wir nicht so viel darüber nachdenken.«
»Lass uns die Situation realistisch einschätzen!«
»Weißt du, was ich mir wünsche?«
»Mhm?«
»Mal wieder auf’s Klo zu gehen. Also, so richtig ...«
»Da wirsts du dich noch ’n paar Tage gedulden müssen ...« Bei derartigen Exkursionen wurde die Ausscheidung auf Null reduziert. Die Ernährung war ballaststofffrei, und die Verdauung wurde durch das sensorielle System entsprechend lahmgelegt – sofern es funktionierte.
Wir hatten unsere Anzüge durchgecheckt. Jennifers Beinmanschetten waren unterhalb der Knie ramponiert. Kälte-Isolierung und Haut-Beatmung waren defekt. Schlimmer aber war, dass unsere Schwerkraft-Dämpfer einiges abgekriegt hatten. Sie reichten aus, die höhere Gravitation auf Lu-Au auszugleichen. Wir konnten also ganz normal gehen, mehr nicht.
»Also auf!«, versuchte ich, Ferienstimmung zu verbreiten. »Gehen wir nach Hause. Auch ein Weg von tausend Kilometern beginnt mit dem ersten Schritt. Falls du weißt, von wem das ist.«
»Wir haben nicht tausend Kilometer, sondern über dreitausend. Außerdem kann ich für die Richtung nicht mehr garantieren.«
»Wir sind am Nordpol! Alle Wege führen nach Süden. Es reicht, wenn wir bis auf den 80. Breitengrad runterkommen. Dann sollen sie uns gefälligst rausholen. Und auf Rogers’ Erklärung bin ich jetzt schon gespannt.«
An diesem Tag schafften wir fünfzehn Kilometer, am nächsten fünfzig. Wir gönnten uns einen erhöhten Blutzucker und ein bisschen Adrenalin, so dass wir mit zwei Stunden Schlaf auskamen, den wir flach nebeneinanderliegend im aquamarinfarbenen Schotter absolvierten. Der Traubenzucker, der uns kontinuierlich ins Bauchfell injiziert wurde, und die Energie unserer Systeme reichten noch für Wochen, wenn nicht Monate. Und so latschten wir vor uns hin, durch dunkelblaues, manchmal grünliches Geröll, topfeben, unter einer fahlen Sonne, die in 38 Stunden einmal um uns herummarschierte.
»Bei meiner Notlandung auf Japetus hat es vierzig Tage gedauert, bis sie uns rausgeholt haben.«
»Da haben wir bei unserem momentanen Tempo grade mal die Hälfte ...«
Am nächsten Tag legten wir 45 Kilometer zurück. Naja, und so langsam fingen wir an zu rechnen. Am vierten Tag kamen wir an das Schlangenloch. d.h. es musste ein anderes sein. Allerdings wurde unsere Positionsbestimmung immer schwieriger. Mein Navigationsarmband hatte so ziemlich den Geist aufgegeben, und ich versuchte mich an den Gestirnen zu orientieren. Die Sonne ließ sich ja schön anpeilen, wenn wir auch aufpassen mussten, dass wir nicht einfach auf sie zutrotteten, dann wären wir in grandiosen Kreisen herumgetappt. Die Sterne waren zu schwach, als dass man ihnen hätte präzise Informationen abgewinnen können. Ich hatte auch von Horizonthöhe und Ekliptik keine Ahnung. Wie auch immer, selbst bei einer Toleranz von hundertfünfzig Kilometern konnte es nicht unser Schlangennest sein. Es verhielt sich auch ganz anders. Als wir uns dem Krater näherten, der fünfzehn Kilometer im Durchmesser hatte, entsprach die Aktivität derjenigen, die unser Loch beim Höhepunkt des Ausbruches gehabt hatte. Es konnte also auch ohne äußeren Auslöser losgehen! Vor allem aber ließ die Intensität nicht nach, sondern sie nahm immer noch zu. Auch hier quollen die ersten Eiswülste bereits über den Rand. Im Inneren der Caldera konnte man die einzelnen Stränge gar nicht mehr unterscheiden. Eine massive Gletscherkuppel wölbte sich dort auf und ergoss sich unter metallischem Kreischen – wir mussten die Außenmikrophone runterregeln – in die Ebene. Das waren nun tatsächlich Gletscher-Ströme und -Zungen, die über das flache Geröll hinausleckten und es zu Moränen und Trogtälern umwühlten. Ein gigantischer Eisbruch, der sich konzentrisch ausbreitete wie eine schwärende Wunde. Wir mussten allmählich aufpassen, dass wir nicht vom Weg abgebracht wurden, denn das Phänomen lag südwestlich vor uns. Wir joggten also tangential los!
Wir kamen bis auf einige Schritte heran. Die äußere Front war ein fünfzehn Meter hoher Wall, der den Schotter aufwarf und dahinter als massive Stirn von bläulichem Eis, von den eigenen Spannungen ständig zerrissen und wieder neu aufgetürmt, unaufhaltsam vorwärts rückte. Drei bis fünf Meter in der Minute. Wir liefen noch ein Stück über den Tangential-Punkt hinaus, bis wir uns trauten, stehen zu bleiben, ohne im nächsten Augenblick überrollt zu werden, da brüllte mir Jennifer, die einige Minuten voraus war – mir taten allmählich ganz schön die Knochen weh! –, in den Helm .
»Oh Mann, sieh mal da! Mehr nach Westen!«
Ich blieb kurz stehen und spähte schräg-rechts nach vorne. Und musste doch schlucken. Dort – es fiel uns immer noch schwer, die Entfernungen zu schätzen, aber es mussten gut dreißig Kilometer sein – war ein weiterer Eis-Ausbruch im Gange, der noch heftiger als der hinter uns schien. Die Gletscher-Front, die über die Ebene galoppierte, schien regelrecht zu gischten und zu stauben, mit solcher Wut preschte sie vorwärts. Sie würde uns – nachdem wir gerade einen Schlenker nach Westen gemacht hatten – ziemlich nach Osten abdrängen. – sofern wir überhaupt noch vorbeikamen,